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Angebissen: Android Ice Cream Sandwich im Test

Wer nicht will, muss nicht länger auf Android 4.0 alias “Ice Cream Sandwich” warten. Nachdem Google den Quellcode veröffentlicht hat, haben sich zahlreiche Hobby-Entwickler ans Werk gemacht, um das Betriebssystem für eine Reihe von Geräten verfügbar zu machen. Mittlerweile gibt es schon einige Versionen, die sich durchaus für den Alltagsbetrieb eignen. Eines der fleißigsten Eintwicklerteams für Samsung-Geräte ist die Gruppe Teamhacksung. Die Entwickler sind auch für die Portierung und Weiterentwicklung des Community-Roms Cyanogenmod für das Galaxy S verantwortlich. Wer selbst vor hat, sein Galaxy S mit Ice Cream Sandwich auszustatten, sollte aber genau wissen, was er tut. Im schlimmsten Fall kann das Smartphone beim Installieren von Custom-ROMs beschädigt werden. Eine genaue Anleitung kann im entsprechenden Forum nachgelesen werden.

Die getestete Version ist gerade einmal ein paar Tage alt und schon die siebente Version des Ice-Cream-Sandwich-Ports. Sie läuft flüssig und nahezu der gesamte Funktionsumfang von Android 4.0 kann ausprobiert werden. Nicht getestet wurden die neuen virtuellen Buttons an der Unterseite des Homescreens, da diese aufgrund der Soft-Touch-Tasten nicht verfügbar sind.

Android 4.0 unterscheidet sich im Vergleich zur Vorgängerversion für Smartphones (Gingerbread) in einigen Belangen sehr deutlich. So wurden Design, Oberfläche und die System-Apps verändert.

Das neue Gewand
Während Gingerbread ein etwas verspieltes Design geboten hat, setzt Ice Cream Sandwich, genau wie schon der Nachfolger für Tablets Honeycomb, auf professionell und seriös wirkendes Blau. Auch die Standard-Schriftart wurde modernisiert und auf “Roboto” geändert.

Beim Start fällt auf, dass sich auch beim Homescreen etwas getan hat. An der unteren Seite finden sich standardmäßig neben dem Symbol für das App-Menü, Telefonfunktion und Browser nun zwei weitere Icons, nämlich SMS und Kontakte. Hier hat sich Google wohl von den zahlreichen alternativen Launchern (Oberfläche von Homescreen und App-Menü, Beispiele sind Launcher Pro, Go Launcher EX, etc.) inspirieren lassen, die schon länger auf genau diese Aufteilung setzen. Eine weitere Veränderung ist, dass das Google-Suchfeld fix an der Oberseite aller Homescreens sitzt und nicht mehr als klassisches Widget verfügbar ist. Dieses Feld lässt sich auch nicht vom Nutzer entfernen.

Ordnung
Eine andere neue Funktion ermöglicht das einfache Erstellen von Ordnern auf dem Homescreen. So kann der User einfach Icons per Drag-And-Drop aufeinanderziehen und so die Ordner erstellen. Im Test funktionierte dieses Prinzip problemlos und sorgte für ein gutes Stück mehr Ordnung.

Auch das App-Menü hat sich verändert. So ist es standardmäßig alphabetisch statt nach Installationszeitpunkt sortiert. Außerdem werden Homescreen-Widgets nun über das App-Menü anstatt über langen Klick auf den Homescreen ausgesucht und hinzugefügt. Das hat den Vorteil, dass man vorm tatsächlichen Hinzufügen eine Vorschau des Widgets sieht. Außerdem kann nun die Größe bestimmter Widgets auf dem Homescreen angepasst werden.

Insgesamt ist die Oberfläche ein gutes Stück individualisierbarer, als es bei den früheren Android-Versionen der Fall war. Während es bei Gingerbread & Co. noch viele Argumente gibt, auf alternative Launcher auszuweichen, werden es sich die User unter Ice Cream Sandwich zwei Mal überlegen.

Kontakte, Nachrichten und Kalender
Auch die System-Apps wie Nachrichten oder die Kontaktliste wurden überarbeitet. Die Kontakte sind darüber hinaus eng mit Googles Online-Netzwerk Google+ verknüpft. Sofern der ausgewählte Kontakt auch ein Profil in dem Online-Netzwerk hat, werden die letzten Postings in einer zusätzlichen Spalte angezeigt. Über einen Klick kommt man direkt auf Google+. Twitter und Facebook sind nicht integriert.

