Logi Circle: Die Überwachungskamera, die keine sein will
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Logitech hat unter seiner Submarke Logi die Kamera Circle im Sortiment. Die futurezone hat die Überwachungskamera, die lieber ein Archivar des Alltags sein will, getestet.
Einrichten
Logitech wirbt damit, dass die Circle in nur 60 Sekunden eingerichtet ist. Das stimmt, wenn man sich schnell genug ein Passwort für das benötigte Logitech-Konto überlegt. Das Einrichten des Kontos ist Pflicht, da die Verbindung zur Kamera immer über einen Cloud-Server erfolgt.
Das erste Konfigurieren der Circle erfolgt über Bluetooth, um das WLAN auszuwählen und das Passwort einzugeben. Will man danach das WLAN wechseln, muss man die Kamera aus der App entfernen und neu verbinden. Ist die Kamera nicht mehr über die App erreichbar, wird sie per Reset-Knopf und Büroklammer zurückgesetzt.
Kugelrund
Die Circle ist rund und etwas größer als ein Tennisball. Durch das weiße Gehäuse und die Form sieht sie recht freundlich für eine Überwachungskamera aus, ist aber immer noch auf den ersten Blick als Kamera erkennbar, im Gegensatz zu Produkten wie Netatmo Welcome und Withings Home.
Die Ladestation hat ein drei Meter langes USB-Kabel, um genügend Spielraum bei der Positionierung zu bieten. Die Kamera kann auf dem Ring der Ladestation um 360 Grad gedreht werden. Der Winkel ist um 90 Grad nach oben, aber nur etwa 20 Grad nach unten verstellbar. Das 135-Grad-Weitwinkel-Objektiv kompensiert das nicht ausreichend. Positioniert man die Kamera höher im Raum, muss man etwas darunter legen, um den gewünschten Winkel zu erreichen.
Alternativ kann die Kamera kopfüber montiert werden. Der untere Ring der Ladestation hat drei Löcher, um sie an die Wand oder Decke zu schrauben. Die Kamera hält per Magnet relativ stabil im Ring. Der Ladering kann vom unteren Ring abgenommen werden. So kann der Ring angeschraubt bleiben, während man die Kamera samt Netzteil in einem anderen Zimmer platziert.
Akkubetrieb
Die Kamera hat einen Akku verbaut, um ohne Ladestation agieren zu können. Im Normalbetrieb, mit Push-Benachrichtigungen, waren im Test dreieinhalb Stunden Betrieb möglich. Im Akkusparmodus, bei dem die Kamera nicht auf Bewegungen reagiert, sind laut Logitech bis zu zwölf Stunden Laufzeit möglich.
Die Idee hinter dem eingebauten Akku ist, die Kamera für bestimmte Situationen kurzfristig an einem anderen Ort aufstellen zu können. Kocht man etwa gerade und das Kind spielt im Garten, kann die Kamera draußen platziert werden. Outdoor-geeignet und gegen Wettereinflüsse geschützt ist die Circle aber nicht. Soll sie dauerhaft nach draußen filmen, muss sie am Fenster platziert werden.
Alles in der Cloud
Die Circle hat keinen eingebauten Speicher, auf dem man als User zugreifen kann. Der Nutzer muss immer den Umweg über die Cloud gehen. Erkennt die Circle Bewegung, wird der entsprechende Clip 24 Stunden lang in der Cloud gespeichert. In dieser Zeit kann man das Video auf das Smartphone oder Tablet herunterladen – auch das Speichern von Screenshots ist möglich. Logitech plant künftig kostenpflichtige Abos anzubieten, die das längere Abrufen von Videos erlauben.
Logitech weist in der Datenschutzerklärung darauf hin, dass das Unternehmen nicht auf die in der Cloud gespeicherten Inhalte zugreift. Die Übertragung zwischen Kamera und Cloud ist mit AES verschlüsselt. Wie bei allen Überwachungs-, Lifestyle- und Webkameras muss der User die geltenden Datenschutz- und Privatsphärebestimmungen beachten - auch wenn es die eigenen Kinder, Mitbewohner oder Ehepartner sind, die gefilmt werden.
