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Spieletest

LittleBigPlanet 2: Zuckersüße Reizüberflutung

Zwei Jahre ist es her, das LittleBigPlanet nicht nur die Herzen von Casual-Gamern, sondern auch jene der härtesten Shooter-Fans auf der PS3 erweicht hat. Grund dafür waren die Knuddel-Spielkasten-Optik, das erfrischend simple Gameplay und ein leistungsstarker Editor, mit dem die Community Millionen eigener Levels erstellt hat. Damit hat sich das Entwicklerstudio "Media Molecule" die Messlatte für den Nachfolger selbst recht hoch gelegt - vielleicht sogar etwas zu hoch. Die FUTUREZONE hat LittleBigPlanet 2 (LBP2) ausführlich getestet und zieht ein erstes Resümee.


Sackhüpfen
Am spielerischen Grundprinzip von Teil 1 hat sich bei LBP2 nichts geändert. Bis zu vier Spieler steuern ihre Sackpuppen, genannt Sackboys, gleichzeitig durch die Levels, um den Ausgang zu erreichen. Das Geschehen wird, ganz im Stil der klassischen Jump-and-Runs, von der Seite gezeigt. Gehüpft, gesprungen und geschwungen wir auf drei Ebenen, Vordergrund, Mitte und Hintergrund.

Im Vorgänger wurde noch viel Wert auf Physik-Rätsel und Timing gelegt: Wie beschwere ich die Plattform, damit sie zur Rampe wird und wann muss ich von der Lore abspringen, um den scheinbar unerreichbaren Gegenstand doch zu erwischen? Zwar gibt es auch bei LBP2 gelegentlich noch solche Szenen, jedoch liegt der Fokus auf dem Einsatz von Gegenständen. So lässt sich mit einem Greifhaken schwingen, mit Power-Handschuhen schwere Gegenstände tragen, mit einem Wasserspritzenhelm Feuer löschen oder auf einer fliegende Biene in Sidescroller-Shooter-Manier Gegner bekämpfen. Da fast jedes der 30 Einzelspieler-Levels mit diesen oder ähnlichen Ausrüstungsgegenständen bewältigt werden muss, bleibt der klassische Physik-Plattform-Spaß, den man noch aus LBP1 kennt, etwas auf der Strecke.

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Der neue Greifhaken
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Erfahrene Spieler im Vorteil
Durch den ständigen Einsatz der Gegenstände ist LBP2 nicht ganz so einsteigerfreundlich wie Teil 1. Konnte man beim Vorgänger auch Konsolen-unerfahrenen Spielern einfach einen Controller in die Hand drücken, erfordert es jetzt schon etwas mehr Übung, um mit den Greifhaken oder dem Reithasen umgehen zu können.

Auch das Finden der Gegenstände, mit denen Levels dekoriert und Sackboy eingekleidet werden kann, sind jetzt etwas besser versteckt. Das schränkt anfangs auch die kreativen Möglichkeiten ein - speziell Frisuren für die eigene Figur erhält man erst in späteren Levels. Um wirklich alle Gegenstände zu erhalten, müssen auch diverse Mini-Levels gemeistert werden, bei denen etwa eine bestimmte Anzahl an Punkten gesammelt werden, ohne in einen Abgrund zu stürzen oder Sackbots (die Roboter-Version der Sackboys) mit Trampolinen in Sicherheit geschleudert werden müssen. Viele der Mini-Levels sind an Arcade-Klassiker angelehnt und wecken 8-Bit-Erinnerungen.


Neu sind Versus-Levels: Hier tritt man gegen andere Spieler an, etwa in Pool-Billard, Pong oder einem Spiel, bei dem möglichst schnell die angezeigten Tasten in der richtigen Reihenfolge gedrückt werden müssen. Wer keine Spieler vor der Konsole zur Hand hat, kann natürlich online gegen andere antreten. Bei den Online-Verbindungen kommt es allerdings häufig zu Rucklern und Aussetzern, was besonders in Überlebens-Levels lästig (und für Sackboy tödlich) ist. Auch bei den 30 Story-Modus-Levels, die online gemeinsam bewältigt werden können, treten die Aussetzer auf. Vielleicht hat das Entwicklerstudio bereits mit schlechten Verbindungen gerechnet und deshalb die Anzahl der kooperativen Elemente in den Story-Modus-Levels reduziert.

