Serie "Inside Facebook"

Facebook: Ungefragte Datenweitergabe startet

//"Heute aktiviert Facebook mit der "Umgehenden Personalisierung" automatisch ein neues "Feature". Damit erhalten "Partnerwebsites" Zugriff auf eure Daten und die Daten eurer Freunde. Bitte KOPIEREN & WEITERPOSTEN, sonst dringen eure Daten durch eure Freunde nach außen!"//

Wäre diese Nachricht nicht vielfach von einigen aufmerksamen österreichischen Nutzern während der vergangenen Tage als Statusmeldung gepostet worden, hätte die Öffentlichkeit wohl gar nichts von der neuen Funktion erfahren: Still und heimlich schaltet Facebook in Österreich die schon vor ihrer Ankündigung im April 2010 heftig kritisierte "Instant Personalization" ("Umgehende Personalisierung") frei. Dabei handelt es sich um eine Kooperation mit anderen Webseiten, die automatisch und ohne ausdrückliche Zustimmung Nutzerdaten bekommen. Die betroffenen User wurden dabei weder durch den offiziellen Facebook-Blog, noch eine Meldung im Profil über die Neueinführung informiert. Bis vor wenigen Tagen war die Funktion auf die USA beschränkt. Vereinzelten Berichten zufolge dürfte sie derzeit auch in Deutschland für immer mehr Nutzer freigeschaltet werden.

In der Praxis sieht das so aus: Surft ein Mitglied nach seinem Besuch von www.facebook.com auf eine von derzeit acht Partner-Webseiten weiter und loggt sich nicht aus dem Online-Netzwerk aus, werden verschiedene Daten an diese übertragen. Das soll diesen Internet-Diensten helfen, ihre Inhalte an demographische Merkmale und die Interessen des Besuchers anzupassen.

Informationen im freien Fluss

Öffentlich präsentiert wurde die "Umgehende Personalisierung" von Mark Zuckerberg auf der Konferenz "f8" Ende April 2010. Die Datenweitergabe startete damals ausschließlich für US-Nutzer und drei Partner-Dienste. Im Laufe des Jahres wurde die Zahl der kooperierenden Webseiten sukzessive erhöht, jetzt ist offensichtlich Europa bei der Freischaltung an der Reihe. In immer mehr Accounts ist das Häkchen, das die "Umgehende Personalisierung" einschaltet, bereits automatisch gemacht. Auch, wenn man ein neues Profil anlegt, macht man automatisch mit.

Aufmerksam wird man auf die Funktion erst, wenn man nach dem Besuch von Facebook eingeloggt bleibt und auf eine kooperierende Webseite surft - etwa RottenTomatoes.com, eine vor allem in den USA populäre Film-Seite. Ohne einen Klick ist man mit seiner Facebook-ID eingeloggt und bekommt maßgeschneiderte Inhalte, die auf den persönlichen Daten und Freundeslisten basieren, angezeigt. RottenTomatoes.com kann so Filme vorschlagen, die den "Gefällt mir"-Angaben der eigenen Person und jener der Freunde entsprechen, ohne zuerst die Nutzerinteressen abfragen zu müssen.

Zu Werbe- oder anderen kommerziellen Zwecken sollen die übertragenen Daten laut Facebook nicht verwendet werden dürfen. In Zukunft ist es aber denkbar, dass das Online-Netzwerk für die Funktion Gebühren von den Partnern verlangt.

Acht Facebook-Partner bekommen Daten

Laut Facebook werden nur öffentliche Daten an die Fremd-Seiten weitergegeben: In jedem Fall sind das Name, Profilfoto, Geschlecht und - falls angegeben - die Zugehörigkeit zu Netzwerken (Familie, Arbeitgeber u.ä.). Außerdem kann es sich auch um eine Menge anderer Informationen handeln, nämlich all jene, die in den Privatsphäre-Einstellungen für "Alle" sichtbar gemacht werden. Übernimmt man etwa die derzeit von Facebook empfohlenen Einstellungen, gehören auch alle Status-Meldungen, Fotos und andere Beiträge sowie biografische Daten, Familienangehörige und Beziehungsstatus dazu. Für den Nutzer ist allerdings nicht eindeutig ersichtlich, welche Daten nun wirklich an die Fremdseiten gegangen sind.

Partner der Funktion sind acht Webseiten: das Hotelbewertungs-Portal Portal TripAdvisor, der Musik-Dienst Pandora, die Dokumenten-Plattform Scribd, die Lokal-Bewertungsseite Yelp, der Filmkritiken-Dienst RottenTomatoes, die TV-Empfehlungs-Seite Clicker sowie zwei Microsoft-Seiten. Einerseits ist das die Suchmaschine Bing und das Textbearbeitungs-Tool Docs.com. Microsoft gehören 1,6 Prozent von Facebook, die Kooperation bei der "Umgehenden Personalisierung" ist kaum verwunderlich.

Technisch gesehen unterscheidet sich die Funktion von den "Social Plugins", zu denen unter anderem der populäre Like-Button zählt. Ein in eine Webseite eingebetteter "Gefällt mir"-Knopf (als XFBML oder Iframe) wird vereinfacht gesagt von Facebook.com geliefert, die Webseite erhält keine Nutzerdaten. Bei der "Umgehenden Personalisierung" hingegen bekommt die Webseite über das Facebook-Cookie Zugriff auf die Daten und speichet diese auf den eigenen Servern. Damit werden sie der Kontrolle des Nutzers entzogen.

Nutzer müssen Funktion selbst abschalten

Facebook geht bei der Ausweitung seines "Instant Personalization"-Programmes auf andere Länder nach dem immer wieder heftig kritisierten "Opt out"-Prinzip vor, wie die FUTUREZONE bei zahlreichen Accounts feststellen konnte: Die Funktion wird ungefragt und automatisch aktiviert, ohne den Nutzer darüber zu informieren. Die User, die sie nicht wollen, müssen selbst nachjustieren. Die Partner-Seiten geben die Möglichkeit, die Funktion abzudrehen, allerdings sind die Schaltflächen optisch nicht einheitlich dargestellt.

Die "Instant Personalization" kann relativ einfach abgedreht werden: In den //"Privatsphäre-Einstellungen"// findet sich der Punkt //"Anwendungen, Spiele und Webseiten"//. Von dort muss man sich weiter zur //"Umgehende Personalisierung"// klicken und dort das Häkchen bei //"Umgehende Personalisierung auf Partnerseiten zulassen"// wegnehmen.

Mehr zum Thema:

__Wie man seine Daten auf Facebook schützt

(Jakob Steinschaden)

In der neuen Serie Inside Facebook gibt
die FUTUREZONE regelmäßig Einblick in die aktuellsten Entwicklungen und wichtigsten Funktionsweisen des Online-Netzwerks.
Die Facebook-Partner
Auf diesen Webseiten ist die "Instant Personalization" bereits aktiv:

Die Restaurant-Empfehlung-Seite Yelp

Das Hotel-Bertungs-Portal TripAdvisor

Microsofts Suchmaschine Bing

Der Musik-Dienst Pandora

Das Dokumenten-Portal Scribd

Die Filmkritik-Seite RottenTomatoes

Microsofts Online-Texteditor Docs.com

Die TV-Empfehlungs-Seite Clicker

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Jakob Steinschaden

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Jakob Steinschaden

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