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Urteil

Manning schuldig gesprochen, keine Todesstrafe

Mit dem Strafmaß will sich das Gericht ab Mittwoch befassen. Der Obergefreite der US-Armee habe gegen Spionage-Gesetze verstoßen, entschied das Militärtribunal in Fort Meade am Dienstag. Manning hatte während seiner Stationierung im Irak zwischen November 2009 und Mai 2010 hunderttausende Geheimdokumente von Militärrechnern heruntergeladen und der Enthüllungsplattform Wikileaks zugespielt.

In dem seit Juni laufenden Prozess in Fort Meade bei Washington bekannte sich Manning in zehn von 22 Punkten schuldig, darunter Spionage und Computerbetrug. Den Vorwurf der Unterstützung des Feindes wies er zurück. Dieser hätte ihm allein lebenslange Haft einbringen können. Mit dem Richterspruch vom Dienstag droht Manning mehr als 100 Jahren Gefängnis - laut der Enthüllungsplattform Wikileaks eine Höchststrafe von 136 Jahren. Eine Mindeststrafe für die Anklagepunkte gibt es nicht.

"Junger, naiver und wohlmeinender Bürger"
Für die Staatsanwaltschaft sowie Teile von Politik, Medien und Öffentlichkeit ist Manning ein Verräter, der mit den Enthüllungen sensibler Dokumente bewusst seinem Land schaden wollte. Für seine Unterstützer dagegen ist der junge Soldat ein mutiger Kämpfer für Transparenz, der mit seinen Enthüllungen über Kriegsverbrechen im Irak und Afghanistan zur öffentlichen Debatte über die Kriegseinsätze beitragen wollte. Seine Verteidigung schilderte ihn zuletzt als „jungen, naiven und wohlmeinenden Bürger“.

Unter den Dokumenten zu den Kriegen in Afghanistan und dem Irak, die Manning Wikileaks zuspielte, war auch die Video-Aufzeichnung der Besatzung eines US-Kampfhelikopters, die auf einer Straße in Bagdad offenbar mutwillig eine Gruppe unbewaffneter Iraker erschießt. Weitere Dokumente zeigten, dass 150 Häftlinge grundlos in dem umstrittenen US-Gefangenenlager Guantanamo festgehalten wurden. Außerdem übermittelte Manning Wikileaks mehr als 250.000 vertrauliche diplomatische Depeschen.

"Gefährlicher Sicherheitsextremismus"
Wikileaks verurteilte am Dienstag den Schuldspruch von Manning. Dies zeige den „gefährlichen, nationalen Sicherheitsextremismus der Regierung“ von Präsident Barack Obama, schrieb die Organisation auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Wikileaks gehört zu den schärfsten Kritikern des Prozesses gegen Manning. Nach Aussage von Wikileaks-Gründers Julian Assange war sein Verbrechen, dass er die Wahrheit sagte. Vor dem Militärlager von Fort Meade gab es nach der Urteilsverkündung Proteste mehrerer Dutzend Anhänger Mannings.

Die Familie Mannings teilte in einem vom „Guardianveröffentlichten Schreiben mit: „Brad liebte sein Land und war stolz, dessen Uniform zu tragen.“ Der Schuldspruch sei enttäuschend, doch es sei erfreulich, dass Manning auch nach Auffassung von Richterin Lind den Feinden der USA niemals habe helfen wollen.

Nathan Fuller, der den Prozess für das Unterstützernetzwerk „Bradley Manning Support Network“ beobachtete, zeigte sich überrascht und erleichtert angesichts des Freispruchs im am schwersten wiegenden Anklagepunkt. Trotzdem sei es ungeheuerlich, dass Manning möglicherweise Jahrzehnte im Gefängnis verbringen müsse. Rund 20 Demonstranten protestierten am Mittwoch vor dem Gerichtsgebäude und forderten auf Schildern „Freiheit für Bradley Manning“.

Stundelange Plädoyers
Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten vor dem Schuldspruch von Denise Lind in stundenlangen Plädoyers dargelegt, unter welchen Umständen und mit welchen Motiven der Obergefreite die geheimen Dokumente weitergegeben haben soll. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits vor dem Prozess darauf verzichtet, bei einem Schuldspruch im Hauptanklagepunkt „Unterstützung des Feindes“ für Manning die Todesstrafe zu fordern. Bei einem Schuldspruch in diesem Punkt hätte Manning deshalb lebenslange Haft gedroht.

Präzendenzfall
Das Verfahren in Fort Meade bei Washington ist der erste große Prozess gegen einen sogenannten Whistleblower in den USA und könnte als Präzedenzfall für weitere bekannte Enthüller dienen, darunter Wikileaks-Chef Julian Assange und den von den USA als Geheimnisverräter gejagten Computerspezialisten Edward Snowden. Der Schuldspruch sei auch „ein sehr ernstzunehmender Musterfall über die Weitergabe von Informationen an die Medien“, teilte Wikileaks mit.

Der seit zwei Monaten laufende Militärprozess bei Washington fand unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Bewaffnete Soldaten hatten Journalisten zuletzt durchsucht und streng kontrolliert, ob aus dem laufenden Verfahren berichtet wurde.

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