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iPhone 12 Pro im Test: Fast perfekt, aber schwer verkäuflich

Auch in diesem Jahr gibt es mit dem iPhone 12 Pro und dem iPhone 12 Pro Max wieder zwei hochwertigere Modelle im Portfolio. Das von uns getestete iPhone 12 Pro besitzt die identischen Maße wie das reguläre iPhone 12 (zum futurezone-Test). Wie im Vorjahr kommt es mit einem zusätzlichen Teleobjektiv. Erstmals ist auch ein Lidar-Sensor verbaut, der das dreidimensionale Scannen von Objekten mittels Laser ermöglicht.

Premium von vorne bis hinten

Wirkt bereits das reguläre iPhone 12 mit seinem gebürsteten Aluminium-Rahmen hochwertig, setzt Apple beim Pro mit Edelstahlgehäuse und texturierter, matter Glasrückseite noch einen drauf. Alles an diesem Smartphone sieht nach Premium aus und fühlt sich durch die eckigere, geschliffenere Gehäuseform auch so an. Im Gegensatz zum günstigeren iPhone ist die Rückseite zudem weitaus weniger anfällig für Fingerabdrücke.

Mit 187 Gramm ist das Pro-Modell 15 Prozent schwerer als das gleich große iPhone 12. Auch das trägt zur hochwertigen Haptik bei: In der Praxis ist das leichtere iPhone 12 auf Dauer aber wohl angenehmer zu halten. Im Vergleich zum Pro-Vorjahresmodell ist das Gerät ein wenig flacher geworden. Durch die schmaleren Displayränder ist der Bildschirm gleichzeitig von 5,8 Zoll auf 6,1 Zoll gewachsen.

Gerüchte, wonach der hässliche schwarze Notch bei den aktuellen Modellen kleiner ausfällt, haben sich leider nicht bestätigt. Da das iPhone 12 nun auch mit OLED-Bildschirm ausgeliefert wird, fällt dieses Alleinstellungsmerkmal für das Pro nun weg. Lediglich bei der typischen Helligkeit hat das iPhone 12 Pro noch 175 Nits Vorsprung. Im Test war das aber kaum bemerkbar. Das Display besticht mit kräftigen, aber ausgewogenen Farben. Auch beim Pro verzichtet Apple auf die flüssigere 120-Hz-Darstellung.

Drei Kameras mit Nachtmodus

Während die Hauptkamera und Ultraweitwinkelkamera im Vergleich zum Vorjahr praktisch unverändert und mit dem günstigeren iPhone 12 ident sind, lockt das Pro einmal mehr mit einem Teleobjektiv als dritte Linse. Dieses erlaubt scharfe Detailaufnahmen aus der Nähe. Es hilft aber auch, wenn man entfernte Objekte ohne Qualitätsabstriche optisch „heranzoomen“ möchte.

Aber auch beim digitalen Zoom profitiert man beim Pro mit dem maximalen Faktor 10 statt 5 beim iPhone 12 – wenngleich diese maximale Vergrößerung in beiden Fällen kaum brauchbare Ergebnisse liefert. Neu ist in diesem Jahr, dass der Nachtmodus nun bei allen drei Kameras verwendet werden kann und nicht mehr nur bei der Hauptkamera. Um davon zu profitieren, braucht man beim Fotografieren mit Teleobjektiv allerdings ein sehr ruhiges Händchen – oder ein Stativ.

Weniger toll ist allerdings, dass die bessere optische Bildstabilisierung, ein neuer größerer Lichtsensor sowie bessere optische Zoommöglichkeiten dem größeren iPhone 12 Pro Max vorbehalten sein werden. Wer also das iPhone mit dem bestmöglichen Kamerasystem kaufen möchte, muss auf das unhandliche und noch teurere Pro Max warten, das im November auf den Markt kommen wird. Zumindest das neue Bildformat ProRAW wird künftig bei beiden Pro-Modellen zur Verfügung stehen. Es war beim Testen noch nicht verfügbar.

Lidar: Spannendes Zukunftsfeature

Die Integration des sogenannten Lidar-Sensors (Light Detection and Ranging), der im iPad Pro seine Premiere feierte, ist die einzige Neuerung, die das iPhone 12 Pro weder mit dem Vorjahresmodell noch mit dem regulären iPhone teilt. Dass Apple diese Funktion bei der Präsentation sträflich vernachlässigte, hat einen einfachen Grund: Es fehlt noch an entsprechenden Anwendungen.

Was sich mit dem laserbasierten Scanner anstellen lässt, zeigt etwa die 3DScanner App. Mit dieser lassen sich Objekte, aber auch ganze Räume dreidimensional erfassen. In wenigen Sekunden den eigenen Holzofen als virtuelles 3D-Objekt erstellen zu können oder das Wohnzimmer aus allen Winkeln betrachten zu können, ist definitiv faszinierend.

Bei der Umsetzung und Bearbeitung derartiger Scans gibt es noch Luft nach oben. Für das Thema Augmented Reality und der offenbar in Entwicklung befindlichen Apple-Brille wird Lidar künftig aber noch eine wichtige Rolle spielen. Auch beschlich mich beim Testen ein wenig das Gefühl, dass man angesichts rar gesäter Apps und Anwendungen in dem Bereich viele künftige Einsatzmöglichkeiten maximal erst erahnen kann.

