© Gerhard Deutsch, Kurier

Nationalratswahl 2013

Fünf Fragen zu Informationsfreiheit und Open Source

Noch vor der Wahl werde das Amtsgeheimnis abgeschafft und ein Informationsfreiheitsgesetz beschlossen, hieß es Anfang des Jahres seitens der Regierung. Der Ankündigung folgten keine Taten. Die Chance lebt jedoch weiter. In der futurezone-Umfrage sprechen sich jedenfalls alle Parteien für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses aus. In punkto Informationsfreiheitsgesetz gibt es aber Diskussionsbedarf. Umstritten ist die Schaffung eines Informationsfreiheitsbeauftragten, der zwischen Bürgern und Verwaltung vermitteln soll. SPÖ und ÖVP geben dazu keine klaren Antworten, FPÖ und Team Stronach sind dagegen, BZÖ, Grüne KPÖ, NEOS und Piraten dafür. Dass von der Allgemeinheit finanzierte wissenschaftliche Arbeiten auch frei zugänglich sein sollten, finden - mit Abstrichen - alle Parteien.

Im abschließenden Teil der futurezone-Serie "Fünf Fragen zu ... " haben wir die neun zur Nationalratswahl antretenden Parteien auch nach ihren Positionen zu Open-Source-Software und E-Voting befragt. Der Einsatz von Open-Source-Software in der Verwaltung stößt zwar auf Sympathien, eine verpflichtende Umstellung ist aber nur für Grüne, KPÖ und Piraten vorstellbar. Dass in Österreich auf absehbare Zeit E-Voting bei Nationalratswahlen zum Einsatz kommt, ist ebenso unwahrscheinlich.
SPÖ: Ja

ÖVP: Ja, daher hat Staatssekretär Kurz genau das initiiert, auch Unternehmen im öffentlichen Besitz oder mit entsprechendem Staatsanteil sollen davon betroffen sein. Wir hoffen, dass die SPÖ hier bald ihre Blockadehaltung aufgibt.

FPÖ: Bevor das Amtsgeheimnis abgeschafft und eine Informationsfreiheitsgesetz eingeführt wird, muss zuerst das Datenschutzgesetz überarbeitet werden. Die Vorfälle betreffend dem ÜberwachungsprogrammPrism“ usw. müssen einmal aufgearbeitet werden und eine längst überfällige Erneuerung/Verbesserung der Datenschutznormen sind zuerst vorzunehmen. Mit einem modernen Datenschutzgesetz, das jeden Eingriff in die persönliche Sphäre eines Bürgers Österreichs (Das heißt auch von Bediensteten im Öffentlichen Dienst und öffentlichen Funktionären, die Geheimnisträger sind) besser und bürgerfreundlicher regelt, wäre gegen eine Neuorientierung betreffend Amtsgeheimnis nichts einzuwenden.

BZÖ: Ja, unter Wahrung des Datenschutzes muss Auskunft die Regel sein, nicht die Ausnahme. Das BZÖ tritt deshalb für ein Informationsfreiheitsgesetz nach Hamburger Vorbild ein. Weiters fordert das BZÖ eine Veröffentlichungspflicht für Behörden. Geprüft werden soll zudem, inwieweit auch staatsnahe Unternehmen oder Gesellschaften einbezogen werden können, damit die Regierung nicht Transparenz beispielsweise über den Weg von Ausgliederungen umgehen kann.

Grüne: Das Recht auf Auskunftserteilung an jeden Interessierten ist grundrechtlich zu schützen. Ein Informationsfreiheitsgesetz sichert entsprechende Rechte und schafft das Amtsgeheimnis ab. Daten die der Staat generiert bzw. mit Steuergeld finanzierte Studien sind jederman unter entsprechenden Lizenzen freizugänglich zu machen.

KPÖ: Es ist jetzt tatsächlich an der Zeit dem Bürger die öffentlichen Informationen, die nicht dem Datenschutz unterliegen, zugänglich zu machen, ohne Hürden und kostenlos. Dem Bürger und der Bürgerin - nicht der Wirtschaft!

NEOS: Ja- jeder Bürger sollte auf Wunsch zu allen Entscheidungen von Regierung und Verwaltung Zugang haben. Einzig der Datenschutz und das Interesse der öffentlichen Sicherheit sollen von der Verpflichtung zur Offenlegung entbinden.

