© Michael Leitner

3D-Druck

Günstiger 3D-Kopierer Da Vinci 1.0 AiO im Test

3D-Drucker stehen zur Zeit an jenem Punkt, an dem sich PCs Anfang der Achtzigerjahre befanden. Sie sind zwar mittlerweile leistbar, erfordern aber weiterhin großes technisches Wissen. Das hindert die Hersteller aber nicht daran, mit “einfacher Bedienung” und “Plug-and-Play” zu werben. Die futurezone hat bereits einige vielversprechende Modelle getestet, letztendlich stellten sie sich alle als nur eingeschränkt Alltagstauglich heraus.

Der neueste Vertreter auf diesem hart umkämpften Markt ist der taiwanische Hersteller XYZ Printing. Hinter XYZ Printing steht der Konzern Kinpo Group, der nach eigenen Angaben im Vorjahr mehr als sieben Milliarden US-Dollar Umsatz erwirtschaftet hat. Der “Da Vinci 1.0 All in One” verspricht nun die sprichwörtliche “eierlegende Wollmilchsau” zu sein: Günstig, einfach zu bedienen und mit einem 3D-Scanner ausgestattet. Die futurezone hat den 3D-Drucker für Einsteiger getestet.

Wie bei allen 3D-Druckern aus China (oder Taiwan) wurde auch das Design des Da Vinci 1.0 nach dem Prinzip “Form folgt Funktion” entwickelt. Der graue Kunststoff-Kasten nimmt eine Grundfläche von 47 mal 51 Zentimetern ein und ist somit ähnlich groß wie ein Büro-Laserdrucker. Auf dem Schreibtisch hätte er zwar somit Platz, doch in Anbetracht der lauten Geräuschkulisse möchte man diesen vibrierenden 27,5-Kilogramm-Würfel nicht gerne neben sich stehen haben. Auch wenn man beim Gehäuse nur auf Kunststoff setzt, die Verarbeitung ist durchaus gut gelungen und robust. Auch die sonstigen verwendeten Materialien machen einen soliden Eindruck, die beheizte Druckplattform ist starr und vibriert auch nicht bei raschen Positionswechseln.

Der Bauraum, der Platz für Objekte mit bis zu 20 mal 20 mal 20 Zentimetern bietet, ist gut zugänglich. Sowohl die Front-Türe als auch der Deckel lassen sich jederzeit öffnen und erlauben einen Blick auf die wichtigsten Elemente des 3D-Druckers. Tatsächlich ist der Da Vinci 1.0 ein sehr wartungsfreundliches Gerät. So lässt sich der Extruder durch das Lösen eines Mechanismus einfach abnehmen, auch die Plattform kann mit Rändelschrauben per Hand kalibriert werden. Die Freude darüber verfliegt jedoch wieder, sobald man einen Blick auf die Materialzufuhr wirft. Wie auch 3D Systems setzt XYZ Printing auf ein proprietäres System. Lediglich offizielle Cartridges dürfen verwendet werden, die für rund 30 Euro im Handel erhältlich sind. Dafür erhält man 600 Gramm Material ABS. Zum Vergleich: Im Fachhandel kostet ein Kilo rund 25 Euro. Bastler haben aber bereits einen Weg gefunden, herkömmliches Filament zu verwenden.
Geöffnet hat der 3D-Drucker Ähnlichkeiten mit einem herkömmlichen Drucker
Im Gegensatz zum Modell ohne 3D-Scanner verfügt der Da Vinci 1.0 AiO über keinen SD-Kartenleser, sodass Druckaufträge nur per USB-Kabel übertragen werden können. Der PC oder Mac muss dazu aber nicht während des Druckvorganges mit dem 3D-Drucker verbunden sein. Ebenfalls gut gelungen: Neben der Druckplattform wurde ein tauschbares Gummi-Element verbaut, an dem der Extruder vor dem Drucken Kunststoffreste “abstreift”.

Wie

bereits der Cubify Cube
setzt der Da Vinci 1.0 auf das Prinzip “Einfacher ist Besser”. Statt den Einsteiger mit komplexer, aber mächtiger Software wie Slic3r zu überfordern, liefert man eine selbst entwickelte Software namens XYZ Ware mit. Optisch ist sie auf das Wesentliche beschränkt. Der Benutzer kann 3D-Objekte im STL-Format importieren und frei auf der Druckplattform platzieren. Zumindest bei der Anzahl der Objekte ist der Benutzer nicht limitiert. Automatisches Platzieren mehrerer Objekte ist nicht möglich, der Benutzer muss diese von Hand positionieren.