Zimmer und Personen messen

Auch Apple selber hält sich diesbezüglich bisher eher bedeckt. Profitieren von dem neuen Sensor kann man etwa in der Apple-App „Maßband“, mit der man z.B. ein Zimmer ausmessen kann, neuerdings aber auch die Größe von Personen erfassen kann. Ersteres konnte man zwar auch bisher schon. Im direkten Vergleich mit dem iPhone 12 ohne Lidar-Sensor zeigt sich das System beim Pro weitaus zuverlässiger.

Darüber hinaus soll der Sensor auch zu einem besseren Autofokus und generell besseren Porträtbildern bei schlechten Lichtverhältnissen beitragen. Im direkten Vergleich mit dem iPhone 12 war dieser Effekt allerdings absolut vernachlässigbar.

5G: Noch kein Killerfeature

Auch bei der 5G-Unterstützung unterscheidet sich das Pro-Modell nicht vom iPhone 12. Dass Apple besonders viele Frequenzbänder unterstützt, ist löblich und macht das Gerät relativ zukunftssicher. Die erzielbaren Download- und Upload-Raten sind beeindruckend, wenn man denn einen Hotspot erwischt. Der Höchstwert, den wir im Magenta-Netz messen konnten, war 256 Mbps beim Downlink. Uploads funktionierten durchgehend bei etwas mehr als 50 Mbps. Bei 5G-Hotspots bot aber auch das LTE-Netz Raten von 100 Mbps und mehr.

In der Praxis ist das Netz aber noch zu wenig flächendeckend ausgebaut. Viele User verfügen zudem nicht über einen Tarif, in dem die 5G-Nutzung inkludiert ist. Aktuell gibt es zudem Einschränkungen bei der Nutzung von 5G mittels Dual-SIM. Wer das iPhone 12 Pro geschäftlich mit einer zweiten SIM-Karte nutzt, kann auf beiden Leitungen maximal mit LTE surfen. Apple dürfte diese Einschränkung zwar mittels Software-Update aus der Welt schaffen – ein konkretes Datum dafür wurde bisher aber nicht genannt.

A14 und Akku

Wie bereits beim iPhone-12-Test angemerkt, ist der verbaute A14-Chip der wohl leistungsstärkste Smartphone-Chip der Welt. Interessanterweise zeigen die Benchmark-Tests kaum Unterschiede zwischen dem Pro- und dem regulären iPhone-12-Modell. Wer mehrere ressourcenaufwändige Apps in kurzer Abfolge verwendet und zwischen diesen hin- und herwechselt, könnte beim Pro von 6 GB RAM profitieren. Das reguläre Modell besitzt nur 4 GB.

Beim Akku ist das iPhone 12 Pro laut offiziellen Apple-Angaben ein Rückschritt zum Vorjahresmodell. Statt 18 Stunden Videowiedergabe gibt Apple nun nur mehr 17 Stunden an. Um den Akkuverbrauch seriös bewerten zu können, war der Testzeitraum leider zu kurz. Nach dem ersten Eindruck lässt sich aber sagen, dass das neue iPhone sicherlich keinen Preis für die längste Handy-Akkudauer der Welt bekommen wird.

Einen Tag hält das Gerät zwar mit Sicherheit durch – spätestens am nächsten Morgen muss es aber wieder aufgeladen werden. Auch beim teureren Pro-Modell verzichtet Apple bis auf ein Lightning-USB-C-Kabel auf inkludiertes Zubehör. Weder das neue magnetische Ladekabel ist inkludiert, noch ein Netzteil oder kabelgebundene Kopfhörer.

Fazit: Schwer verkäuflich

Keine Frage: Das iPhone 12 Pro ist das hochwertigste und vielleicht schönste Modell, das Apple jemals auf den Markt gebracht hat. Mit 1149 Euro wurde es zumindest nicht teurer und profitiert von einem Speicher-Upgrade auf 128 GB. Dass man damit aber nicht das beste iPhone-Kamerasystem bekommt – dieses ist dem iPhone Pro Max vorbehalten – ist ärgerlich.

Auch macht es Apple einem in diesem Jahr nicht leicht, die Mehrkosten von 250 Euro für das Pro-Modell zu rechtfertigen. Denn bis auf den Lidar-Sensor, die dritte Kamera und das noch hochwertigere Material ist das iPhone 12 Pro mit dem regulären iPhone 12 identisch. Wer als direkten Vergleich das 128-Gigabyte-Modell hernimmt, muss für das Pro immer noch 200 Euro mehr zahlen.

Bei astronomischen Preisen im 1000-Euro-Bereich mag das für manche keine allzu große Rolle spielen. Für viele gelten die 1000 Euro aber immer noch als psychologische Hürde und 200 Euro sind nun mal nicht nichts. Als Alternative zum iPhone 12 können Apple-User, die auf die dritte Kamera nicht verzichten wollen, auf ein iPhone 11 Pro zurückgreifen. Apple führt dies nicht mehr offiziell im Portfolio, im Handel gibt es dieses aber noch ab 900 Euro.

Disclaimer: Das iPhone 12 Pro wurde uns für einen begrenzten Zeitraum von Magenta zur Verfügung gestellt

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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