Piraten: Ja. Die Piratenpartei Österreichs sieht die Schaffung transparenter Strukturen in Politik und Verwaltung als dringende Notwendigkeit an. Grundsätzlich soll das Informationsrecht der Bürgerinnen und Bürger hin zu einer Informationspflicht der Verwaltung entwickelt werden, um über die bestehenden Informationsmöglichkeiten hinaus die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen. Die Prinzipien von Open Data sollen auch an dieser Stelle eingehalten werden. Wir haben in unserem Parteiprogramm bereits einen konkreten und sehr detaillierten Umsetzungsvorschlag vorgelegt.

Team Stronach: Ja

SPÖ: Ob ein Informationsbeauftragter notwendig ist, sollte im Zuge der Debatte um ein Informationsfreiheitsgesetz geklärt werden.

ÖVP: Das kann man durchaus diskutieren, hängt aber von der genauen Definition und Rechtsstellung des Beauftragten ab.

FPÖ: Falls es so eine Stelle geben soll, sollte das die Volksanwaltschaft oder besser die neu einzurichtende Bundesbehörde für Datenschutz (derzeit Datenschutzkommission) übernehmen. Keine eigene Stelle schaffen, um den Verwaltungsapparat wieder rot-schwarz oder grün zu besetzten und Versorgungsposten zu schaffen.

BZÖ: In Bezug auf die vom BZÖ geforderte Informationspflicht für Behörden sollen Behörden Verträge, Dokumente und Daten von sich aus online stellen. Veröffentlicht werden sollen diesen in einem zentralen Informationsregister, das wiederum von einem unabhängigen Beauftragten für Informationsfreiheit und Datenschutz kontrolliert werden soll.

Grüne: Ja. Das slowenische Modell hat gezeigt, dass eine Informationsbeauftragte wesentlich zum Funktionieren der Informationsfreiheit beiträgt.

KPÖ: Das macht Sinn und ist eine gute Sache.

NEOS: Ja - an so einen Informationsbeauftragten sollte man sich wenden können, falls man auf eine Anfrage keine Information erhält.

Piraten: Ja. Ein Informationsfreiheitsbeauftragter in diesem Sinne auch als Koordinator zwischen Amt und kritischem Bürger ist zu begrüßen, wobei wir aus Gründen der Korruptionsverhinderung eine aus mehreren Personen zusammengesetzte unabhängige Kommission für Datenschutz und Informationsfreiheit bevorzugen würden.

Team Stronach: Nein

SPÖ:Ja

ÖVP: Prinzipiell sollen, wie von Staatssekretär Kurz gefordert, Studien in öffentlichem Auftrag auch öffentlich zur Verfügung gestellt werden, wenn nicht massive Datenschutz- oder Sicherheitsbedenken bestehen. Eine reine anteilsmäßige Förderung etwa durch ein Stipendium kann allerdings nicht einen Verlust des Urheberrechts nach sich ziehen. Ja, aber

FPÖ: Ja

BZÖ: Unter dem Aspekt einer umfassenden Transparenzoffensive ist diese Forderung für uns ein diskussionswürdiger Ansatz. Insbesondere für die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung unterstützt das BZÖ eine Flexibilisierung urheberrechtlicher Schutzbestimmungen.

Grüne: Ja. Steuergeld finanzierte Studien und wissenschaftliche Arbeiten sind unter freien Lizenzen öffentlich zugänglich zu machen.

KPÖ: Ohne wenn und aber!

NEOS: Ja

Piraten: Ja. Die Piratenpartei Österreichs ist der Überzeugung, dass aus öffentlichen Geldern geförderte wissenschaftliche Arbeit auch der Öffentlichkeit zugute kommen muss. Open Access in diesem Zusammenhang heißt für uns: Wissenschaftliche Arbeit, die in nennenswertem Umfang von der öffentlichen Hand (mit-)finanziert wird, und die daraus resultierenden Veröffentlichungen müssen für alle Menschen kostenfrei und einfach zugänglich sein.

Die Piratenpartei Österreichs befürwortet die freie Verfügbarkeit und die freie Nutzung von öffentlichen und behördlichen Daten und möchte diese explizit fördern. Daher fordern wir, dass alle behördlich erstellten oder durch öffentliche Mittel zur Verfügung gestellten Daten und Datenbestände (beispielsweise Kartenmaterial, Geodaten oder Statistiken) unter eine freie Lizenz gestellt werden.

