© Thomas Prenner

Tests

Fast ein Smartphone: Galaxy Camera im Test

Kompaktkameras werden immer stärker vom Markt verdrängt. Ein Grund dafür sind Smartphones, die mit immer besseren Fotofunktionen den kleinen Point-And-Shoot-Kameras den Rang ablaufen. Ein vielleicht entscheidender Vorteil der Smartphones liegt darin, dass die Fotos sofort auf Facebook, Instagram oder Twitter geteilt werden können. Außerdem ist es möglich, die Schnappschüsse sofort zu bearbeiten und etwa mit Effekten zu versehen.

Äußerlich macht die Kamera einen positiven Eindruck, die Verarbeitung bietet keinen Grund für Klagen. Die matte Oberfläche wirkt stabil und sieht durchwegs hochwertig aus. Durch die Gummierung an der rechten Seite und die Größe des Gehäuses von 128.7 x 70.8 x 19.1 mm liegt die Galaxy Camera mit ihren 300 Gramm gut in der Hand. An der linken Oberseite ist auch noch ein Blitz integriert, der bei Bedarf über einen Knopf aufklappt.

Der Kamerateil des Hybrid-Gerätes entspricht dem, was man von aktuellen Pocket-Cams kennt. Der Sensor hat eine Größe von 1/2.3 Zoll und macht Bilder mit einer maximalen Auflösung von 16,3 Megapixel. Das Objektiv hat eine Brennweite von 4,1 - 86 mm (23 – 481 mm im 35-mm-Equivalent) und eine Lichtstärke von f2,8 - 5,9.

Display
Bei den restlichen Spezifikationen liest sich die Galaxy Cam wie ein High-End-Smartphone. Das Touchscreen-Display hat eine Diagonale von 4,8 Zoll und eine Auflösung von 1280 x 720. Dadurch ergibt sich eine Pixeldichte von 306 PPI, was genau der des Galaxy S III entspricht. Im Unterschied zum S III setzt Samsung bei der Galaxy Camera nicht auf ein Super-AMOLED-Display, sondern auf eine LCD-Variante. Das könnte den Hintergrund haben, dass die AMOLED-Technik stark dazu neigt, Farben übersättigt darzustellen und Probleme hat, reines Weiß korrekt anzuzeigen.

Das LC-Display sieht gut aus, Schärfe und Kontrast können überzeugen und stellen die meisten anderen Kameras und auch Smartphones in den Schatten. Nicht ganz ideal ist der mögliche Betrachtungswinkel. Sieht man auch nur etwas seitlich auf das Kameradisplay werden die Farben sehr schnell verfälscht und blass dargestellt

Smartphone-Innenleben
Angetrieben wird das Ganze von der QuadCore CPU A9 von Cortex, die mit 1,4 GHz getaktet ist. Der Akku hat eine Kapazität von 1650 mAH, ist auch dementsprechend relativ klein und erinnert mehr an einen Smartphone-, als an einen Kamera-Akku.

Die Kamera unterstützt WLAN in den Standards a, b, g und n sowie Bluetooth in der aktuellsten Version 4.0. Darüber hinaus gibt es einen microSIM-Slot, damit die Kamera auch über 3G online gehen kann. Telefonieren kann man nicht über das Mobilfunknetz, sondern lediglich mit der Datenverbindung über einen VoIP-Dienst. Als interner Speicher sind 8 GB vorhanden, über einen microSD-Slot kann der Platz noch um bis zu 64 GB erweitert werden.

Praxiseinsatz
Als Betriebssystem kommt Android in der Version 4.1.1 (Jelly Bean) zum Einsatz. Zusätzlich hat Samsung seine Oberfläche Touchwiz vorinstalliert. Wer mit der Bedienung von Samsung-Smartphones vertraut ist, wird auch mit der Galaxy Camera sehr schnell zurecht kommen. So sind über den Google Play Store sämtlich Apps installierbar, die man auch von Mobiltelefonen kennt. Videochat über Skype wird dadurch genauso möglich wie eine Runde Angry Birds.

Bei der Bedienung muss man sich dessen bewusst sein, dass das Gerät mehr Smartphone als Kamera ist. Das macht sich unter anderem beim Start bemerkbar, da das Gerät erst hochgefahren werden muss. Startet man die Kamera von Grund auf, vergehen knapp 30 Sekunden bis man (falls man eine SIM eingelegt hat) zur PIN-Eingabe kommt. Erst danach landet man in der Kamera-App und kann zu knipsen beginnen. Hier fällt auch die große Auslöseverzögerung beim Fotografieren auf.

Obwohl Nikons Android-Cam in vielen Punkten gegenüber der Galaxy Cam klein beigeben muss, hat sich Nikon ein benutzerfreundlicheres Konzept überlegt. So kann man dort schon fotografieren, während im Hintergrund noch Android hochgefahren wird.

Verglichen mit anderen Pocket-Cams macht das Fotografieren mit dem 4,8-Zoll-Display mit den scharfen Kontrasten etwas mehr Spaß. Dabei wird man gleichzeitig aber auch ein wenig in die Irre geführt, da die Bilder auf konventionellen Computerbildschirmen nicht so knackig und scharf aussehen, wie auf dem hochauflösenden Kameradisplay.