Auch die Messaging-App wurde im Design überarbeitet. So werden Profilbilder der Unterhaltungspartner größer angezeigt. Insgesamt wirkt das neue Kontaktmenü wesentlich aufgeräumter und hübscher als das alte. Die Bedienung über die Spalten erinnert auch ein wenig an das modulare Design von Windows Phone 7.

Auch die Gmail- und Kalender-Applikation wurde geringfügig angepasst. So gibt es im Kalender nun eine Mulitouch-Zoomfunktion. Der Kalender lässt sich wesentlich flüssiger und angenehmer bedienen als unter früheren Versionen. Außerdem können nun auch fremde Apps Einträge im Kalender erstellen und bearbeiten.

Multitasking
Die Funktion zum Umschalten zwischen laufenden Tasks wurde überarbeitet. So springt bei längerem Drücken auf den Home-Button nun eine vertikale Leiste auf, in der die laufenden Applikationen samt großem Vorschaubild ersichtlich sind. Mittels Klick kann man zur gewünschten Anwendung wechseln. Auf dem Galaxy S funktionierte das Wechseln zwar problemlos, allerdings dauerte es immer eine Spur zu lang, bis sich das Menü tatsächlich öffnete. Der Grund liegt hier wohl in erster Linie an der experimentellen Version.

Das sogenannte Face-Unlock, wo man die Tastensperre mittels Blick in die Frontkamera aufheben kann, konnte nicht getestet werden, da das Bild verzerrt dargestellt und nicht erkannt werden konnte.

Der Browser
Der Browser wurde ebenfalls überarbeitet. Sofern der Nutzer in Googles Desktop-Browser Chrome-Sync aktiviert hat, werden die Lesezeichen automatisch mit dem mobilen Browser abgeglichen. Dort kann der Nutzer entscheiden, ob neu angelegte Bookmarks lokal oder in dem Profil gespeichert werden sollen. Weiters wurde eine Option hinzugefügt, mit der User entscheiden können, dass sich der Browser bei der jeweiligen Webseite als Desktop-Browser identifiziert. Ebenfalls eine Funktion, die alternative Browser für Android (etwa Opera mini oder mobile) schon länger anbieten.

Eine weitere Neuerung ist der Wechsel zwischen den Tabs, der ähnlich gestaltet wurde, wie der systemeigene Task-Switcher. Außerdem gibt es jetzt neben der Adresszeile einen eigenen Button dafür. Bislang musste man zuerst ein Kontextmenü öffnen.

Kamera und Galerie
Die Kamera-App wurde mit neuen Funktionen versehen. So gibt es eine neue Panoramafunktion und Fotos können über ein neues Menü direkt nach dem Abdrücken über verschiedene Portale geteilt werden.

Auch die integrierte Galerie-Applikation wurde radikal überarbeitet. Wie schon in den Vorgängerversionen, werden Fotoalben aus Picasa und Google+ automatisch darin angezeigt. Neu ist, dass die Online-Alben nun auch offline zugänglich gemacht werden können. Außerdem ist eine Bildbearbeitungsfunktion enthalten, mit der man auf den Bildern herumzeichnen oder auch Effekte anwenden kann.

Tastatur und Spracheingabe
Überarbeitet wurde außerdem die systemeigene Tastatur. Im Test reagierte sie eine Spur schneller und präziser, als unter Gingerbread. Auch die Wort- und Korrekturvorschläge funktionieren besser, ähnlich wie bei der alternativen Keyboard-App SwiftKey. Die Spracheingabe präsentierte sich im Test mittelmäßig. Während sie bei einfachen Worten und Sätzen erstaunlich präzise arbeitete, verlor sie bei komplexen Sätzen sehr schnell den Faden.

Als Extra gibt es etwa noch eine integrierte Funktion, um den Datenverkehr zu kontrollieren. Nutzer können Transferlimits festlegen, nach denen der Datenverkehr gekappt wird.

Fazit: Der Bedarf an Apps sinkt
Google hat Android in der Version 4.0 um sehr viele Funktionen erweitert, für die bislang eigene Applikationen notwendig waren. Der Browser, Bildbearbeitung oder die verbesserte Tastatur sind nur ein paar Beispiele dafür. Insgesamt sind die Neuerungen durchaus sinnvoll und brauchbar. Allerdings muss der Suchmaschinenriese auch aufpassen, dass Android durch das Mehr an Funktionen nicht zu aufgeblasen und dadurch in weiterer Folge auch zu kompliziert für Gelegenheitsanwender wird. Ice Cream Sandwich hinterlässt aus Sicht eines Intensivnutzers aber einen guten Eindruck mit sinnvollen Neuerungen.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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