"Free Stream": A1 auf Kollisionskurs mit Netzneutralität
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In Kombination mit bestimmten Tarifen können A1-Kunden künftig Streaming-Dienste wie Netflix, Amazon Prime, Spotify, Deezer oder Apple Music nutzen, ohne dass die verbrauchten Daten auf ihr Datenvolumen angerechnet werden. Mit dem Free Stream-Angebot begibt sich A1 auf dünnes Eis, denn mit dem sogenannten „Zero Rating“, bei denen Kunden Datenvolumen für spezifische Dienste kostenfrei angeboten werden, sind Konflikte mit den EU-Netzneutralitätsregeln, die die Gleichbehandlung aller Dienste und Daten im Netz vorsehen, vorprogrammiert.
Ob Verstöße gegen die Netzneutralitätsverordnung der EU vorliegen, werde in einem Verfahren, das bereits am Montag eingeleitet wurde, zu klären sein, heißt es seitens der Regulierungsbehörde RTR, die die EU-Netzneutralitätsregeln in Österreich überwacht. Im Rahmen von Vorgesprächen seien A1 seitens der RTR bereits Bedenken im Hinblick auf die Bestimmungen der Netzneutralitätsverordnung mitgeteilt worden. A1 habe sich aber dennoch entschlossen, das Produkt in dieser Form auf den Markt zu bringen, teilt eine Sprecherin der Regulierungsbehörde der futurezone mit.
Drossel und Deep Packet Inspection
Auch der Verein epicenter.works, der sich für Datenschutz und Bürgerrechte einsetzt, kritisiert das A1-Angebot scharf. A1 drossle in der mittleren Tarifstufe des Angebots („A1 Free Stream Music & Video HD) Videoangebote und mache damit aus kommerziellen Erwägungen Verkehrsmanagement, kritisiert epicenter.works-Geschäftsführer Thomas Lohninger: „Eine Drossel ist ganz klar illegal.“
Lohninger geht auch davon aus, dass A1 bei der Identifikation der beteiligten Streaming-Dienste Deep Packet Inspection (DPI) zum Einsatz bringt, also in den Datenverkehr hineinschaut. Auch das wäre nach EU-Recht streng verboten.
A1 sieht keinen Regelverstoß
Bei A1 will man von Verstößen gegen die Netzneutralität und von Datenschutzproblemen mit dem Dienst nichts wissen. „Wir haben unser Produkt vorab auf Konformität geprüft.“ sagt ein Unternehmenssprecher. Vergleichbare Angebote gebe es auch in zahlreichen anderen EU-Ländern, etwa in den Niederlanden, Kroatien, Großbritannien und Deutschland: „Das sind alles Länder, die den selben gesetzlichen Voraussetzungen unterliegen.“
Die Anwendung von Deep Packet Inspection stellt der A1-Sprecher in Abrede. Man habe mit den beteiligten Partnern im Vorfeld technische Details geklärt, die es A1 ermöglichen würden, die Dienste von der Verrechnung auszunehmen: „Wir schauen in den Datenverkehr nicht hinein."
Das Angebot stehe allen Streaming-Anbietern offen und benachteilige kleinere Anbieter auch nicht, heißt es aus dem Unternehmen weiter. „Jeder kann mitmachen, es gibt eine Standardvereinbarung.“ Voraussetzung sei, dass es sich um legale Angebote handle, Kosten für eine Partnerschaft mit A1 würden Streaming-Anbietern nicht entstehen.
„Gegenteil vom digitalen Binnenmarkt“
Epicenter.works-Geschäftsführer Thomas Lohninger lässt das nicht gelten. Er sieht darin lediglich den Versuch, das Angebot nicht diskriminierend erscheinen zu lassen. Tatsächlich würden sich unter den A1-Partnern nur große US-Unternehmen und kleine lokale Anbieter finden, sagt Lohninger. Anbieter aus anderen europäischen Ländern suche man vergebens. „Es ist das Gegenteil vom digitalen Binnenmarkt, wenn man, um verfügbar zu sein, mit Mobilfunkanbietern in unterschiedlichen Ländern Verträge abschließen muss“, kritisert Lohninger.
Lohninger hält auch die Preispolitik von A1 für fragwürdig. Im EU-Ausland können Kunden des Mobilfunkers, die die Free-Stream-Tarife nutzen, nämlich nur 3GB im Ausland verbrauchen. Für einen Preis von knapp zehn Euro sei dies viel zu wenig, kritisiert Lohninger. Bei A1 wollte man sich zur Tarifgestaltung nicht äußern.
Drei ruderte zurück
Mit Zero-Rating-Tarifen hatte auch schon der Mobilfunkanbieter Drei in Österreich Probleme. Ein Spotify-Tarif, der für das Streaming verbrauchte Datenmengen ebenfalls nicht auf das Datenvolumen anrechnete, wurde nach Kritik an dem Unternehmen von der Regulierungsbehörde RTR geprüft. Der Mobilfunker ruderte jedoch noch vor Abschluss der Prüfung zurück und drosselt nun auch beim Spotify-Tarif den Datenverkehr, wenn das vereinbarte Datenvolumen aufgebraucht ist.
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