LG G4: Die schnellste Smartphone-Kamera im Wilden Westen
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Der südkoreanische Konzern LG scheint ein Sicherheitsproblem zu haben. Das neue Flaggschiff G4 war bereits Wochen vor dessen offiziellen Vorstellung in seiner vollen Pracht zu sehen. Leak um Leak wurde jedes einzelne Detail offengelegt, sodass es bei der Präsentation Ende April keinerlei Überraschungen gab. Nicht einmal die Leaks vom HTC One M9 waren dermaßen umfangreich.
Dennoch fand das Ergebnis Anklang, nicht nur unter LG-Fans. Mit dem neuen Flaggschiff will der Smartphone-Hersteller aus dem Schatten des südkoreanischen Konkurrenten Samsung hervortreten. Dabei sollen eine stark verbesserte Kamera, ein leichter Buckel sowie edles Design helfen. Die futurezone hat das G4 und dessen womöglich schnellste Kamera im wilden Smartphone-Westen getestet.
Optisch setzt das G4 die Designsprache seiner Vorgänger fort. Dabei hat das Smartphone trotz gleichbleibender Bildschirmgröße etwas zugelegt. Es ist nun je zwei Millimeter breiter und höher, zudem wiegt es knapp sechs Gramm mehr. Der Platz wird effizient genutzt, das Bildschirm-zu-Gehäuse-Verhältnis liegt mit 72,5 Prozent weiterhin im Spitzenfeld. Lediglich der Rahmen rechts und links neben dem Bildschirm hätte noch schmaler ausfallen dürfen.
Unscheinbares Leder
Das gebogene Design trägt positiv zum Handling bei. Das Smartphone schmiegt sich dank seiner Rundungen angenehm in die Handfläche, auch rasches Umgreifen ist kein Problem. Dafür ist vor allem die griffige Rückseite verantwortlich, die laut LG aus Echtleder gefertigt wurde. Sie macht zwar einen hochwertigen Eindruck und ist angenehm rau, könnte aber ebenso gut aus Kunstleder gefertigt sein. Die mit Leder überzogene Kunststoff-Rückseite ist abnehmbar, gibt aber auch unter Druck keinen Millimeter nach. Im Vergleich zu Sonys Smartphone-Spitzenmodellen sollte man das G4 von Wasser fernhalten, es ist nicht wasser- oder staubdicht.
Obwohl das Smartphone gebogen ist, setzt LG weiterhin auf einen IPS-LC-Bildschirm. Üblicherwerweise kommen bei derartig ungewöhnlichen Formaten, beispielsweise beim gebogenen G Flex 2 sowie der runden Android-Wear-Smartwatches G Watch R, die P-OLED-Technologie zum Einsatz. Der Qualität des Bildschirms schadet das jedoch nicht, auch aus steilen Blickwinkeln bleibt der Inhalt gut erkennbar. Leider ist der Bildschirm sehr anfällig für Spiegelungen, vor allem bei Tageslicht. Die hohe Helligkeit gleicht dies meist aus, an einem sehr sonnigen Tag lässt sich der Bildschirm aber deutlich schwerer ablesen.
LG konnte trotz zahlreicher Leaks bei der Präsentation des G4 aber dennoch überraschen: Statt des aktuellen High-End-Chips Snapdragon 810 kam das “kleinere” Modell Snapdragon 808 zum Einsatz. Warum eigentlich? Rasch wurde spekuliert, dass die Hitzeprobleme des Snapdragon 810 der Grund für den Wechsel seien. Auch Samsung hat Gerüchten zufolge darum auf den neuen Qualcomm-Chip verzichtet. LG dementiert, die Entscheidung für den Snapdragon 808 sei bereits lange vor dem Bekanntwerden der Hitzeprobleme gefallen.