Team Stronach: Ja

SPÖ:Gefördert Ja, Verpflichtung Nein.

ÖVP: Nein. Open Source Software wird von vielen öffentlichen Institutionen wieder abgeschafft, da die Folgekosten wesentlich höher sind als die Kosten der Anschaffung kommerzieller Produkte. Im Sinne der Sparsamkeit der Verwaltung muss aber unbedingt geprüft werden, welche Art von Software auch aus finanzieller Sicht optimal ist.

FPÖ: Die Verwaltung benötigt die Software, die auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist. Wenn das eine Open- Source-Software ist, soll diese verwendet werden. Dennoch benötigen einige neuralgische Bereiche in der Verwaltung eine eigene Software, die sicher und kaum zu knacken ist. Die Probleme, die die EU, die Mitgliedsstaaten und ihre Regierungen haben (sollten) und ihre Bürger derzeit haben, ist dass Großmächte wie die USA auf Daten von unbescholtenen Bürgen und Behörden durch eigens dafür entwickelte Programme zugreifen können. Hier wäre eine groß angelegte Verteidigungsoffensive vorrangig zu starten.

BZÖ: Eine Verpflichtung zur Umstellung auf Open-Source-Software lehnt das BZÖ dezidiert ab. Grundsätzlich gilt: Egal ob Open-Source-Produkte oder Programme großer Anbieter wie Windows - die Auswahl geeigneter Software-Lösungen muss auf Basis der Prinzipien Sicherheit, Benutzerfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit getroffen werden. Nein, aber

Grüne: Die öffentliche Verwaltung sollte schrittweise auf Nutzung von OpenSource Software und offener Dateiformate umgestellt werden. Mit öffentlichen Geldern entwickelte Software soll unter Open Source Bedingungen veröffentlicht werden.

KPÖ: Ja, das ist Gebot der Stunde. Nur bei Open-Source-Software ist die Kontrolle gegeben, dass keine Hintertürchen vorhanden sind zum Ausspionieren der Menschen. Gleichzeitig ist es sinnvoll, dass öffentliche Gelder nicht für die Finanzierung großer Softwarehersteller ausgegeben werden.

NEOS: Gefördert Ja, Verpflichtet Nein.

Piraten: Ja. Wir setzen uns für die Förderung von Software ein, die von allen uneingeschränkt benutzt, untersucht, verbreitet und verändert werden kann. Diese sogenannte Free-/Libre-Open-Source-Software (FLOSS) garantiert ihren Nutzerinnen und Nutzern alle wesentlichen Freiheiten, die notwendig sind, um die Kontrolle über ihre technischen Systeme selbst zu übernehmen und diese gegebenenfalls gemeinschaftlich und demokratisch weiterzuentwickeln. Dies leistet einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung von Autonomie und Privatsphäre aller Nutzerinnen und Nutzer. Insbesondere Bildungseinrichtungen und die öffentliche Verwaltung sollen schrittweise darauf hinarbeiten, ihre gesamte technische Infrastruktur auf FLOSS umzustellen, um so langfristig Kosten für die öffentlichen Haushalte und die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern zu reduzieren.

Team Stronach: Nein, keine Verpflichtung

SPÖ: Nein. Mit E-Voting ist das geheime persönliche Wahlrecht nicht mehr gewährleistet.

ÖVP: Langfristig ist und bleibt E-Voting für uns ein Ziel, wie wir im Demokratiepaket festgeschrieben haben. Derzeit ist eine Umsetzung weder technisch, noch von der Sicherheit her, demokratiepolitisch oder verfassungsrechtlich möglich. Mit der Möglichkeit, Volksbegehren auch elektronisch zu unterzeichnen, wollen wir aber einen ersten Schritt in diese Richtung gehen.

FPÖ: Nein, es kann weder das geheime, persönliche und freie Wahlrecht sichergestellt werden (Siehe Briefwahl), noch ist es technisch möglich - wie aus zahlreichen Medienberichten über Hackattacken bekannt - ein System mit 100%iger Sicherheit vor unberechtigtem Zugriff Dritter zu schützen.

