Polizei, Videoüberwachung,
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© Deutsch Gerhard

Neue Behörde

Der Datenschutz bleibt zahnlos

Immer mehr Firmen, Vereine, Behörden oder Privatpersonen wollen auch in Österreich die totale Überwachung, immer weniger Menschen gefällt das. Die Datenschutzkommission, die das Ausspähen und die Verarbeitung personenbezogener Daten kontrollieren muss, kann sich der Meldungsflut kaum noch erwehren.

2008 wurden 5499 Datenanwendungen registriert. 2011 waren es bereits 6388 und im Vorjahr 7002. Auch die Zahl der von Betroffenen gemeldeten oder von Amts wegen festgestellten Datenmissbräuche ist von 135 im Jahr 2001 auf 472 im vergangenen Jahr gestiegen. Vor allem die Installationen von Überwachungskameras nehmen rapide zu.

Ein Messingschild an der Geschäftsstelle der Datenschutzkommission (DSK) in der Wiener Innenstadt, bevor diese mit 1.1.2014 in die Datenschutzbehörde umgewandelt wurde. Ein Budget für das Jahr 2014 steht noch aus.
Am 1. Jänner 2014 wird der Datenschutz von der Nebentätigkeit zum Hauptberuf. Die von einem Höchstrichter im Nebenjob geleitete und dem Bundeskanzleramt unterstellte Datenschutzkommission mutiert zur unabhängigen Datenschutzbehörde. Der Leiter und sein Stellvertreter werden vom Bundespräsidenten auf fünf Jahre bestellt.

Aufgerüstet wird die neue Behörde nicht. Ausgerechnet bei der Kontrolle der elektronischen Datenverarbeitung mangelt es weiterhin an technisch ausgebildeten Mitarbeitern, das Know-how muss jeweils von außen beigezogen werden.

Den Datenschützern fehlt es auch weiterhin an Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen. Das sind z. B. zu Unrecht erhobene Daten (etwa von der Polizei oder einem Kreditinstitut). Oder Videoaufnahmen zur Überwachung ohne Schutz der Persönlichkeit. Oder die Verweigerung des Auskunftsrechtes über eigene Daten. In dem Fall erlässt die Behörde einen Bescheid (Daten löschen!) oder spricht eine Empfehlung aus (Radius der Kamera einschränken!).

„Wir haben aber keine Befugnis, die Empfehlung durchzusetzen“, sagt Eva Souhrada-Kirchmayer, Leiterin der Datenschutz-Geschäftsstelle.

Werden Auflagen nicht erfüllt, bleibt dem Betroffenen eine Unterlassungsklage nicht erspart. Daneben werden von den Datenschützern Anzeigen bei der Verwaltungsstrafbehörde erstattet (zehn Mal pro Jahr), aber das steht jedermann frei.

Unkenntlich

Nur bei Gefahr im Verzug kann die Datenverarbeitung sofort untersagt werden. Das geschah 2011 bei Google Street View, mit dem man virtuelle Stadtspaziergänge machen kann. Die Kommission verlangte vor Inbetriebnahme – bei Aufnahmen von Personen in besonders sensiblen Bereichen (Kirchen, Gefängnisse, Frauenhäuser) – nicht nur die Gesichter, sondern auch die Körper der gefilmten Personen unkenntlich zu machen.

Auch bei der kürzlich aufgeflogenen Weitergabe von Patientendaten könnte die Kommission einen sofortigen Stopp verfügen oder – ähnlich einer Verbandssammelklage – im Namen der betroffenen Patienten auf Unterlassung klagen. Laut Souhrada-Kirchmayer weist bisher aber (noch) nichts darauf hin, dass aus den Daten Rückschlüsse auf bestimmte Patienten gezogen werden können.

Vor wenigen Wochen erteilte die von der Tiroler Ärztekammer alarmierte Kommission der Tiroler Gebietskrankenkasse Auflagen für die Verarbeitung von Patientendaten. Die Kasse stellte Unternehmen zwecks „Gesundheitsvorsorge“ die Auswertungen der Krankenstandstage ihrer Arbeitnehmer samt Diagnosen zur Verfügung. Die Kommission empfahl, keine Trennung zwischen männlichen und weiblichen Mitarbeitern vorzunehmen und geschlechtstypische Krankheiten wegzulassen, um einen Rückschluss auf bestimmte Arbeitnehmer zu verhindern.

Eine Privatperson erkämpfte die Empfehlung der Kommission an die Sozialversicherung, auf Zahlscheinen nicht mehr die Versicherungsnummer samt Geburtsdatum anzuführen. Die Bankangestellten geht das Alter der Kunden nichts an, die Rechnungsnummer muss zur Unterscheidung genügen.

Registrierung

Wer personenbezogene Daten verarbeitet, muss eine Meldung an das Datenverarbeitungsregister erstatten. Dazu gehört auch die Videoüberwachung. Die Behörde überprüft, ob der gesetzliche Datenschutz eingehalten wird. Die Überwachung der Wohnungstür eines Mieters ist unzulässig, jene von Garagen und Müllplätzen (zur Verhinderung von Diebstahl und Brandstiftung) ist zulässig.

Versteckte Kamera

Der Betreiber eines Kurzentrums ließ per versteckter Kamera Qualitätschecks durchführen. Mitarbeiter, Kurgäste, Lieferanten wurden gefilmt. Die Kommission entlarvte die Überwachung als verbotene Leistungskontrolle der Arbeitnehmer und empfahl, die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen zu unterlassen.

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Ricardo Peyerl

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