E-lom 4point8: Batmans fettes E-Bike im Test
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Fatbikes sind Räder mit äußerst dicken Reifen, die ursprünglich für das Fahren auf weichem Untergrund, wie etwa Schnee oder Sand, entwickelt wurden. Vermehrt werden solche Räder auch zum Mountainbiken verwendet. Der deutsche Hersteller E-lom hat ein Fatbike mit Karbonrahmen mit einem Elektromotor des österreichischen Unternehmens MPF Drive kombiniert. Das Resultat nennt sich - in Anlehnung an die 4,8 Zoll breiten Reifen - "4point8". Der Elektromobilhändler Yoom hat der futurezone ein Vorserienmodell dieses bald am Markt erhältlichen E-Bikes zum Testen zur Verfügung gestellt. Eine Woche lang hatten wir damit ziemlichen Spaß.
Der Wahnsinn
Beim E-lom 4point8 kann man nicht mit der Schilderung technischer Details beginnen. Zunächst einmal geht es um die emotionale Wirkung dieses Geräts. Der Hersteller selbst kann sie nur in diffuse Worte bringen: "FAT-FATTY-Voll fett-MONSTERBIKE-SnowBIKE-FUNbike" lautet der Vorspann zur Produktbeschreibung. Zurecht. Das 4point8 ist ein gewaltiges Rad, das man auf vielerlei Arten beschreiben kann. Einige Leute, die das Rad während der Testperiode zu Gesicht bekamen, meinten, es sehe aus wie Batmans Motorrad - in dem Fall wohl besser Batmans E-Bike.
Bei der Ausfahrt mit dem 4point8 fühlt man sich ein bisschen, wie in einem SUV. Ein zu großes Fahrzeug, völlig übermotorisiert, laut, mit viel Knautschzone. Mit dem Rad erhält man den Eindruck, jedes Hindernis einfach überrollen zu können. Gehsteigkanten? Völlig egal. Dicke Äste im Wald? Detto. Der Elektromotor gibt bei Bedarf soviel Kraft her, dass man sich auf Radwegen ständig auf der Überholspur aufhält. Doch von hinten an den nächsten Radfahrer heranpirschen geht nicht. Das 4point8 dröhnt. Das Abrollgeräusch erinnert ein wenig an einen herandonnernden Lastwagen. Viele Radler drehen den Kopf, um zu sehen, was zum Henker sie da eigentlich verfolgt.
Kraftpaket
Das Elektro-Fatbike schüchtert ein. Vor einer Ampel sticht es laut aus der Menge anderer Räder hervor - trotz schwarzer Optik, oder vielleicht gerade deswegen. Ein bedrohliches, großes Ding mit obszön dicken Reifen und einem viel zu breiten Lenker. Unvorsichtige Gegner würden beim Ampelstart mit Behäbigkeit rechnen, doch weit gefehlt. Mit Stufe zehn auf der zehnstufigen Elektromotor-Unterstützungsskala hat man in drei bis vier Pedaltritten auf 30 km/h beschleunigt. Auf der Straße kann man damit auch mit Autos mithalten. In der 30er-Zone überholt einen dann niemand mehr.
Auf einer flachen Strecke haben wir beim Testen 48 km/h erreicht. Im hügeligen Wien ist das E-Bike eine große Hilfe. Bergauffahren wird zum Kinderspiel. Vielleicht nicht auf den allersteilsten Passagen - etwa zu Beginn der bekannten Mountainbikerstrecke "Eiserne Hand" auf den Kahlenberg -, aber auf moderat steilen Strecken lässt man damit jeden anderen Radler hinter sich. Während sich diese auf dem niedrigsten Gang die Serpentinen zur Kahlenbergspitze emporquälen, zieht man locker vorbei - und schaltet dabei noch ein paar Gänge höher. Der Motor hält problemlos mit, von eventuellem Überhitzen zeigt sich keine Spur.
Ganztägig unterwegs
Wer bei so einer Schilderung bereits jetzt an absolute Angeberei denkt, der hat Recht. Das E-lom 4point8 kann man sich ohne weiteres als Equivalent eines Hummer-Geländewagens vorstellen. Unglaublich protzig, viel zu groß, zu auffällig, vielleicht zu kräftig, aber mit einem deutlichen Unterschied: Viel umweltfreundlicher. Der 250-Watt-Mittelmotor des 4point8, der an der Tretachse untergebracht ist, wird von einem Lithium-Ionen-Akku mit 418 Wattstunden Kapazität gefüttert. Auf der niedrigsten Unterstützungsstufe sollte man damit 130 Kilometer lang elektrische Hilfe erhalten. Bei höherer Unterstützungsstufe sinkt die Reichweite natürlich.
Wer bei voller Ladung Stufe 10 einstellt, bekommt auf dem Lenker-Display nur noch 31 Kilometer Reichweite angezeigt. In der Praxis kommt man damit wahrscheinlich weiter. Die Reichweite wird während der Fahrt ständig neu berechnet. Während des Testeinsatzes purzelten die angezeigten Reichweiten-Kilometer recht langsam. Bei vier tatsächlich zurückgelegten Kilometern sank die Reichweite etwa meist nur um zwei.
