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Canon EOS R angetestet: Das Warten hat sich gelohnt

Am Mittwoch hat Canon seine erste spiegellose Systemkamera mit Vollformat-Sensor vorgestellt. Wie Nikon hat sich auch Canon dabei Zeit gelassen: Begründet wurde diese Kameraklasse bereits 2013, als Sony die A7 vorgestellt hat.

Die EOS R geht in Sachen Design keine Risiken ein. Das Gehäuse sieht auf dem ersten Blick wie eine geschrumpfte Spiegelreflexkamera aus. Das ist zwar nicht unbedingt originell, aber auch nicht schlecht. Man muss das Rad ja nicht jedes Mal neu erfinden.

 

Verarbeitung

Das Gehäuse aus einer Magnesiumlegierung ist enorm sauber verarbeitet. Scharfe Kanten, Spalten oder fragil wirkende Bedienelemente sucht man vergebens. Die Kamera ist so gut verarbeitet, wie man es auch von Canons Semi-Profi und Profi-DSLRs gewohnt ist. Der Body ist nicht winzig und misst 135,8 x 98,3 x 84,4 mm. Mit einem Body-Gewicht von 580 g ist sie zwar nicht gerade ein Fliegengewicht, aber deutlich leichter als die Modelle mit Spiegel. Zum Vergleich: Die 5D Mark IV bringt 800 g auf die Waage. 

Aufgrund ihrer Größe und den sparsam angeordneten Bedienelementen liegt die EOS R gut in der Hand und lässt sich auch dann sicher greifen, wenn man ein schweres Objektiv verwendet. Letzteres ist ein besonders wichtiger Aspekt, da es bestimmt den ein oder anderen Fotografen gibt, der die Kamera mit Adapter und eventuell schwerem EF-Objektiv verwenden wird. 

Sowohl der rückseitige dreh- und schwenkbare Touchscreen als auch der OLED-Sucher sind scharf, kontrastreich und weisen im Kurztest keinerlei Schwächen auf.

 

Die Bedienelemente

Auch wenn die EOS R ihren großen Kolleginnen sehr ähnlich sieht, merkt man, dass sich Canon bei den Bedienelementen durchaus etwas überlegt hat. Manche praktischen Aspekte der großen Kameras wurden übernommen. So hat die EOS R an der Oberseite ein monochromes-Display, der die wichtigsten Parameter anzeigt. Neben dem Auslöser, einer Funktionstaste, einer Film-Taste sowie zwei Tasten für Displaybeleuchtung und Tastensperre, befinden sich an der Oberseite noch zwei Einstellräder: Eines für den Zeigefinger und eines für den Daumen. Jene können frei belegt werden. Die neuen RF-Objektive weisen an der Vorderseite noch ein Einstellrad auf, das ebenfalls frei belegt werden kann.

Neben dem Vierweg-Tastenkreuz und den üblichen Knöpfen an der Rückseite befinden sich rechts vom Sucher noch zwei Soft-Touch-Pfeiltasten, die ebenfalls frei belegt werden können. Im Foto-Betrieb sind diese Tasten jedoch gesperrt und müssen erst durch zweisekündiges Drücken entsperrt werden, was ich beim Fotografieren als eher mühsam empfand und was auch nicht wirklich rund funktionierte.

 

Grundsätzlich bietet die EOS R aber alles, was ich mir an manuellen Einstellmöglichkeiten erwarte. Im Rahmen des Kurztests habe ich jeweils ein Bedienelement für Verschlusszeit, Blende und ISO festgelegt und konnte so effizient arbeiten. 

Neuer Automatikmodus

Neben den bereits lange bekannten halbautomatischen Aufnahmemodi P, AV, TV kommt die EOS R mit Fv, einem flexiblen Automatikmodus. Dabei können Verschlusszeit, Blende, ISO- und Belichtungskorrektur schnell manuell reguliert werden. Dort, wo keine Werte manuell festgelegt sind, greift die Automatik. 

Der Modus erfordert einiges an Eingewöhnungszeit, weswegen ich intuitiv im Rahmen des Kurztests wieder zum gewohnten AV gewechselt bin. Hat man das Konzept aber entsprechend verinnerlicht, könnte Fv eine sinnvolle Ergänzung sein. 

Autofokus und Bildqualität

Das leidige Thema Autofokus hat Canon bei der EOS R sehr gut gelöst. Selbst unter schwierigsten Lichtbedingungen hatte die Kamera im Kurztest keine Probleme flott und korrekt scharfzustellen. 

Auch in Sachen Bildqualität lässt sich Canon bei der EOS R nicht lumpen. Die ersten Testaufnahmen entsprechen dem, was ich mir von einer hochwertigen Vollformat-Kamera erwarte. Das Bildrauschen hält sich auch bei hohen ISO-Werten in Grenzen.

Einen großen Anteil an der Bildqualität haben die Objektive. Im Rahmen des Kurztests hatte ich die Möglichkeit, die Kamera mit dem RF 24-105mm f/4 L IS US sowie dem RF 50mm f/1.2 L USM auszuprobieren. Die Objektive sind – ihrem jeweiligen hohen Preis entsprechend – enorm gut verarbeitet und es macht einfach Spaß mit ihnen zu fotografieren. 

 

Erster Eindruck

Auch wenn sich Canon für seinen Einstieg in die Welt der spiegellosen Vollformat-Systemkameras viel Zeit gelassen hat, liefert das Unternehmen ein sehr vielversprechendes Gesamtpaket ab. Die EOS R ist nicht einfach eine lieblos zusammengestauchte Vollformat-DSLR, auch, wenn man es am ersten Blick vielleicht glauben mag. 

Die Kombination aus guter Verarbeitung, durchdachter und stark individualisierbarer Bedienung und einem stark startenden Line-up an Objektiven kann sich sehen lassen und macht den Eindruck, dass es Canon ernst meint und vielleicht aus dem ein oder anderen Fehler der EOS-M-Serie gelernt hat.  

Der Einstieg von Canon und zuvor Nikon in die Kameraklasse zeigt aber vor allem auch eines: Vollformat-Systemkameras sind keine Exoten mehr und gekommen, um zu bleiben. 

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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