Rechteinhaber möchten verschärftes Geoblocking
Rechteinhaber möchten verschärftes Geoblocking
© JustinForce, CC-BY-SA

Netzsperren: Klagen bei vier Providern eingetroffen

Netzsperren: Klagen bei vier Providern eingetroffen

"Die Klagen betreffend einer Sperre von zwei Webseiten - kinox.to und movie4k.to – wurden diese Woche zugestellt", sagt Werner Müller, Geschäftsführer des VAP, auf futurezone-Anfrage. Vier Internetprovider, darunter A1, UPC, Drei und Tele2, wurden vom VAP bereits im Juli dazu aufgefordert, die beiden Webseiten zu sperren. Dieser Aufforderung sind die Internet Service Provider allerdings nicht nachgekommen. Jetzt macht der VAP ernst und verklagt sie.

 "Am 28.8. wurde uns die Klage der Filmindustrie zugestellt. Wir werden jetzt innerhalb der vom Gericht eingeräumten Äußerungsfrist Stellung nehmen. Danach hat die Richterin zu entscheiden. Die von der Musikindustrie in Aussicht gestellte Klage wurde uns bislang noch nicht zugestellt", sagte A1-Sprecherin Livia Dandrea-Böhm gegenüber der futurezone. Auch bei 

Tele2 wurde die Klage zugestellt: "Tele2 ist das betreffende Schreiben des VAP gestern zugegangen. Es wird darin nur auf Kinox.to und Movie4.k.to Bezug genommen. Die weiteren Schritte werden derzeit intern geprüft." Bei Drei ist die Klage am Freitag eingetroffen, wie Pressesprecher Tom Tesch bestätigt. Auch UPC hat die Klagsschrift am Donnerstag erhalten. 

Einstweilige Verfügung

„Wir rechnen damit, dass in rund einem Monat eine einstweilige Verfügung ergehen wird, die beiden Webseiten zu sperren. Wie die Provider dann reagieren werden, wissen wir nicht. Das ist völlig offen“, so Müller. Möglich werden derartige Sperraufforderungen durch einen OGH-Beschluss, der vorsieht, dass Internetprovider bei Urheberrechtsverletzungen mit Zugangssperren beauftragt werden können.

Mit der Kanzlei Manak Schallaböck & Partner Rechtsanwälte haben drei Filmfirmen, die Allegro Film, die Wega Film und die Epo Film, heimische Provider mit einer Zugangssperre der Portalen kinox.to und movie4k.to sowie thepiratebay.se beauftragt. Gegen „ The Pirate Bay“ wird vom VAP bei den Klagen jetzt nicht vorgegangen. Der Grund dafür, ist rasch erklärt: „The Pirate Bay übernimmt die IFPI“, so Müller.

IFPI gegen The Pirate Bay

Rechtliche Schritte sind demnächst nämlich auch von der IFPI zu erwarten. "Die Grundlagen für Website-Blocking sind in Österreich rechtskräftig geklärt und wir haben darauf aufbauend die Sperrung von vier illegalen Websites gefordert. Von den Providern gibt es dazu bis heute keine Reaktion und so mussten wir unseren Anwalt mit der Vorbereitung rechtlicher Schritte beauftragen", erklärte Franz Medwenitsch, Geschäftsführer des IFPI, bereits vor zwei Wochen. Derzeit wird noch an der Ausformulierung der Klagsschriften gearbeitet.

Die Provider selbst geben sich ansonsten vorerst bedeckt, denn das Thema Netzsperren beschäftigt mittlerweile sogar die Chefetagen der Unternehmen. Schließlich geht es bei der Entscheidung, Netzsperren in Österreich umzusetzen, nicht nur um technische, sondern auch um wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Fragestellungen. "Wir werden uns die Klage nun genauer ansehen und danach entscheiden, wie wir weiter vorgehen werden", hieß es seitens Drei. Auch UPC äußert sich vorerst nicht näher dazu.

A1: "Keine Rechtssicherheit"

"Grundsätzlich kann A1 die Anliegen der Film - und Musikindustrie nachvollziehen und hat dies auch dem Verein für Antipiraterie (VAP) und dem Verband der österreichischen Musikwirtschaft (IFPI) gegenüber klar gemacht. Als Österreichs führender Kommunikationsanbieter sind wir selbstverständlich gesprächsbreit und interessiert an der Entwicklung eines gemeinsamen Verfahrens. Ziel muss aus unserer Sicht sein, dass für beide Seiten Rechtssicherheit geschaffen wird", sagt Dandrea-Böhm von A1. Die Rechtssicherheit sei aber ohne einstweilige Verfügung nicht gegeben, so die A1-Sprecherin. "Es sollte der Beurteilung eines Richters überlassen werden, ob in einem konkreten Fall die Rechte der Internetnutzer oder die der Film- und Musikindustrie mehr wiegen."

Overblocking ungelöstes Problem

Von Seiten des Verbands der österreichischen Internet Service Provider (ISPA) war in Erfahrung zu bringen, dass die beiden Vereine und Verbände VAP und IFPI „wenig Interesse an technischen Details“ mitbringen würden. Wie man „Overblocking“, also das irrtümliche Mitsperren von rechtmäßigen Inhalten, vermeiden kann, seien für Provider bis heute jedoch ungelöste Fragen.

Die ISPA, die Netzsperren dezidiert ablehnt, fordert klare Verfahrensregeln. „Richter sollen über die Zulässigkeit entscheiden und sollen auch jährlich überprüfen, ob eine Sperre noch notwendig ist, damit es zu keinen Sperrfriedhöfen kommt. Außerdem muss es einen zentralen Transparenzbericht über die Anzahl aller Netzsperren von behördlicher Seite geben. Hier ist das Justizministerium in die Pflicht zu nehmen“, so Schubert, Generalsekretär der ISPA.

"Netzsperren kein adäquates Mittel"

"Die vom Verein für Antipiraterie eingebrachten Klagen gegen vier Provider sind der falsche Weg und sollten sofort fallen gelassen werden", fordert Michel Reimon, EU-Abgeordneter der Grünen. "Netzsperren sind kein adäquates Mittel zum Urheberrechtsschutz", kritisiert Reimon, der auch Telekom- und Netzpolitiksprecher der Grünen Fraktion im Europaparlament ist.

"Von Netzsperren für Kinofilme bis hin zur Zensur politisch relevanter Inhalte ist es nur ein kleiner Schritt. Einer solchen Entwicklung muss das Europaparlament im Rahmen der Neuverhandlung der europäischen Urheberrechtsrichtlinie einen Riegel vorschieben", so Reimon.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

mehr lesen
Barbara Wimmer

Kommentare