EU-Kommissarin für Digitale Wirtschaft, Mariya Gabriel.
EU-Kommissarin für Digitale Wirtschaft, Mariya Gabriel.
© APA/AFP/EMMANUEL DUNAND

Netzpolitik

EU-Digitalkommissarin setzt bei Plattformen weiter auf Selbstregulierung

Laut der EU-Kommissarin für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft Mariya Gabriel will die Europäische Union im Kampf gegen Online-Desinformation oder sogenannte Fake News den Qualitätsjournalismus unterstützen. Dies sagte Gabriel am Dienstag beim EU-Bürgerdialog zum Thema „Digitale Transformation in Europa: Herausforderungen und neue Chancen“ im Haus der Europäischen Union in Wien.

Verhaltenskodex für Plattformen

„Wir können 'Fake News' nicht verschwinden lassen, aber wir können ihre negative Auswirkungen einschränken“, so Gabriel. Deshalb solle die Sichtbarkeit von hochwertigen Inhalten beispielsweise in dem sozialen Netzwerk Facebook verbessert werden. Am Mittwoch werde zudem ein Verhaltenskodex für Online-Plattformen vorgestellt. Die Kommission setze auf die Selbstregulierung der Branche.

Ein weiterer notwendiger Schritt sei der Aufbau eines europäischen Netzwerkes von „Fact checkers“, sagte die seit Juli 2017 amtierende Kommissarin. Aufdecker von Online-Desinformation sollten europaweit besser vernetzt werden, damit die Arbeit nicht doppelt gemacht werde.

Den Begriff „Fake News“ lehne Gabriel im Grunde ab, da er häufig von Politikern zur Diskreditierung von Gegnern missbraucht werde. „Online-Desinformation“ hingegen decke das gesamte Spektrum ab und mache die Schadabsicht deutlich, erklärte sie ihrem jungen Publikum. Das Bewusstsein für deren Einfluss sei europaweit hoch: 83 Prozent der Bürger sehe die Demokratie dadurch bedroht.

Mehr Transparenz von Suchmaschinen

Transparenz forderte die Kommissarin auch im Bereich der Suchmaschinen und ihrer Zusammenarbeit mit Unternehmen, da die Listung der Suchergebnisse starke Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Nutzer habe. Klein- und Mittelbetriebe würden dabei stark benachteiligt. Die ersten fünf Suchergebnisse würden von mehr als 80 Prozent gesehen, während der zehnte Platz nur noch von einem Prozent der Nutzer wahrgenommen werde. Experten einer neuen europäischen Beobachtungsstelle nähmen noch im September ihre Arbeit in diesem Bereich auf, kündigte Gabriel an.

Digitalsteuer noch ein Thema

Fortschritte auf dem Weg zur Einführung einer EU-weiten Digitalsteuer erhofft sie sich noch vor den EU-Wahlen, da es sich dabei für sie um eine „Frage der Gerechtigkeit“ handle. Es bestünde jedoch noch kein breiter Konsens innerhalb des EU-Ministerrats, obwohl viele EU-Bürger die Initiative unterstützten.

Als bereits erzielte Erfolge nannte sie die Abschaffung der Gebühren für Roaming bei Handynutzung innerhalb der EU, die seit 1. April europaweite Nutzung von Streaming-Abos sowie die für die ab 9. Dezember geltende Abschaffung der Diskriminierung von kleinen und mittleren Online-Händlern aufgrund von geografischen Beschränkungen der Zahlungs- und Liefermodalitäten.

Bis Ende 2020 solle von den Mitgliedsländern der EU der Ausbau des schnellen Mobilfunkstandards 5G abgestimmt werden, um die Fehler bei der Einführung von 4G nicht zu wiederholen. Dabei sei vor allem die Koordinierung der Frequenzen bedeutsam, sagte die Kommissarin. Für die Umsetzung fehlten jedoch noch die notwendigen Mittel. Um diese aufzubringen, sei die Privatwirtschaft gefragt, der die EU im Gegenzug die für wirtschaftliches Handeln notwendige Planbarkeit, Rechtssicherheit und Ertragsperspektiven bieten könne, so Gabriel.

Innovationshubs

Zudem wolle sie die Stärken der EU im Bereich IT stärken. Die Union sei „führend in den unsichtbaren Bereichen“, bei der Herstellung von zum Beispiel Sicherheitschips sowie Mikro- und Nanoelektronik, und in der Robotik. Sie setze sich auch für die Einrichtung von sogenannten Innovationshubs ein, sagte die Kommissarin. Ebenfalls bis 2020 solle in jeder Region ein Entwicklungsstandort zur Vernetzung und Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft geschaffen werden.

Als Gefahr der digitalen Transformation in Europa nannte Gabriel die soziale Ausgrenzung. Millionen Bürger hätten noch nie das Internet benutzt und würden über keinerlei digitale Basiskompetenzen verfügen, die auf dem Arbeitsmarkt gefordert seien. Die Digitalisierung könne daher die Unterschiede zwischen den Ländern vergrößern, warnte sie. Diese Gefahr könne die EU nur gemeinsam bekämpfen.

Mit Initiativen wie unter anderem der „Codeweek“ im Oktober, die der Bevölkerung das Programmieren näherbringen soll, fördere die EU die digitalen Kompetenzen der Bürger, so Gabriel. Ab Juni werden außerdem bis 2020 grenzüberschreitende „Digital Opportunity Traineeships“ (Digitale Chancen-Praktika) bis zu 6.000 Studenten und Absolventen aller Disziplinen ermöglichen, digitale Erfahrung in auf dem Arbeitsmarkt nachgefragten Bereichen zu sammeln.

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