3DMark (Ice Storm Unlimited, v1.2): 18.416 Punkte
AndroBench (Version 4.0.1, sequentielles Lesen/Schreiben): 246,27 / 90,11 MB/s
AnTuTu (v5.7.1, 64 Bit): 47.813 Punkte
PCMark (v1.1): 4.520 Punkte
Quadrant (v2.1.1): 25.067 Punkte
Die gute Nachricht: Der Snapdragon 808 wird nicht zu heiß. Tatsächlich wurde das Gehäuse selbst unter hoher Last in den Benchmarks kaum warm. Auch bei der Leistung müssen im Vergleich zum “großen Bruder” kaum Abstriche gemacht werden. Im Durchschnitt liegt der Snapdragon 808 knapp fünf bis zehn Prozent hinter dem Snapdragon 810. Im Alltag macht sich das aber kaum bemerkbar. Überraschend ist auch, dass der etwas schwächere Grafikchip Adreno 418 (172,8 GFLOPS) in den Benchmarks kaum schlechter als das Spitzenmodell Adreno 430 (324 GFLOPS) abschneidet, das beim Snapdragon 810 zum Einsatz kommt.
Rasch geleert und geladen
Obwohl nur sechs Kerne “gefüttert” werden müssen, ist der Hunger nach Energie ungebrochen hoch. Im Test kam das G4 locker durch einen üblichen Arbeitstag, bei intensivem Gebrauch (zwei Stunden aktiver Bildschirm, GPS und Bluetooth aktiviert, vier Stunden Spotify) war nach knapp 14 Stunden Schluss. Dank der Quickcharge-Technologie ist der Akku aber rasch wieder geladen. Mit dem mitgelieferten Ladekabel ließ sich der Akku in 30 Minuten zur Hälfte füllen, nach etwas mehr als einer Stunde war der 3000-mAh-Akku vollständig geladen. Ebenfalls praktisch: Mit an Bord ist ein IR-Blaster, dank dem das Smartphone als Multifunktions-Fernbedienung für Fernseher, Audio-Anlage oder Apple TV eingesetzt werden kann.
Wie viele andere Smartphone-Hersteller legt auch LG bei seinem neuen Flaggschiff den Fokus auf die Kamera. Der Sensor (Sony IMX234) wurde etwas vergrößert und misst nun 1/2.6” (zuvor 1/3”). Trotz des größeren Sensors ist die Pixelgröße von 1,2 auf 1,12 µm gesunken. Das soll jedoch eine sechsteilige Linse mit hoher Lichtempfindlichkeit (f/1.8 gegenüber f/2.4 beim G3) ausgleichen. Komplettiert wird das Paket von einem optischen Bildstabilisator (drei statt nur zwei Achsen), Laserfokus sowie einem Dual-LED-Blitz.
Die Ergebnisse sind gelungen, auch wenn die Unterschiede im Vergleich zur Vorgänger-Kamera marginal sind. Doch die zusätzlichen drei Megapixel verbessern den Detailgrad und die Schärfe von Aufnahmen. Das wird vor allem an feinen Details, wie den Streben eines Riesenrads, deutlich. Auch das Bildrauschen konnte erheblich reduziert werden. Eine Aufnahme der Berliner Gedächtniskirche bei Nacht ist nahezu rauschfrei, lediglich an den etwas schlechter ausgeleuchteten Stellen macht sich etwas Rauschen bemerkbar. Die Details bleiben dennoch erhalten. Auch bei einer weniger gut ausgeleuchteten Aufnahme macht die Kamera des G4 eine hervorragende Figur. An den dunklen Stellen ist zwar bei höherer Zoom-Stufe Rauschen erkennbar, der Inhalt bleibt aber gut erkennbar.
Spielzeug für Fotografen
Highlight des Kamera-Gesamtpakets ist die Kamera-App, die insgesamt drei verschiedene Modi bietet: Einfach (nur Auslöser), Allgemein (mit etwas mehr Optionen) sowie manueller Modus. Letzterer ist das wahre Highlight des G4. Smartphone-Fotografen können sich nach Lust und Laune austoben. Neben der Farbtemperatur (in 100-Kelvin-Schritten) dürfen Fokus, ISO (von ISO 50 bis 2700) und Belichtungsdauer (1/6000 bis 30 Sekunden) manuell eingestellt werden.