Abwechslung um jeden Preis
Durch den bereits erwähnten Ausrüstungswahn ist jedes Level anders - aber im Grunde doch wieder gleich. Zwar folgen etwa selten zwei Greifhaken-Levels aufeinander, jedoch macht es keinen wirklichen Unterschied, ob man in einer Bibliothek schwingt oder auf der Oberfläche eines zerstörten Planeten.

Besonders unerwartet tauchen dann etwa das besagte Shooter-Bienen-Level im Retro-Look auf oder auch ein Abschnitt, in dem eine Raupe gesteuert werden muss, während das Bild von unten nach oben scrollt. Abwechslungsreich ist das natürlich - das ist aber Gulasch mit Sachertorte auch. Ob das aber zusammenpasst, ist dann vom persönlichen Geschmack abhängig.

Das Level-Design ist abstrakt. Anstatt vertrauter Themes, wie Dschungel, Stadt und Western, sind die Levels jetzt märchenhafter gestaltet. So verschießt man Törtchen im Süßspeisenland, löscht Feuer in der Pflanzenwelt oder rettet Sackbots in einem abstürzenden Raumschiff. Die Levels sind kürzer als bei LBP1, dafür gibt es aber auch 30 statt wie beim Vorgänger 25.

Selbst ist der Sackboy

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Ein wichtiger Bestandteil, um nicht zu sagen der wichtigste, in LBP2 ist der Editor. Dieser bietet schier unendlich viele Möglichkeiten eigene Levels zu kreieren, vom klassischen Jump-and-Run über Sack-Versionen von Filmen bis hin zu anderen Genres, wie etwa Action und First-Person-Shooter. Die neuen Ausrüstungsgegenstände erweitern natürlich die Möglichkeiten noch zusätzlich - der Greifhaken schreit geradezu nach Sackboys in Tarzan, Indiana Jones oder Spider-Man-Kostümen. Die Bewegungssteuerung PlayStation Move wird nicht unterstützt, auch wenn frühe Demos Anwendungsbeispiele zeigten, mit denen man Move zum Skalieren, Bemalen und Bearbeiten von Objekten nutzen kann - was für den Editor durchaus interessant gewesen wäre.

Die selbst gebastelten Levels können mit selbst erstellten Zwischenszenen, eigens komponierten Musiksequenzen oder per Mikrofon eingesprochenen Wortmeldungen aufgepeppt werden. Der Editor ist allerdings nicht jedermanns Sache: Wenn man nicht gerade ein Naturtalent ist, bedarf es mehr Eingewöhnungszeit, um ein brauchbares Level zu kreieren, als um den Story-Modus das erste Mal durchzuspielen. Die Original-Levels aus dem Story-Modus lassen sich nicht öffnen, was für Anfänger durchaus nützlich gewesen wäre, um sich abzuschauen, wie der ein oder andere Mechanismus funktioniert.

Man muss aber keine eigenen Levels erstellen, um vom Editor zu profitieren. Auf http://LBP.me kann man im Browser nach neuen Levels suchen und diese zur Warteschlange hinzufügen. Startet man das nächste Mal LBP 2, können alle so vorher ausgewählten Levels heruntergeladen werden.

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Fazit 1 von Gregor Gruber, Core Gamer
LittleBigPlanet 1 brachte sogar meine Freundin dazu ein Videospiel zu spielen, dass nicht durch Herumfuchteln von Controllern gesteuert wurde. Es war die Kombination aus Niedlich-Grafik, der einfachen Lernkurve und das süchtig machende Gameplay, mit dem LBP1 begeisterte und motivierte, die Levels solange erneut zu spielen, bis auch der letzte Gegenstand gefunden wurde.

