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Österreich

SPÖ-Absage an Urheberrechtsnovelle

"Die Vorschläge des Justizministeriums für eine Urheberrechtsreform führen in eine Sackgasse", kritisierte SPÖ-Kultursprecherin Sonja Ablinger am Donnerstag bei einem Pressegespräch in Wien. Die Chance, ein modernes Urheberrecht durchzusetzen, würde mit den Ende November an die Öffentlichkeit gelangten

nicht genutzt. Nichtkommerzielle Werknutzungen und kreative Nutzungspraktiken im Netz würden in dem Papier ebensowenig angesprochen wie die Stärkung von Kreativen gegenüber Rechteverwertern durch ein Urhebervertragsrecht, stattdessen drohe ein Abmahnwesen, so Ablinger: "Was vom Justizministerium vorgelegt wurde, entspricht den Anforderungen an eine Urheberrechtsnovelle nicht."

Mehr Rechte für Kreative
Die Sozialdemokraten machen sich für die Einführung eines Urhebervertragsrechts stark. Urheber, die ihre Werke nicht selbst vermarkten, sondern ihre Rechte an Verwerter abtreten, müssten häufig für sie nachteilige Vertragsbedingungen akzeptieren, sagte SPÖ-Kreativwirtschaftssprecherin Elisabeth Hakel. Mit einem Urhebervertragsrecht solle sichergestellt werden, dass sie angemessen vergütet werden.

Versuche, die Rechte der Urheber in Österreich zu stärken, verliefen in der Vergangenheit immer wieder im Sand. "Die politische Durchsetzung von Rechten wirtschaftlich Schwächerer hat in Österreich keine Tradition", heißt es dazu etwa in einem im Herbst veröffentlichten Positionspapier des Kulturrats, der sich ebenso wie die Grünen und die Arbeiterkammer für ein solches Urhebervertragsrecht stark macht. In Deutschland gibt es seit 1966 ein solches Recht. Vor zehn Jahren wurde es reformiert. Die SPÖ hat den Berliner Anwalt und Urheberrechtsexperten Till Kreutzer von irights.law beauftragt, die Erfahrungen aus Deutschland für ein österreichisches Urhebervertragsrecht nutzbar zu machen.

"Machtgefälle zwischen Urhebern und Verwertern"
In der Debatte um das Urheberrecht würde viel darüber geredet, dass es durchsetzungsstärker sein müsse, damit die Urheber zu Geld kämen. Viele Kreative würden aber von der Verwertung ihrer Werke kaum profitieren, da sie gegen eine Einmalzahlung ihre Rechte an Verwerter abtreten, meinte Kreutzer: "Im Verhältnis zwischen Urhebern und Verwertern besteht ein erhebliches Machtgefälle. Das Urhebervertragsrecht dient dazu, die negativen Auswirkungen dieses Machtgefälles zugunsten der Urheber zu lindern."

Das deutsche Urhebervertragsrecht sichere Kreativen einen Anspruch auf angemessene Vergütung für ihre Werke zu, sagte Kreutzer. Zwar gebe es Probleme bei der Durchsetzung dieses Anspruches, weil Verhandlungen über die Höhe der angemessen Vergütung zwischen Urhebern und Verwertern häufig ergebnislos verlaufen würden, die Schaffung einer staatlichen Regulierungsinstanz könnte jedoch Abhilfe schaffen.

Bestseller-Paragraf
Ein wesentlicher Bestandteil eines solchen Urhebervertragsrechts sei auch ein Bestseller- oder Fairnessparagraf, der die nachträgliche Anpassung der Vergütung von Urhebern ermögliche, so Kreutzer. "Wenn sich etwa im Nachhinein herausstellt, dass Erträge, die mit dem Werk erzielt werden, im Vergleich zur Vergütung der Urheber unverhältnismäßig hoch sind." Als Beispiel nannte er den Fall der Übersetzerin der Asterix-Hefte, die für die Übersetzung von rund 50 Bänden mit 40.000 Euro entlohnt wurde, während der Verlag mit den Comics rund 280 Millionen Euro verdiente.

Unbekannte Nutzungsarten
Auch die Frage, ob Urheber dem Verwerter Rechte an noch unbekannten Nutzungsarten einräumen können, sei ein weiterer wesentlicher Punkt eines solchen Urhebervertragsrechts. Die Verwertung von Romanen als E-Books sei etwa vor 30 Jahren noch nicht absehbar gewesen, erläuterte Kreutzer. In Deutschland haben Urheber bei neuen Nutzungsarten ein Widerspruchsrecht oder einen gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung. Für Kreutzer ist vor allem die angemessene Vergütung zentral: "Den meisten Urhebern wird es nicht darum gehen, neue Nutzungsarten zu verbieten, sondern es ist in ihrem Interesse, damit Geld zu verdienen." Ein Urheberrecht sei kein Urheberrecht, wenn es kein effizientes Urhebervertragsrecht gäbe, sagte Kreutzer: "Urheber brauchen rechtlichen Schutz."

Der deutsche Urheberrechtsexperte verwies auch darauf, dass das Urheberrecht mit dem Aufkommen von Kopiertechniken und der Digitalisierung zum gesellschaftsrelevanten Thema geworden ist: "Jeder kommt damit jeden Tag in Kontakt." Diesem Bedeutungswandel müsse auch die Gesetzgebung Rechnung tragen und etwa auch neue Nutzungspraktiken berücksichtigen.

Novelle soll im März vorliegen
Ein Gesetzesentwurf des Justizministeriums zur Urheberrechtsreform soll im März vorliegen und noch vor dem Sommer verabschiedet werden. Neben der bereits von EU-Parlament und -Rat beschlossenen Ausweitung der Schutzdauerrichtlinie von 50 auf 70 Jahre könnte die Novelle unter anderem die Einführung einer Abgabe auf Speichermedien ("Festplattenabgabe") sowie Neuregelungen der Rechtsdurchsetzung bei Urheberrechtsvergehen enthalten. Für die SPÖ sind laut Ablinger und Hakel die Ermöglichung nichtkommerzieller Werknutzungen im Netz und ein Urhebervertragsrecht Bedingungen für die Zustimmung im Parlament: "Ein Urheberrecht neu ohne Urhebervertragsrecht kommt für uns nicht in Frage."

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Umstrittene Reformpläne
Ein Arbeitspapier (samt Erläuterungen) des Justizministeriums zur Urheberrechtsreform gelangte Ende November an die Öffentlichkeit. Neben der geplanten Einführung einer Festplattenabgabe steißen vor allem die Ministeriumspläne zur Rechtsdurchsetzung bei Urheberrechtsvergehen auf Kritik:

- Urheberrecht: Unmut über Gesetzespläne

"Urhebervertragsrecht in Österreich"
Die Analyse von Till Kreutzer zum "Urhebervertragsrecht in Österreich" kann auf der Netzpolitik-Seite des SPÖ-Parlamentsklubs heruntergeladen werden:
- Untersuchung Urhebervertragsrecht

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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