Schnell gestartet
Für die Frontkamera muss man auf den manuellen Modus verzichten. Die Frontkamera löst mit acht Megapixeln auf und kann mit den üblichen Features aufwarten: Beauty-Modus, Fernauslöser per Sprache und Dual-Aufnahmen. Die Weitwinkellinse (f/2.0) macht zwar den Selfie-Stick nicht überflüssig, mit etwas Strecken passen aber je drei Leute links und rechts vom Fotografen auf das Selfie.
LG setzt beim G4 auf seine hauseigene Oberfläche LG UX 4.0. Diese ist zwar immer noch sehr verspielt und bunt, hat sich in den vergangenen Jahren aber auch zu einer flotten und vielseitigen Alternative zum Stock-Launcher entwickelt. So reagiert die Oberfläche schnell und ohne unnötige Animationen. Etwas lästig, aber deaktivierbar: Wie HTCs BlinkFeed hat LG eine “Startseite” für den schnellen Überblick integriert. Wischt der Benutzer vom Homescreen nach links wird diese geöffnet. Statt Nachrichten werden Google-Now-ähnliche Karten angezeigt, wie beispielsweise die zurückgelegten Schritte, aktuelle Termine, ein Musikplayer-Widget, eine Fernbedienung oder die aktiven “Smart Settings” anzeigen.
Diese sind tatsächlich nützlich, sofern man noch keine App wie Tasker benutzt. Der Benutzer kann bestimmte Einstellungen anhand des Standortes regeln lassen. Sobald man zu Hause ist, wird beispielsweise auf Wunsch das WLAN aktiviert und das Smartphone auf laut gestellt. Die Auswahl ist leider noch beschränkt, sowohl in den Einstellungen als auch den verfügbaren Standorten. Praktisch: Das Wetter- und Uhren-Widget auf der Startseite liefert regelmäßig “Smart Cards” aus, die Wettervorhersagen liefern oder vor Apps warnen, die den Akku ungewöhnlich rasch leeren. LG verzichtet glücklicherweise auf Apps von Drittherstellern (mit der Ausnahme von Google-Apps). Knapp 21 der 32 Gigabyte an internem Speicher sind frei verfügbar, der Speicher kann aber per microSD-Karte erweitert werden.
Das LG G4 bietet eines der besten Gesamtpakete, die es derzeit am Smartphone-Markt gibt: Moderne Hardware, gute Performance sowie ein tauschbarer Akku und erweiterbarer Speicher. Doch dem Smartphone droht ein ähnliches Schicksal wie dem ebenso hervorragenden HTC One M9. Der Unterschied zum Vorgänger ist zu gering, auch optisch. Wer bereits ein G3 besitzt, hat eigentlich kaum einen Grund, zum neuen Top-Modell zu greifen.
Modell:
LG G4
Display:
5,5 Zoll IPS LC-Bildschirm - 2560 x 1440 Pixel (16:9, 538 ppi, geschützt von Gorilla Glass 3)
Prozessor:
Hexacore-SoC (1,82 GHz A57 Dualcore und 1,44 GHz A53 Quadcore, Qualcomm Snapdragon 808)
RAM:
3 Gigabyte
Speicher:
32 GB intern, microSD-Kartenslot
Betriebssystem:
Android 5.1
Anschlüsse/Extras:
microUSB, Bluetooth 4.1, WLAN (a/b/g/n/ac), LTE
Akku:
3.000 mAh
Kamera:
16 Megapixel (Rückkamera, optischer Bildstabilisator, Dual-LED-Blitz), 8 Megapixel (Frontkamera)
Videos:
Aufnahme in 2160p bei 30 fps möglich
Maße:
148,9 x 76,1 x 9,8 mm (an der dünnsten Stelle 6,3 mm), 155 Gramm
Preis:
649 Euro (UVP)
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