BZÖ: Grundsätzlich steht das BZÖ einer Modernisierung demokratischer Instrumente positiv gegenüber und hat sich bereits dafür eingesetzt, dass künftig Volksbegehren nach dem Vorbild Englands auch via Internet gestartet und unterstützen werden können. Grundlegende Voraussetzung für E-Voting ist, dass der Grundsatz der geheimen, freien und persönlichen Wahl sichergestellt bleibt, was derzeit noch nicht ausreichend gewährleistet werden kann. Sobald allerdings diese Sicherheitsvorgaben ausreichend erfüllt werden, wird das BZÖ den Einsatz von E-Voting befürworten.

Grüne: Nein. So verlockend es sein mag, BürgerInnen bequem am Computer wählen zu lassen, so gefährlich ist es für eine demokratisch einwandfreie Wahl. Wahlbetrug ist elektronisch leider einfacher und vor allem weitaus schwieriger nachzuweisen. Solange die Technologie keine Sicherheit gewährleisten kann, stellen sich die Grünen klar gegen E-Voting.

KPÖ: Nein, denn es kann technisch noch nicht garantiert werden, dass Manipulationen unmöglich sind und dass geheime Wahlen gewährleistet sind.

NEOS: Grundsätzlich Ja, wenn sich das technisch zuverlässig mit dem freien und vor allem geheimen Wahlrecht vereinbaren lässt.

Piraten: Derzeit nein. Die Piratenpartei Österreichs spricht sich entschieden gegen die Verwendung derzeit verfügbarer E-Voting-Systeme („Wahlcomputer“) aus, da diese bislang nicht mit dem persönlichen, unmittelbaren und geheimen Wahlrecht vereinbar sind. Insbesondere bei Personenwahlen, aber auch bei inhaltlichen Abstimmungen muss für alle Wählerinnen und Wähler die persönliche, unmittelbare und geheime Wahl gesichert sein. Diese ist mit elektronischen Systemen derzeit nur auf theoretischer Basis gewährleistet, ein funktionales System existiert bis heute nicht. Die aktuell erhältlichen Wahlcomputer weisen alle diverse Schwachpunkte in der Implementierung, Durchführung oder Konzeptionierung auf. So ist oft entweder ein Angriff auf das System von außen möglich; die Stimmenverifikation ist nicht nachvollziehbar gesichert; und/oder die Sicherheit des Systems beruht überhaupt auf unbekannter und unüberprüfbarer Hard- und/oder Software, was das denkbar schlechteste, aber auch häufigste Problem derzeitiger Wahlautomaten darstellt.

Eine taugliche und sichere E-Voting-Lösung muss es jedem Wähler erlauben, seine Stimmabgabe zu verifizieren und die Auszählung nachvollziehen zu können, was derzeit bei „analogen“ Wahlen durch die Wahlkommission beziehungsweise deren Wahlbeobachtung vom Einwurf in die Urne bis zur Präsentation der Ergebnisse gegeben ist. Dies bedeutet für elektronische Wahlen, dass sämtliche Stimmzettel allen Wählerinnen und Wählern zur Verfügung stehen müssen und sie zusätzlich den eigenen Stimmzettel identifizieren und folglich auch verifizieren können. Gleichzeitig darf aber die Zuordnung der Stimmabgabe zum Wähler für andere auf keinen Fall möglich sein. Dies erfordert nicht nur ausgefeilte kryptographische Mittel, sondern auch darüber hinausgehende Sicherheitsvorkehrungen bei der Implementation. Gerade dies ist jedoch nach wie vor höchst problematisch, wenn jede Wählerin und jeder Wähler nachvollziehen können soll, dass die Stimmabgabe tatsächlich geheim ist. Die Piratenpartei Österreichs begrüßt aber weitere Forschung in diesem Bereich und wird Fortschritte und neue Technologien weiterhin kritisch auf ihre Tauglichkeit und Einsetzbarkeit prüfen.

Team Stronach: Nein

Am 29. September findet die Nationalratswahl statt. Um Ihnen bei der Wahlentscheidung zu helfen, hat die futurezone in den vergangenen Wochen im Rahmen der Serie "Fünf Fragen zu ..." alle neun bundesweit antretenden Parteien zu ihren netzpolitischen Positionen befragt:

- Fünf Fragen zu Datenschutz und Überwachung
- Fünf Fragen zu Netzneutralität und Internet
- Fünf Fragen zum Urheberrecht

Netzpolitische Enscheidungshilfe zur Nationalratswahl 2013 beiten auch der Wahlmonitor der Initiative für Netzfreiheit und die Wahlkabine.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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