Ohne Innovationsschub droht Europa in der Informations- und Kommunikationstechnologie an Bedeutung zu verlieren
Ohne Innovationsschub droht Europa in der Informations- und Kommunikationstechnologie an Bedeutung zu verlieren
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IKT

Zweckwidmung von Bußgeldern aus Kartellstrafen gefordert

Europa hat ein Software-Problem”, sagte Stanford-Professor Burton Lee im futurezone-Interview. Gemeint hat er damit, dass Europa in einer regelrechten Innovationskrise steckt und dadurch droht bei Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) den Anschluss zu verpassen.

Die wohl anschaulichsten Beispiele für dieses Abdriften der europäischen Technologiebranche sind Nokia und Loewe. Bis vor rund fünf Jahren hatte Nokia an die 40 Prozent Marktanteil, verschlief aber den Beginn des Smartphone-Booms und kommt derzeit noch auf gut drei Prozent Marktanteil bei Smartphones. Ähnlich erging es dem TV-Geräte-Hersteller Loewe, der mittlerweile pleite ist und nach Investoren sucht.

Diese beiden Firmenlebensläufe zeichnen ein düsteres Bild und könnten als Sinnbild für die Relevanz Europas in der globalen IKT-Branche gesehen werden. Denn sämtliche große Namen, von Google und Microsoft über Facebook, Samsung bis Apple, Sony oder LG sind außerhalb Europas beheimatet.

United Clouds Of Europe

Helmut Fallmann, Co-CEO des Linzer Software-Unternehmens Fabasoft, hat sich mit seiner Initiative “United Clouds of Europe” der Stärkung des europäischen IKT-Standortes verschrieben. Um die Wirtschaft, insbesondere die IKT-Branche in Schwung zu bringen, bräuchte es in Europa einen Innovationsschub, mehr Bewusstsein für die zukunftsweisende Bedeutung der IKT-Industrie und möglichst nachhaltige Investitionen in die Internet-Infrastruktur, so Fallmann auf seinem Blog.

Um dem allseits propagandierten Argument der knappen Kassen zuvor zu kommen, veröffentlichte Fallmann Mitte Februar einen Vorschlag, mit welchen Geldern die europäische IKT-Branche unterstützt werden könnte.

Zweckwidmung von Bußgeldern

Wer in der EU gegen Wettbewerbsregeln verstößt, dem drohen empfindliche Geldstrafen. So wurde etwa das Bildröhren-Kartell von Philips, Samsung, LG Electronics, Panasonic, Toshiba, Chunghwa und MTPD zu einer Gesamtstrafe von 1,47 Milliarden Euro verdonnert. Microsoft musste 2008 rund 860 Millionen Euro hinblättern und 2012 nochmal rund eine halbe Milliarde Euro Bußgeld zahlen. Ebenso wurde gegen Intel im Mai 2009 eine Strafe in der Höhe von 1,06 Milliarden Euro wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung verhängt.

Derzeit fließen diese Bußgelder in den EU-Haushalt und werden anteilig nach dem Schlüssel der Beitragszahlungen der Mitgliedsländer an diese refundiert. In den einzelnen Staaten unterliegen diese Gelder aber keinerlei Zweckwidmung. Genau hier müsste man ansetzen, so Fallmann. Denn während US-amerikanische oder asiatische Unternehmen in Europa kräftige Gewinne einstreichen und dabei geltendes europäisches Recht verletzen, müssten die Strafen daraus den geschädigten Industriezweigen zu Gute kommen.

“Wenn nachweislich globale, außereuropäische Wettbewerber durch Ausnutzung ihrer Marktmacht die Konkurrenz in der EU und die europäischen Konsumenten schädigen, wäre es ein logischer Schritt in die richtige Richtung, die verhängten Bußgeldzahlungen bzw. die Einnahmen wegen Verletzungen des europäischen Wettbewerbsrechts genau in den betroffenen Wirtschaftssektoren auszuschütten. Mit einer solchen Vorgangsweise könnte zum Beispiel die europäische IKT-Industrie ihr Innovationspotenzial deutlich verstärken und damit die Realisierung des digitalen Binnenmarktes beschleunigen” schreibt Fallmann.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit Fabasoft.

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