Netzpolitik

Edward Snowdens Anwalt sagt: "Ich bereue nichts"

Robert Tibbo lebt für seinen Beruf: Vor allem seit der Menschenrechtsanwalt dem Aufdecker des NSA-Skandals, Edward Snowden, vor rund fünf Jahren zur Flucht aus Hongkong verholfen hat, arbeite er fast rund um die Uhr. Der Fall Snowden habe sein Leben durchaus schwieriger gemacht, doch bereue er nichts, sagt Tibbo im Interview mit der APA und der "Tiroler Tageszeitung".

„Ich bereue vor allem nicht, getan zu haben, was die Aufgabe eines Anwalts ist“, betont der Kanadier. „Wenn Sie selbst der Angeklagte sind, welchen Anwalt möchten Sie haben?“ Diese Frage stelle er sich selbst immer wieder und versuche dann eben, ein möglichst guter Rechtsbeistand für jeden seiner Klienten zu sein, so Tibbo. Auch wenn es „sehr schwierig, teilweise extrem schwierig“ gewesen sei - das sei „Teil der Arbeit, vor allem bei einem so politischen Thema“.

Snowden-Flüchtlinge

Tibbo vertritt neben seinem wohl berühmtesten Klienten auch die sogenannten Snowden-Flüchtlinge in Hongkong - jene Familien, die selbst Asylwerber in Hongkong sind und Snowden im Juni 2013 Unterschlupf gewährten, als die Welt über den Verbleib des Whistleblowers rätselte. Seit 2016 ihre Identität bekannt wurde, versuche Hongkong sie loszuwerden. Die Regierung gehe auf die „verletzlichste Bevölkerungsschicht“ los, kritisiert Tibbo. „Und als das nicht funktioniert hat, haben sie mit den Rechtsanwälten begonnen.“

Man habe ihm die Zulassung als Anwalt aberkennen wollen, die Einwanderungsbehörde habe Beschwerde gegen ihn wegen „Fehlverhaltens“ eingebracht. Er stehe seinen Klienten „zu nahe“ und könne sie deshalb nicht mehr vertreten, so der Vorwurf. Der Jurist denkt aber nicht ans Aufgeben. „Das ist nicht, was ich von einem Anwalt erwarte - als Person, deren Leben in Gefahr ist.“ Er werde jedenfalls nicht aufgrund von „Drohungen durch die Regierungen klein beigeben und sich zurückziehen“, bekräftigt er. „Ich werde nicht zulassen, dass die Regierung mich stoppt.“

Noch keine Entscheidung

Die insgesamt sieben „Snowden-Flüchtlinge“ (vier Erwachsene, drei Kinder) sind indes weiter „in der Schwebe“, seit eineinhalb Jahren warteten sie auf eine Entscheidung nach ihrer Berufung gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge 2017. Bis auf einen Fall sei auch die staatliche finanzielle Unterstützung eingestellt worden. „Wir sind daher auf Spenden angewiesen“, so Tibbo unter Verweis auf die Hilfsorganisation „For the Refugees“. „Wenn also die österreichische Bevölkerung helfen will - wir schätzen jede Unterstützung, jeder Beitrag ist willkommen.“

Ob sich der Menschenrechtsanwalt mehr mediale Berichterstattung über die Themen, die Edward Snowden an die Öffentlichkeit gebracht hat - Massenüberwachung, Schutz der Privatsphäre u.ä. - wünschen würde? „Die Aufmerksamkeit vieler Menschen liegt im Alltag woanders“, Regierungen würden sich auf andere Probleme konzentrieren, so Tibbo. Diese „politische Apathie“ krieche über den ganzen Planeten. „Für die allgemeine Bevölkerung in vielen Ländern ist öffentliches Bewusstsein schlicht keine Priorität, was besorgniserregend ist.“

Viel Sympathie, aber ein Asyl

Auch dass Snowden in Europa zwar viel Sympathie erhalten hat, aber keines der 21 Länder, in denen der Computerspezialist um Asyl ansuchte, ihm dieses gewähren wollte, ist für Tibbo enttäuschend. Es sei „eindeutig großer politischer Druck“ auf diese Länder ausgeübt worden, kritisiert er. Wahrscheinlichstes Szenario nach 2020 - dann läuft das aktuelle Visum des US-Amerikaners in Russland aus - sei, dass dieses verlängert werde, Snowden also in Moskau bleibt, erklärt Tibbo. Dass Snowden kürzlich den russischen Präsidenten Wladimir Putin als „korrupt“ bezeichnete, habe seinen Informationen nach bisher keine „nachteiligen Folgen“ gehabt.

Er selbst findet hingegen scharfe Worte für die US-Regierung unter Donald Trump: Diese habe „offensichtlich so viele Probleme für sich und für so viele Menschen in den Vereinigten Staaten geschaffen, dass Herr Trump sich auf sein politisches Überleben konzentriert“, so der Kanadier. Es scheine, dass der „Medien-Rausch“ um Trump, aber auch seine Agenda und seine Fehltritte die „Aufmerksamkeit von vielen wichtigen Themen abgelenkt hat - wie Herrn Snowden“, schildert Tibbo. Die ganze Welt sei in Beschlag genommen von „wie soll ich es sagen - Präsidentenunterhaltung“.

Edward Snowden wird am 18. Oktober erstmals in Österreich bei einer Veranstaltung des MCI Innsbruck im Congress Innsbruck per Videoschaltung Österreichern Fragen per Liveschaltung beantworten. Die Veranstaltung wird auch gestreamt. Robert Tibbo wird vor Ort zu Gast sein und ebenfalls Fragen beantworten.

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