Aufgepasst: Die Sprache der Mac-Software richtet sich nach der Systemsprache. Findet sich in dieser Liste Chinesisch vor Englisch, lernt man besser Mandarin. Leider fand sich in der offiziellen Anleitung kein Verweis darauf. In den Druckeinstellungen finden sich alle relevanten Einstellungen: Schichthöhe, Füllgrad, Geschwindigkeit und Stützmaterial. Auch das Erstellen eigener Profile ist möglich.

Doch auch die proprietäre Lösung ist nicht der Weisheit letzter Schluss, wie bereits der Cube von 3D Systems bewies. Besonders frustrierend: Die Software von XYZ Printing verweigerte bei komplexen Objekten den Dienst. Das Übertragen des Druckauftrages scheiterte stets mit dem Fehler “Checksum Fail”. In den Foren sowie der Bedienungsanleitung fand sich nichts dazu und der Fehler trat nur bei detailreichen 3D-Modellen auf. Ärgerlich, da einige dieser Modelle sogar explizit für die Nutzung mit dem Da Vinci 1.0 ausgelegt waren.

Holprig zum Ziel

Hin und wieder öffnete sich plötzlich die Scan-Software XYZ Scan, die zumindest unter Mac OS X optisch kaum von XYZWare zu unterscheiden ist, und übernahm aus unerfindlichen Gründen das Slicing (Anm.: Erstellen des Maschinencodes). Warum, erschloss sich bis zuletzt nicht. Diese Situation sorgte oftmals für Frust, denn während XYZ Ware zuletzt ein Update erhielt, das das Slicing verbessern sollte, arbeitet XYZScan noch mit der alten, langsameren Lösung.

Absurd mutet auch die Tatsache an, dass der Da Vinci 1.0 zwar theoretisch das Drucken mit einer Auflösung von 0,1 Millimetern erlaubt, das aber nie gelang. Der Extruder verweigerte dabei stets den Dienst und spuckte nur mehr Kunststoff-Brösel aus. Nur mit den voreingestellten Profilen, die aber mit maximal 0,2 Millimetern Schichtdicke drucken, gab es hin und wieder Erfolg. Aber auch so kam es immer wieder zu Problemen, die bereits bei 3D-Druckern anderer Hersteller auftraten.

Das Reinigen des Extruders mit der mitgelieferten Bürste
So blieb sehr häufig im Test das Filament im Extruder hängen, wovon der 3D-Drucker nichts bemerkte. So fuhr der Druckkopf munter seinen vorgegebenen Weg ab, ohne einen einzigen Tropfen Kunststoff auf der Bauplatte zu hinterlassen. Das bereitete vor allem bei mehrstündigen Druckaufträgen Ärger, da man hier nicht ständig neben dem Drucker wachen kann. Der Neustart des Druckauftrages ist mit viel Zeit verbunden, denn der Druck muss erst einmal abgebrochen, die Bauplatte und der Druckkopf gereinigt sowie das Bauteil erneut an den 3D-Drucker übertragen werden. Das kostet Nerven und Zeit.

Gelingt der Druck jedoch, können die Ergebnisse überzeugen. Bereits die Ergebnisse mit 0,2 Millimetern Druckauflösung waren vorzeigbar und erforderten kaum Nachbehandlung. Die Druckgeschwindigkeit von bis zu 90 Millimetern pro Sekunde ist gut, ließ sich bei der Software aber nur in drei Stufen (Langsam - Standard - Schnell) regeln.

Der 3D-Scan war ebenfalls eine Herausforderung. Die Funktion wurde an die Software XYZ Scan ausgelagert, die zumindest unter Mac OS X optisch nicht von XYZWare zu unterscheiden ist. Per Klick auf “Scan” wird allerdings ein zusätzlicher Assistent gestartet, der die beheizte Plattform nach oben fahren lässt und einen kleinen Drehteller darunter offenlegt. Auf diesen stellt der Benutzer das gewünschte Objekt, das dann mithilfe von Kameras und Lasern eingescannt wird. Der Vorgang dauert knapp fünf Minuten und ist recht simpel gehalten. Doch auch wenn der Vorgang einfach zu verstehen ist, ein erfolgreicher Scan gelang nur selten.