Bei LBP2 fehlt aber das gewisse Etwas, dass es zu einem Kult-Spiel wie Teil 1 machen würde. Natürlich macht es noch Spaß, aber die Magie ist raus. Alles wirkt übertrieben größer, schneller spektakulärer und die Abwechslung wird versucht mit der Brechstange herbeizuführen. Natürlich ist es nett mit dem Greifhaken oder den Power-Handschuhen herumzuspielen, aber zwischendurch wären simple, klassische Levels angebracht gewesen, die ganz ohne Ausrüstungsgegenstände oder Reittiere auskommen. Dieser Umstand lässt sich aber mit den herunterladbaren Levels korrigieren.

Und selbst wenn nicht die selbst erstellten Levels der Community genutzt werden, sollte man aus LittleBigPlanet 2 gut 15 Stunden Spielzeit herausschlagen können. Fünf Stunden für den Story-Modus, fünf Stunden für die Versus-Levels und noch mal fünf Stunden, um alle Gegenstände, die in den Story-Modus-Levels versteckt sind, zu erhalten. Bei Letzterem geht es zwar nur ums Prinzip, aber hier kommt trotz Knuddel-Optik und Sackboy-verkleiden der Core-Gamer durch, der nicht vor einem Schwing-Sprung, der präzises Timing erfordert und schon 53 Mal ins Leere gegangen ist, kapituliert.

Fazit 2 von Claudia Zettel, Casual Gamerin
Das Warten auf den Release von LBP2 fühlte sich an wie das gespannte Warten auf die Fortsetzung eines absoluten Lieblingsfilms, wie auf ein langersehntes Konzert oder eine geplante Reise. Denn LittleBigPlanet 1 hatte die Messlatte tatsächlich sehr hoch gelegt, eine Nicht- oder bestenfalls Casual Gamerin wie mich vom Fleck weg gefesselt. Neben dem ohne Zweifel extrem hohen Knuddelfaktor von Sackboy, den gestalterischen Möglichkeiten - des Spiels selbst sowie der Spielfigur - überzeugte Teil 1 besonders mit dem sozialen Aspekt. Mit einem zweiten oder mehreren Mitspielern gemeinsam Aufgaben zu lösen, machte nicht nur Spaß, sondern war auch intelligent und innovativ.

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Der Feuerlösch/Tortenwerfer-Helm
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All das bietet der Nachfolger nun auch, der Kreativität der Spieler sind kaum Grenzen gesetzt, das Spielerlebnis so sympathisch, das es seinesgleichen sucht. Und doch, wie so oft bei zweiten Teilen, ist die Faszination nicht mehr ganz so groß, das Suchtpotenzial nicht mehr ganz so hoch. Während Teil 1 Spielabende bis weit nach Mitternacht provozierte, legt man jetzt vielleicht schon früher eine Pause ein, das Umziehen und Basteln neuer Kostüme für Sackboy wird nach den einzelnen Levels nicht mehr ganz so stark herbeigesehnt. Denn LBP2 bietet zwar alles, was man aus Teil 1 kannte, bringt aber letztlich zu wenig neues mit, um mit aufgeregtem Staunen vor dem Bildschirm zu sitzen.

Wer Teil 1 nicht gespielt hat, wird LBP2 - wie oben erwähnt - von Anfang als eher schwierig empfinden, denn es setzt bei einem deutlich höheren Schwierigkeitsgrad an als der Vorgänger. Für LittleBigPlanet-Erfahrene ist das aber durchaus als Vorteil zu werten, denn es beugt potenzieller Langeweile vor. Ein Plus: Alle erspielten Gegenstände und Kostüme werden aus Teil 1 in Teil 2 übernommen.

Auch wenn es hie und da einmal ruckelt, manche Levels an der Grenze zur Reizüberflutung schrammen und es nach wie vor einen Mangel an tollen Frisuren (!) für Sackboys und Sackgirls gibt - LittleBigPlanet 2 muss man mögen. Weil es süß ist, weil es sozial ist, weil es casual aber trotzdem eine Herausforderung ist.

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