"Festplattenabgabe geht am Problem vorbei"
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Vor dem digitalen Zeitalter war alles ganz einfach: Man überspielte seine Musik auf eine Kassette und teilte diese mit Freunden. Auf jede Leerkassette gab es eine Abgabe, die sogenannte Leerkassettenvergütung. Im digitalen Zeitalter soll dieses Modell jetzt auf die Festplatte übertragen werden. Doch hier gibt es ein Problem: Festplatten werden nicht ausschließlich zum Kopieren von Musik und Filmen verwendet, sondern auch zum Speichern privater Fotos oder anderer Dateien. „Die Festplattengabe geht am eigentlichen Problem vorbei“, meint Niko Alm, Mediensprecher der Neos, am Donnerstag bei einem Pressegespräch in Wien.
„Mit der Festplattenabgabe würden viele Menschen eine vorgeblich verbrauchsorientierte Abgabe zahlen, ohne eine entsprechende Gegenleistung in Anspruch zu nehmen“, so Alm. Daher sei das Modell aus Sicht der Neos ebenso ungeeignet wie etwa ein Vorschlag der Plattform für modernes Urheberrecht, stattdessen eine Haushalts- oder Breitbandabgabe einzuführen. „Dadurch würde der Schaden noch verallgemeinert, es ist genauso wenig treffsicher wie die Festplattenabgabe“, so Alm.
Gebühr auf CDs und Downloads
Die Neos warten deshalb mit einem neuen Vorschlag auf: Die Einführung einer Direktvergütung. Die Vergütung des Rechts auf Privatkopie soll direkt beim Inverkehrbringen der rechtmäßigen Vorlage erfolgen und nicht beim Inverkehrbringen eines Speichermediums. Das bedeutet konkret: Die Neos wollen eine Abgabe, die etwa beim Kauf einer Musik-CD anfällt oder beim Download eines Musikstücks, oder aber beim Aufzeichnen einer Rundfunksendung. „Das hätte die Vorteile, dass einerseits an bereits bestehende Zahlungsflüsse im Musikmarkt angeknüpft werden kann, andererseits die zielgerichtete Zuordnung an die Rechteinhaber möglich wäre“, sagt Alm.
Zur Höhe einer derartigen Abgabe wollte Alm keine näheren Angaben machen. „Hier fehlt eine empirische Grundlage. Es stehen derzeit keine ausreichenden Daten zur Verfügung, um das genaue Volumen der Privatkopie bestimmen zu können.“ Die Neos fordern daher auch, dass eine Studie dazu gemacht wird. Eine entsprechender parlamentarischer Antrag wurde im Juli eingebracht. „Man kann es auch einfach dem Markt überlassen, zu entscheiden, was für Konsumenten ein zumutbarer Betrag ist, und was nicht“, fügt Alm hinzu.
Keine europäische Lösung
Dass US-Riesen wie iTunes oder Amazon ein Problem damit hätten, eine länderspezifische Abgabe einzuheben, glaubt Alm nicht. „Die Plattformen müssen sich an geltendes Recht halten. Mit einem Gesetz könnte man sie ganz einfach dazu zwingen“, sagt Alm. Dass große Unternehmen sich dann noch einmal mehr überlegen, ob sie in Österreich überhaupt an den Start gehen sollen, glaubt Alm nicht. „Gerade die großen haben bereits ein sehr präzises Online-Abrechnungssystem. Es gibt auch unterschiedliche Steuersätze in jedem Land, daher könnten diese das sicherlich einfach lösen“, so Alm.
Doch warum nicht gleich ein europäisches Modell für alle EU-Länder entwicklen? "Weil es die Privatkopie in manchen Ländern Europas gar nicht gibt und diese überall individuell geregelt ist", erklärt Alm. Eine europäische Lösung wäre in dem Fall daher eher ein "Wunschtraum."
Festplattenabgabe "nicht fix"
Dass die Festplattenabgabe, wie sie von der SPÖ gefordert und im Entwurf der Urheberrechtsgesetzesnovelle, die im Oktober beschlossen werden soll, aufgetaucht ist, bereits eine „fix beschlossene Sache“ ist, glaubt Alm nicht. „Justizminister Brandstetter hat vor kurzem angemerkt, dass er auch andere Lösungsvorschläge prüfen will. Wir gehen davon aus, dass er sich unseren auch anhört“, sagt Alm. Das will die ÖVP scheinbar auch tun. Die IKT-Sprecherin der ÖVP, Eva-Maria Himmelbauer, fordert im Zuge der Diskussion einen "Roundtable", bei dem alle konstruktiven Vorschläge diskutiert werden sollen.
Unterstützung für den Vorschlag der Neos kommt am Donnerstag auch von der Piratenpartei. "Die Direktvergütung ist im Vergleich zur Festplattenabgabe fair gegenüber den Konsumenten und kommt ebenso den Wünschen der Inhalte-Verwerter entgegen. Sie ist eine gute Möglichkeit, um widerstreitende Interessen im Hinblick auf die Durchsetzung von Urheberrechten zu vereinen und eine gerechte Lösung im Tauziehen um den Profit der Verwerter ihrer Mitglieder und Urheber auf der einen, und dem Recht der Konsumenten auf der anderen Seite zu finden." Auch für den Fachverband der Internet Service Provider Austria (ISPA) ist die Direktvergütung "ein Vorschlag, der in die richtige Richtung geht".
"Phantasiemodell"
Die Initiative "Kunst hat Recht" sowie die österreichischen Verwertungsgesellschaften (LSG) stehen dem Neos-Vorschlag hingegen sehr ablehnend gegenüber. "Kunst hat Recht" spricht etwa von einem "Phanatsiemodell". "Das von den Neos präsentierte Konzept ist sicher gut gemeint. Aber es würde nicht diejenigen treffen, die kopieren, sondern alle Käufer", sagt Michael Kreihsl im Namen von "Kunst hat Recht". Franz Medwenitsch von der LSG fügt hinzu: Für die Einhebung würde bei den Musik-, Film- und Buchhändlern ein massiver zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehen."
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