Epson Moverio: Videobrille mit Durchblick
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Die Idee der Epson Moverio BT-100 (700 Euro): Eine von externen Geräten unabhängige Datenbrille, die sowohl über einen eigenen Speicher als auch eine portable Stromversorgung verfügt. Die zwei Displays sind in der Brille eingebaut, ebenso wie die abnehmbaren Kopfhörer. Über eine Kabelverbindung ist die Brille mit der Steuereinheit verbunden, die gleichzeitig als Speichermedium und zur Stromversorgung dient. Als Betriebssystem nutzt die Steuereinheit Android, wodurch theoretisch eine Vielzahl von Anwendungen möglich wären, die über das Betrachten von Videos hinausgehen.
Komfort
Mit 244 Gramm ist die Brille deutlich leichter als Sonys Head Mounted Display HMZ-T1. Dadurch ist sie bequemer zu tragen. Optimal ist der Tragekomfort aber nicht. Die Bügel sind zwar auf der Innenseite gepolstert, haben aber keine Aussparungen für die Ohren, wodurch relativ viel Material auf den Ohren lagert und diese nach außen drückt. Auch die Gummipolsterung an der Nase könnte etwas dicker sein.
Nicht förderlich für den Komfort sind die zwei dicken Kabel, die durch die Bügel der Brille Richtung Steuereinheit gehen. So wird schon das Aufsetzen zur Fummelei. Auch eine Größenanpassung ist kaum möglich. Es kann nur der maximale Winkel der Bügel in drei Stufen eingestellt werden. Der Halt der Brille entsteht so nicht nur durch die Auflage an Nase und Ohren, sondern auch durch den Druck der Bügel an den Seiten des Schädels.
Das durchsichtige Material der Brille schränkt die periphere Sicht weniger ein als Sonys Videohelm. Am Kabel, dass die Brille mit der Steuerungseinheit verbindet, ist ein Knopf, der Bild und Ton der Brille jederzeit ausschaltet - man sieht durch die Brille in etwa wie durch eine Sonnenbrille. So kann man sich theoretisch auch in die Öffentlichkeit wagen und für kurze Fußwege einfach nur das Bild deaktivieren, anstatt die Brille abzusetzen. Vorausgesetzt man kann mit den ungläubigen und spöttischen Blicken der Passanten leben – ein modisches Accessoires ist die Datenbrille nicht gerade.
Bedienung
Die Steuereinheit kann man sich am besten als Videoplayer mit Android-Betriebssystem vorstellen. Verbindung mit dem Web ist per WLAN möglich. Google Play ist nicht verfügbar, Apps können aber über die MicroSD-Speicherkarte (4GB Karte im Lieferumfang enthalten) oder über den direkten Download im Browser installiert werden.
An der Steuereinheit gibt es die üblichen Android-Tasten, ein Steuerkreuz mit Auswahltaste und ein Touchpad. Das Touchpad sollte eigentlich die primäre Eingabemethode sein und ersetzt den sonst bei Android-Geräten üblichen Touchscreen.
In der Praxis funktioniert dies aber nicht zufriedenstellend. Berührt man das Touchpad, wird ein Cursor eingeblendet, der die Fingerposition verdeutlicht. Zum Anwählen von Menüpunkten wird das Touchpad geklickt, was noch einigermaßen funktioniert. Zum Ziehen von Inhalten muss man aber den Finger für eine Sekunde am Touchpad ruhen lassen. Das Touchpad ist aber so unpräzise, dass der Cursor springt, auch wenn der Finger nicht bewegt wird, wodurch das Aktivieren des Zieh-Modus nur schwer möglich ist. Das Entsperren des Homescreens durch nach oben ziehen der Sperrleiste wird so zum Geduldsspiel.
Noch mehr Geduld braucht man, wenn man versucht, durch die Menüs zu navigieren. Das Android 2.2 Betriebssystem der BT-100 ist katastrophal langsam. Multitouch ist durch die Ruckelei kaum möglich. Das Betrachten von Bildern in der Galerie oder das Auswählen von Videos ist nur durch das Steuerkreuz einigermaßen erträglich, da die Mischung aus Touchpad und Trägheit des Systems zu unpräzisen Eingaben führt. Dadurch ist auch das Benützen des Browsers lahm, da das Ziehen/Scrollen des Bildes nur schwer möglich und die Eingabe von URLs über das Touchpad per virtueller Tastatur eine Qual ist.
Bild- und Tonqualität
Die beiden Displays haben eine Auflösung von 960x540 Pixel und sind im 45-Grad-Winkel zum Auge ausgerichtet. Die Größe des Bildes variiert, je nachdem welcher Punkt durch das halbtransparente Glas fokussiert wird. Je weiter der fokussierte Punkt entfernt ist, desto größer erscheint das Bild. Bei 2,5 Meter Abstand entspricht die Bildgröße laut Epson 40 Zoll, maximal möglich seien bis zu 320 Zoll. Der Akku hält für 4,5 bis 5 Stunden Videowiedergabe.
Die Bildqualität ist angesichts der Verarbeitung der BT-100 überraschend gut, auch bei größeren Bildschirmdiagonalen. Das optimale Ergebnis erhält man, wenn man in einem abgedunkelten Raum auf eine ebene, dunkle Fläche schaut. Bei hellen Flächen sieht man durch das Video bzw. den Film hindurch, wenn in diesem gerade eine dunkle Szene läuft.
Die Schärfe ist in Ordnung, aber geringer als die von Sonys HMZ-T1. Störend ist, dass es auch in den Videos Ruckler bei der Wiedergabe gibt, selbst wenn es sich dabei nicht um HD-Material handelt. Auch die Auswahl der Videoformate ist stark eingeschränkt. MP4 funktioniert, AVI und MKV nicht. Bei der Musikwiedergabe wird MP3 und FLAC unterstützt. Im Browser ist die Bildqualität weniger gut. Zur Mitte hin wird der Text unscharf.
Per Tastendruck auf der Steuereinheit kann in den 3D-Modus gewechselt werden. Dieser funktioniert nur mit Material im Side-by-Side-Verfahren. Der Modus muss immer manuell gewechselt werden, eine automatische Erkennung von 3D-Videos gibt es nicht. Die Stärke des 3D-Effekts schwankt mit der Entfernung des fokussierten Punktes. Durch die Verwendung von zwei Displays kommt es nicht zu Schlieren oder Doppelbildern, dafür ruckelt aber die Wiedergabe genauso wie bei 2D-Filmen.
Die Tonqualität der mitgelieferten In-Ear-Kopfhörer ist gut, der eingebaute Dolby-Mobile-Equalizer hilft hierbei. Es können auch eigene Kopfhörer verwendet werden, die an der Steuereinheit angeschlossen werden. Die In-Ear-Kopfhörer der Brille lassen sich abstecken.
Fazit
Unbequem, teuer, nicht ausgereift: Durch die ruckelige Wiedergabe der Videos macht das Anschauen von Filmen oder Serien kaum Spaß und die wenig kompakte Bauweise macht die Brille nicht besonders transportabel. Um das Geld sollte man lieber ein neues iPad zur mobilen Unterhaltung kaufen und das was übrig bleibt in Apps investieren.
- Videohelm für 3D-Kino: Sony HMZ-T1 im Test
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