Kontrolle

Weißrussland: Handydaten für Diktator

Wie alle Netzbetreiber ist Velcom verpflichtet, den Behörden technische Schnittstellen zum Abruf von Daten zur Verfügung zu stellen, berichtete die "Presse". Die Konzernmutter in Wien kann einen Zugriff weder dementieren noch bestätigen. Eine aktive Weitergabe von Daten von Regimegegnern oder Demonstrationsteilnehmern schließt Telekom-Sprecherin Elisabeth Mattes aber aus.

In der Vorwoche wurde der Oppositionsführer Andrej Sannikow zu fünf Jahren Straflager verurteilt, weil er Unruhen geschürt haben soll. Im Zuge der Wahlen - Diktator Lukaschenko wurde mit fast 80-prozentiger Mehrheit im Amt bestätigt, es soll zu massiven Unregelmäßigkeiten gekommen sein - haben er und andere Oppositionelle vergangenen Dezember eine Demonstration auf dem Minsker Oktoberplatz organisiert, zu der rund 20.000 Personen kamen.

Bis zu 700 Aktivisten verhaften
Etwa 600 bis 700 Aktivisten wurden verhaftet, viele nach der Protestaktion. Die Polizei konnte anhand der Auswertung von Handydaten feststellen, wer auf dem Oktoberplatz gewesen ist. Laut Mattes erfolgt ein allfälliger Zugriff auf Personen- und Rufdaten in Weißrussland ohne richterlichen Beschluss und ohne Involvierung der Mobilfunkbetreiber.

Telekom Austria hat sich im Herbst 2007 mit 70 Prozent in Weißrussland eingekauft, im Oktober wurde der Velcom-Anteil dann auf 100 Prozent aufgestockt. Velcom betreut in Weißrussland rund 4,4 Millionen Kunden und kommt auf einen Marktanteil von 41,9 Prozent.

„Wir arbeiten von Beginn an mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte (BIM) zusammen, weil uns die Herausforderungen, die dort in Sachen Datenschutz bestehen, bewusst waren“, betonte Mattes. Nach wie vor sei man mit dem BIM in Gesprächen.

Millionenabschreibung
In Weißrussland droht der teilstaatlichen Telekom Austria auch von anderer Seite Ungemach: Anfang der Woche wurde der weißrussische Rubel überraschend um über 50 Prozent abgewertet, Analysten zufolge könnte deswegen eine weitere Millionenabschreibung auf die Telekom zukommen. Schon 2009 hatte der Konzern wegen Währungsabwertungen für ihre weißrussische Tochter eine Wertberichtigung von 290 Mio. Euro vornehmen müssen. Per 31. Dezember 2010 stand die weißrussische Tochter mit 265,1 Millionen Euro in der Telekom-Bilanz. Mattes heute: „Wir evaluieren die Situation."

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