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Urheberrecht

Nach UPC-Klage: Alle Provider müssen Websites sperren

Im November 2010 brachten Filmproduzenten und Verleiher von deutschsprachigen Filmen und TV-Sendungen aus Österreich eine Unterlassungsklage gegen den Breitbandanbieter UPC ein. Mit diesem Musterprozess wollten die Filmproduzenten erreichen, dass der Zugang zu Websites, die Inhalte, die das Urheberrecht verletzen, beinhalten, blockiert werden muss.

Unterlassungserklärungen prüfen

Das dürften die Filmproduzenten nun erreicht haben, denn mit einem Vorabentscheid des EuGH, der am Dienstag veröffentlicht wurde, steht fest: Internet-Service-Provider (ISPs) müssen künftig eine inhaltliche Prüfung der Unterlassungserklärungen, die ihnen über Anwaltsbriefe und sogenannte „Abmahnschreiben“ zugetragen werden, durchführen. „Das verspricht ein düsteres Bild für die österreichische Internet-Landschaft“, erklärte Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA, in einer ersten Stellungnahme gegenüber der futurezone.

Im konkreten Fall ging es der Wega Filmproduktionsgesellschaft und Constantin Film um das Portal kino.to, welches bereits vor einiger Zeit durch die deutsche Behörde vom Netz genommen wurde. Der Musterprozess zog sich durch mehrere Instanzen. In dritter Instanz landete das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser lieferte nun seine Vorabentscheidung. Die Meinung des Generalanwalts ist dabei nicht bindend, allerdings folgen die Richter in ihrem Urteil meiststens dieser Meinung.

Konkrete Sperrmaßnahmen möglich

Der Vorabentscheid besagt nun, dass der Internetprovider UPC Telekabel Wien mit der Sperre des Zugangs beauftragt werden kann. Der Generalanwalt urteilt: „Eine konkrete Sperrmaßnahme bezüglich einer konkreten Website ist nicht allein deswegen prinzipiell unverhältnismäßig, weil sie einen nicht unbeträchtlichen Aufwand erfordert, aber ohne besondere technische Kenntnisse leicht umgangen werden kann. Es ist Sache der nationalen Gerichte, im konkreten Fall unter Einbeziehung aller relevanten Umstände eine Abwägung zwischen den Grundrechten der Beteiligten vorzunehmen.“

Für Schubert von der ISPA ist nach diesem Vorabentscheid klar, dass Internet Service Providern schwierige Zeiten bevorstehen. „Es gibt eine gewaltige Anwaltsindustrie, vor allem in Deutschland. Doch auch in Österreich besteht jetzt die Gefahr, dass eine Abmahnwelle einsetzen wird“, so Schubert. „Provider können aber nicht einfach alles sperren. Sie sind zur Rechtmäßigkeit verpflichtet und speziell bei Filmrechten ist es oft extrem schwierig, Urteile zu fällen. Wir haben in Österreich mehr als 400 Provider. Das ist eine gefährliche Gasse, in die wir uns durch diesen Vorabentscheid begeben.“

Abmahnbriefe werden florieren

Vor allem kleine Provider, die nur aus einer Person bestehen, werden Schwierigkeiten haben, die Unterlassungsaufforderungen aus juristischer Sicht zu beurteilen, so Schubert. „Was passiert außerdem, wenn eine Website von einem Provider zu Unrecht gesperrt wird?“ Es wird bei den Providern zudem damit gerechnet, dass bereits binnen kurzer Zeit verstärkt Unterlassungsaufforderungen und Abmahnbriefe eintreffen werden.

Konkret heißt es in dem Vorabbescheid aber auch, dass es zwischen den Grundrechten der Beteiligten nicht vereinbar sei, einem Provider „ganz allgemein und ohne Anordnung konkreter Maßnahmen zu verbieten, den Zugang zu einer bestimmten das Urheberrecht verletzenden Website zu ermöglichen“. Der Generalanwalt vertritt aber auch die Auffassung, dass auch der Internetprovider des Nutzers einer das Urheberrecht verletzenden Website als Vermittler anzusehen sei und daher als Adressat einer gerichtlichen Anordnung in Betracht komme. Dabei sei nicht erforderlich, dass der Zugangsanbieter mit dem eigentlichen Urheberrechtsverletzer eine direkte vertragliche Beziehung eingehe.

Folgen für alle Internetprovider

UPC möchte zum aktuellen Vorabentscheid vorerst keine Stellung nehmen - zuerst analysieren die Anwälte das Papier. "Bei allem Verständnis für Rechteinhaber und bei voller Unterstützung der Kreativwirtschaft ermöglichen wir unseren Kunden lediglich den Zugang zum Internet, wir sehen jedoch keine Verpflichtung und kein Recht auf Selektion oder Prüfung der darin angebotenen Inhalte. Weder dulden wir Piraterie stillschweigend noch fördern wir diese aktiv", heißt es in einer allgemeinen Stellungnahme des Providers.

Auch wenn das finale Urteil für UPC im Fall von kino.to keine Konsequenzen mehr haben wird (weil kino.to eingestellt ist), wird dieses Urteil künftig für alle Internetprovider Folgen haben. „Provider werden dadurch unter Druck gesetzt. Es wird außerdem ein starker Fokus auf die Urheber gelegt, doch auch die Internet-Nutzer haben Grundrechte“, sagt Schubert. Doch diese Grundrechte scheinen bei diesem Vorabentscheid einmal mehr zu kurz zu kommen.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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