© Gregor Gruber

EuGH-Urteil

Keine Festplattenabgabe auf Basis von illegalen Inhalten

Die Festplattenabgabe, wie sie in Österreich angedacht war, dürfte mit dem EuGH-Urteil vom Donnerstag - genau wie die Leerkassettenvergütung - Geschichte sein. "Der EuGH hat klargestellt, dass rechtswidrige Kopien für die Bemessung der Höhe einer Leerdatenträger-Abgabe irrelevant sind. Damit ist die Festplattenabgabe, wie Österreich sie plant, im Ergebnis unzulässig", sagt Lukas Feiler von der Kanzlei Baker & McKenzie im futurezone-Gespräch. Laut dem Experten für IT-Recht ist der Schaden, der den Rechteinhabern durch legale Privatkopien entsteht, nämlich vernachlässigbar: "Der EuGH sagt, dass ein Ausgleich nur dann erfolgen darf, wenn der Umsatzentgang nicht nur geringfügig ist. Jeder weiß aus seinem privaten Umfeld, dass die kopierten Dateien auf den meisten Festplatten zum allergrößten Teil aus illegalen Quellen stammen", so Feiler.

Die Verwertungsgesellschaften, die sich hierzulande für die Einführung einer Pauschalabgabe stark gemacht haben, argumentierten bisher stets, dass auch Raubkopien durch eine Festplattenabgabe abgegolten würden. Österreichische Gerichtsurteile sind dieser Linie zuletzt gefolgt. "Urteile des Obersten Gerichtshofs und des Oberlandesgerichts Wien gegen Sony, Nokia und HP sind jetzt hinfällig, weil die österreichischen Gerichte eben nicht zwischen legalen und illegalen Quellen differenziert haben", erklärt Feiler.

Rechtschaffenheit siegt

Der EuGH hat festgestellt, dass Länder, in denen das Recht auf Privatkopie gilt, zwar für einen Ausgleich durch eine Abgabe sorgen sollen, dass diese aber Raubkopien nicht berücksichtigen dürfe. Sonst müssten auch rechtschaffene User für den durch illegale Kopien entstandenen Schaden aufkommen, heißt es in der Begründung. Gleichzeitig stellt das Gericht fest, dass das Recht auf Privatkopie an sich immer immer nur für legale Quellen gilt. Länder, deren entsprechende Gesetze nicht zwischen erworbenen Inhalten und Raubkopien unterscheiden, müssen demnach nachbessern. "In Österreich steht die Unterscheidung im Gesetzestext zur Privatkopie ebenfalls nicht explizit drinnen. Das kann aber auf interpretativem Weg mit europäischem Recht in Einklang gebracht werden", so Feiler. Diese Ansicht teilen allerdings nicht alle Fachleute: "Eine Entscheidung des EuGH verdrängt nicht nationales Recht und Richter können die Gesetze nicht nach Belieben auslegen. Wenn es Bedarf an einer Änderung der Gesetze gibt, dann muss der EuGH das feststellen, erst dann wird der österreichische Gesetzgeber aktiv", sagt Maximilian Schubert, Generalsekretär der österreichischen Vereinigung der Internetprovider (ISPA).

Die Serviceprovider befürchten, dass durch eine etwaige Anpassung der österreichischen Rechtslage Downloads und Streaming-Angebote, die urheberrechtlich geschütztes Material zum Inhalt haben, pauschal für illegal erklärt werden müssten. Derzeit ist das in Österreich ein Graubereich, lediglich der Upload von entsprechendem Material ist hierzulande sicher strafbar.

Des einen Freud...

Die Plattform für ein modernes Urheberrecht, die Lobbying-Organisation der Elektronikindustrie, freut sich in einer Aussendung über das EuGH-Urteil. Weniger glücklich sind die Verwertungsgesellschaften, deren Entwurf für eine Festplattenabgabe in aktueller Form jetzt chancenlos ist. Wie die Suche nach einer Möglichkeit zum Ausgleich für Privatkopien weitergeht, ist jetzt wieder komplett offen. "Ich glaube nicht, dass ein Festhalten an Datenträgern noch zeitgemäß ist. Der einzig sinnvolle Weg, einen Ausgleich für Privatkopien zu schaffen, ist wohl eine Haushaltsabgabe", glaubt Feiler.

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Markus Keßler

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