Bildbearbeitung
Ihre Stärken spielt die Kamera mit Android vorwiegend beim Nachbearbeiten aus. Samsung hat auf der Galaxy Camera die Apps "Foto-Assistent" und "Paper Artist" vorinstalliert. Ersterer bietet Funktionen wie das Zuschneiden der Bilder, das Verändern von Helligkeit und Kontrast sowie eine Reihe voreingestellter Filter, wie man sie unter anderem von Instagram kennt. "Paper Artist" wandelt das Foto in eine Zeichnungs-Optik um. Zusätzlich kann natürlich auf Googles Play Store zugegriffen werden, wo eine Reihe weiterer Apps zur Verfügung stehen.

Ganz perfekt lassen sich die Foto-Apps aber meistens nicht einsetzen, so unterstützt lediglich Samsungs Standard-Programm den optischen Zoom der Galaxy Camera. Betätigt man etwa in der Fotofunktion von Instagram die Zoom-Tasten, wird lediglich der digitale Zoom eingesetzt. In vielen anderen Apps (Camera ICS+ oder Camera Zoom Fx) wird über den Zoom-Regler lediglich die Systemlautstärke reguliert. Grund dafür ist, dass Android den Zoom-Regler offensichtlich als Lautstärke-Regler interpretiert, wie man ihn auf den meisten Smartphones findet.

Das Akkuproblem
Die negativen Seiten des multifunktionalen Android-Betriebssystems zeigen sich bei der Akkulaufzeit. Wenn man die Nachbearbeitungsfunktionen nutzt, WLAN und 3G aktiviert hat, kommt man mit der Galaxy Cam nicht viel länger durch, als mit seinem Smartphone. Wenn man also auf Reisen ist und einen Tag durchfotografiert, ist die Anschaffung eines zweiten Akkus ratsam. Dabei muss man jedoch bedenken, dass die Akkus immer jeweils direkt in der Kamera geladen werden müssen, ein externes Ladegerät liegt nicht bei.

Die Bildqualität
Die Fotos mit der Galaxy Cam entsprechen in etwa der Qualität einer mittelmäßigen Kompaktkamera. Im Weitwinkelbereich mit offener Blende ist es auch in geringem Maße möglich, mit Schärfentiefe zu arbeiten und unter guten Bedingungen auch durchwegs schöne Fotos zu schießen. Die Farbdarstellung hinterlässt insgesamt einen zufriedenstellenden Eindruck, wenngleich die Kamera ab und an etwas dazu neigt, Farben etwas übersättigt darzustellen. Im Test ist dieser Umstand aber nicht störend ins Gewicht gefallen. Wie bei Kameras mit einem derart kleinen Sensor zu erwarten ist, neigt die Kamera unter etwas schlechteren Bildverhältnissen sehr schnell zu Bildrauschen.

Vergleicht man die Bilder der Galaxy Camera mit denen eines High-End-Smartphones von Samsung wie etwa dem Galaxy SIII, sind unter guten bis mittelmäßigen Lichtverhältnissen vor allem Unterschiede in Sachen Kontrast und Schärfe feststellbar. Auch der Weißabgleich fällt mit der Galaxy Camera meistens korrekter aus. Unter idealen Lichtverhältnissen sind die Bilder zwischen dem Smartphone und der Kamera aber oft nur schwer zu unterscheiden.

Fazit: Smartphone oder Kamera?
Der Hybrid von Samsung macht definitiv Spaß. Fotos gleich nach der Aufnahme zu bearbeiten und im Internet hochladen zu können, motiviert dazu, sich mit seinen Schnappschüssen tatsächlich zu beschäftigen, anstatt sie irgendwann auf der Festplatte versauern zu lassen. Die Umsetzung des Ganzen ist so gut gelöst, wie es mit Android möglich ist. Das Betriebssystem kann zwar viel, ist aber in erster Linie nicht für den Einsatz auf Kameras ausgelegt, was man in erster Linie an der Geschwindigkeit merkt, die die Kamera im Alltag an den Tag legt. Auch die Akkulaufzeit trägt zu einem etwas bitteren Beigeschmack bei.

Wer gerne und viel mit dem Smartphone fotografiert und dabei schmerzlich einen optischen Zoom vermisst, wird mit der Galaxy Camera durchwegs seine Freude haben. Ob jemand aber für eine Kamera 499 Euro (UVP) ausgeben will, die (abgesehen von der Möglichkeit zu zoomen) qualitativ oft nur geringfügig bessere Fotos als ein aktuelles High-End-Smartphone macht, ist fraglich.

Mehr zum Thema

  • Nikons Android-Cam kann nicht überzeugen
  • Tiroler macht Zeitraffer-Videos aus Nachtfotos
  • Toshiba: 13-Megapixel-Sensor für Handy-Kameras
  • Facebook-App lädt Fotos automatisch hoch

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

mehr lesen
Thomas Prenner

Kommentare