Netzpolitik

West Virginia führt Wählen per Handy-App ein

Das Voten per Mobiltelefon kommt in West Virginia bei der Zwischenwahl dieses Jahr zum ersten Mal zum Einsatz. Soldaten, die im Ausland stationiert sind, sollen diese neue Art des Wählens ausprobieren dürfen. Obwohl erst kürzlich der Hack-Versuch von Russland auf das Infrastruktursystem der US-Wahlen bekannt geworden war und US-Geheimdienste vor weiteren derartigen Versuchen warnen, setzt der US-Bundesstaat auf das neue Voting-System. Das berichtet Cnet.

Jeder Auserwählte, der per App wählen möchte, muss sich dafür registrieren. Dazu muss man ein Foto seiner ID-Karte und ein Video seines Gesichts im Selfie-Style via App hochladen. Die Gesichtserkennungssoftware werde daraufhin das Foto des offiziellen Dokuments mit dem Video abgleichen, heißt es. Erkennt die Software die Person, kann diese in Folge via App voten.

Nachvollziehbarkeit via Blockchain

Das Wahlergebnis werde dabei anonymisiert, sagt das Unternehmen Voatz, das die Technik zur Verfügung stellt. Voatz ist eines von mehreren Unternehmen, das mobiles Wählen zur Verfügung stellt und die Stimmabgaben via Blockchain speichert. Bisher gab es damit lediglich private Wahlen und Versuche, wie das Wählen für die Rock & Roll Hall of Fame.

Bei den Wahlen in West Virginia soll nicht jeder mit der App von Voatz wählen können, sondern vor allem Mitglieder von Truppen, die im Ausland dienen. „Es verdient niemand mehr das Recht auf sein Wahlrecht mehr, als die Männer und Frauen, die da draußen sind und ihr Leben für uns aufs Spiel setzen“, sagt Mac Warne, West Virginias Secretary of State.

In zwei Bundesstaaten in den USA wurde das Voting-System von Voatz bereits bei offiziellen Wahlen getestet. Bei insgesamt vier Audits habe es keine Problem gegeben, heißt es dazu im Bericht. Jeder Bundesstaat könne jetzt frei entscheiden, ob er die App im November einsetzen mag, heißt es seitens West Virginia. Der CEO von Voatz sieht darin ein Sprungbrett für den breiteren Einsatz der Technologie, doch nicht jeder teilt seinen Enthusiasmus.

"Horror-Vorstellung"

„Mobiles Wählen ist eine Horror-Vorstellung“, sagt Joseph Lorenzo Hall, der Chef-Techniker des Center for Democracy and Technology. „Es bedeutet Internet-Wahlen auf extrem schlecht abgesicherten Mobilgeräten von Privatpersonen, über horrende Netzwerke mit Verbindungen zu Servern, die sehr schwer zu sichern sind.“ Er spielt darauf an, dass private Handys besonders einfach manipuliert werden können und so das Wahlergebnis beeinflusst werden kann.

Auch Marian K. Schneider von der Bürgerrechtsgruppe „Verified Voting“ ist von der Idee alles andere als begeistert. Es sei keine gute Idee, so Schneider. Selbst wenn die App sicher sei, würde man dadurch die Kontrollmöglichkeit und Nachvollziehbarkeit der gesamten Wahl aufs Spiel setzen. Anders als bei Papier seien damit Veränderungen der Wahlergebnisse „unmöglich zu entdecken“. Der österreichische ehemalige Leiter des Fachdidaktik-Zentrums für Informatik an der Universität Wien, Erich Neuwirth, fügt hinzu: "Jetzt wird es richtig gefährlich! Ich halte es für unmöglich, ein derartiges System sicher zu machen."

Der Politikwissenschaftler Charles Steward III, der am MIT unterrichtet, meint hingegen, dass West Virginia mutig sei, diese neue Technologie zu testen. „Manchmal muss man in kleinen Pilotprojekten etwas ausprobieren, um Kosten und Nutzen wirklich abwägen zu können.“ Die Zwischenwahlen im November sind so ein Test für West Virginia, der von Unterstützern und Skeptikern gleichermaßen genau beobachtet werden wird.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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