So bereitete schon die Wahl des richtigen Gegenstandes Probleme. Das perfekte Objekt zum 3D-Scan muss hell sein und ohne transparente oder spiegelnde Oberflächen auskommen. Zudem muss es zumindest drei mal drei mal drei Zentimeter groß sein, da kleinere Objekte nicht erkannt werden. So weit, so gut, doch was trifft auf diese Beschreibung zu? Tatsächlich ließen sich nur einfarbige Objekte mit matten Oberflächen befriedigend scannen, andere Gegenstände wurden nur teilweise erkannt. Der Hersteller rät sogar dazu, glänzende oder dunkle Oberflächen mit einem weißen Gummispray zu lackieren, sodass diese besser erkannt werden können.

Die futurezone hat im Rahmen des Tests zahlreiche Materialien ausprobiert: Plüsch, Gummi, Holz, matter Kunststoff und Metall. Die wenigsten Probleme bereitete matter Kunststoff. Alle anderen Oberflächen lieferten mäßige Scan-Ergebnisse, meist stürzte die Software beim Erstellen des 3D-Modells ab oder lieferte lediglich Bruchstücke des gesamten Objekts. Je nach Komplexität des gescannten Gegenstandes kann das Erstellen der 3D-Datei einige Minuten dauern.

Der Export ist lediglich im STL-Format möglich. Im Test kam es zu einem kuriosen Fehler. So wurde in der Mac-Version ein gescannter Minion sowie ein Yoshi-PEZ-Spender mit dem davor erfassten Android-Männchen vermischt und ließen sich nicht mehr voneinander trennen.

Die Software lässt dem Benutzer kaum Freiheiten, bis auf die Helligkeit der Aufnahme lässt sich im Vorfeld des Scans nichts einstellen. Auch die Tool-Tipps, die immer wieder angezeigt werden, sind zwar lobenswert, helfen meist bei der Fehlersuche wenig. Die Software füllt zwar grob nicht erkannte Flächen, verrichtet hier aber keine besonders gute Arbeit. Meist muss man mit Software-Tools wie Netfabb kleine Fehler korrigieren und falsch gefüllte Flächen ausbessern. In der Windows-Version kann das Modell zudem automatisch geglättet werden.

Der Da Vinci 1.0 AiO wäre gern ein Plug-and-Play-Gerät, ist es aber leider nicht. Nach wie vor muss der Benutzer mit den richtigen Einstellungen experimentieren und gelegentlich selbst am Gerät herumschrauben. XYZ Printing wirkt jedoch sichtlich bemüht, den Einstieg zu erleichtern. Auf der Support-Webseite finden sich neben der Anleitung und FAQs auch gute YouTube-Videos, in denen die Grundlagen und die wichtigsten Wartungsmaßnahmen erklärt werden. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, ist als Einsteiger gut bei XYZ Printing aufgehoben.

Aber auch fortgeschrittene Nutzer könnten mit dem proprietären 3D-Drucker ihren Spaß haben. Im Gegensatz zum Cubify Cube hat XYZ Printing ausreichend Schlupflöcher für Hacker gelassen, sodass auch normale G-Code-Dateien und herkömmliches Filament genutzt werden können. Der 3D-Scanner ist jedoch nicht mehr als ein nettes Gimmick. Ein Hand-Scanner, wie der 3D Systems Sense, oder eine Kinect verrichten ähnlich gute Arbeit. Daher ist der ansonsten baugleiche Da Vinci 1.0 (ohne All-in-One) um 599 Euro interessanter.

Modell:
XYZ Printing Da Vinci 1.0 All-in-One
Maße:
46,8 x 51 x 55,8 cm, 27,5 Kilogramm
Maximale Größe des Objekts:
20 x 20 x 20 cm (Scan: 15 x 15 x 15 cm)
Verwendbares Material:
PLA, ABS (nur offizielle Cartridges)
Druckauflösung:
bis zu 0,1 Millimeter (Scan: 0,5 Millimeter)
Unterstützte Betriebssysteme:
Microsoft Windows (ab XP), Mac OS X
Lieferumfang:
Drahtbürste, Spachtel, Netzkabel, UHU-Stick
Preis:
799 Euro

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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