Sicherheit im Gelände
Während die fetten Reifen auf Asphalt mehr Pomp als realen Nutzen ausstrahlen, spielen sie im Gelände ihre Stärken aus. Die vergrößerte Auflagefläche bringt jede Menge Haftung. Wer auf einem Waldweg mal ins Rutschen kommt, erhält durch die Reifen enorme Stabilität. Steine, Zweige und andere Hindernisse werden viel leichter als mit üblichen Mountainbikereifen überwunden. Erhalten die Reifen mal einen kleinen Riss, so wird dieser durch ein Spezialharz im inneren des schlauchlosen Reifens selbstständig verschlossen.
Will man während des Fahrens die Sitzhöhe variieren, etwa für das Bergabfahren, so braucht man dazu nicht abzusteigen. Man drückt einen Knopf neben dem Lenkerdisplay und der Sattel senkt sich ab. Zum Ausfahren entlastet man den Sattel und dieser wird pneumatisch wieder ausgefahren. Auch die Vorderrad-Stoßdämpfer lassen sich per Knopfdruck fixieren oder wieder freigeben. Beim Bergabfahren vermitteln die beiden Scheibenbremsen (vorne 200 Millimeter, hinten 180 Millimeter) samt ihrer insgesamt vier Bremszylinder Sicherheit. Das Getriebe besteht aus elf Gängen, die allesamt am Hinterrad untergebracht sind. Weitere Zahnradkränze am Tretlager sind aufgrund der reifen- und motorbedingten Breite nicht vorhanden. Geschalten wird am rechten Griff, per Grip Shift.
Aufzug-Tetris
Durch den Karbonrahmen und die Karbonfelgen der 4,8-Zoll-Räder wurde beim 4point8 Gewicht gespart, um das zusätzliche Gewicht von Elektromotor und Akku auszugleichen. Insgesamt kommt das Rad auf 21 Kilogramm Gewicht, was in etwa der Masse üblicher E-Bikes entspricht. Handling-Probleme hat man beim 4point8 vor allem durch seine Dimensionen. Das Rad in aufgestellter Position etwa mit seinem breiten Lenker und den dicken Reifen durch die Tür eines kleinen Aufzuges zu bringen, erforderte etwa einige Anstrengung und Körperverrenkungen.
Einmal daheim angekommen, kann man den per Schloss gesicherten Akku aus seiner Halterung nehmen und mit einem eigenen Ladegerät aufladen. Im besten Fall steht dafür ein abschließbarer Raum zur Verfügung. Das Ladegerät ist nicht gerade leise. Eine vollständige Ladung ist dank Lithium-Ionen-Bauweise nicht notwendig. Der jeweilige Ladestand kann mit einer eigenen Prüftaste am Akku abgefragt werden und wird mit LEDs angezeigt. Ein entleerter Akku ist in zweieinhalb Stunden wieder voll aufgeladen.
Fazit und Preis
Das E-lom 4point8 ist ein Monster von einem E-Bike, das enorm viel Spaß macht. Egal ob man damit durch die Stadt oder den Wald düst, das Rad vermittelt Kraft und Sicherheit. Schaltung, Bremsen, Motor funktionierten im Test einwandfrei, lediglich mit der Sattelstütze gab es kleinere Probleme. Für schüchterne Personen ist das 4point8 keine gute Wahl. Man fällt damit enorm auf.
In der Stadt wird man damit von rund 80 Prozent aller Passanten angestarrt, die Hälfte davon kommentieren das Gesehene. "Booooaaaaahhh", "Bist du deppat" oder "Wos isn des fira Kraxn" sind nur drei von vielen aufgeschnappten Wortmeldungen. In den meisten Fällen lächeln Personen einfach nur. Einige brechen sofort fingerdeutend in schallendes Gelächter aus. Auch das Knüpfen von neuen Kontakten geht mit dem 4point8 wie von selbst. Mit keinem anderen E-Bike wird man so oft auf der Straße angesprochen. Bei einiger Selbstreflexion kommt bald die Vermutung, dass man mit diesem Rad entweder für verrückt oder extrem angeberisch gehalten wird. Dazu kommt der Touch von Wohlstand.
Tatsächlich ist das 4point8 ein absoluter Luxusgegenstand. In der getesteten Version kostet das Rad 5.990 Euro. Alleine eines der 4,8-Zoll-Räder samt Karbonfelge kostet rund 500 Euro - also etwa soviel wie ein Fahrrad ohne Elektromotor in guter Qualität kosten würde. Mit dem 4point8 werden also hauptsächlich ziemliche Rad-Enthusiasten oder solche Personen unterwegs sein, denen ein 5.990-Euro-Spaß nicht zu teuer ist. "Werden" deshalb, weil das 4point8 erst in den Handel kommt. Mehr Informationen dazu gibt es bei Yoom.
Kommentare