Tages-Highlights
Ein manuelles Ansehen der Aufnahme zu einer Wunsch-Tageszeit ist nicht möglich. Hat die Circle keine Bewegung erkannt, gibt es auch keine Aufnahme. Die Bewegungserkennung hat im Test auf bis zu zehn Meter funktioniert, wenn zwischen Circle und Objekt kein Hindernis war. Ist etwa ein Baum oder Gebüsch beim Filmen im Garten teilweise im Bild, wird ein dahinter vorbeigehender Mensch nicht mehr als Bewegung erkannt, auch wenn er im Live-Bild gut zu sehen ist.
Über die App kann mit der Funktion Tages-Resümee ein Zeitraffer-Video mit den „Highlights“ des Tages generiert werden. Diese bezieht nur Aufnahmen von Anfang des Tages (00:00 Uhr), bis zum Zeitpunkt des Generierens ein - nicht, wie aufgrund des Namens vermutet, Aufnahmen der vergangenen 24 Stunden.
App-Steuerung
Die Circle wird nur über die App verwendet, die für Android und iOS verfügbar ist. Ein Browser-Interface gibt es nicht. Die App ist simpel gehalten. An der rechten Seite sind die Zeitpunkte zum Auswählen, an denen Clips aufgenommen wurden. Wischt man vom linken Rand zur Bildmitte, öffnet man die Steuerung.
Hier kann der Akkusparmodus aktiviert sowie die automatische Nachtsicht und die LED-Leuchte abgeschaltet werden, die signalisiert, ob die Kamera gerade aufnimmt. Die Streaming-Auflösung ist nicht einstellbar. Dafür können aber mehrere Kameras in der App verwaltet werden.
Gegensprech-Funktion
Die Circle hat ein Mikrofon und Lautsprecher eingebaut. Zu den Videos wird so auch Ton aufgenommen. Außerdem kann die Kamera als Gegensprechanlage genutzt werden. Lässt man das entsprechende Icon in der App gedrückt, wird der Ton übertragen.
Die Tonqualität der Aufnahme der Circle ist gut, wenn auch etwas leise. Wenn sich Menschen weiter als zwei Meter entfernt befinden und mit normaler Lautstärke sprechen, ist die Aufnahme kaum verständlich. Die Tonausgabe der Kamera ist überraschend laut, die Stimme klingt aber blechern.
Die Verzögerung zwischen ins Handy sprechen und aus der Kamera hören ist etwa eine Sekunde. Die Verzögerung des Live-Bildes der Kamera, das am Smartphone oder Tablet sichtbar ist, beträgt oft bis zu zwei Sekunden.
Benachrichtigungen
Auf Wunsch kann die Circle Push-Benachrichtigungen schicken, wenn Bewegungen erkannt werden. Logitech verspricht eine intelligente Erkennung, die nur bei wichtigen Bewegungen Alarm schlägt. Im Test funktionierte das zu immerhin 80 Prozent. Die Kamera wurde unter anderem an einem Raumende aufgestellt, um zu alarmieren, wenn eine Person den Raum betritt. Sie schlug aber auch Alarm, wenn eine Person nur im Gang vor der Türe vorbeiging. Man muss also mit der Positionierung der Circle experimentieren, um das optimale Ergebnis zu erzielen.
Die Bewegungserkennung ist nicht konfigurierbar, um etwa Zonen einzustellen, in denen die Circle Bewegung ignoriert oder besonders empfindlich reagiert. Das liegt nicht daran, dass das technisch nicht möglich ist, sondern, dass Logitech eine bewusst einfache Handhabung der Circle erreichen wollte.
Ebenfalls nicht möglich ist das Einstellen von Benachrichtigungen, wenn Geräusche erkannt wurden. So hätte man die Circle effektiver als Babyalarm oder Babyphone nutzen können.
Störend ist, dass der Zeitpunkt der Benachrichtigungen nicht immer mit dem Timecode der Clips übereinstimmt. So wurde etwa die Benachrichtigung über eine Bewegung mit der Uhrzeit 15:11 angezeigt – in der App gab es aber nur Clips von 15:07 und 15:13 zu sehen.
Bildqualität
Die Circle ist zwar technisch in der Lage Full-HD-Videos aufzunehmen, die in der Cloud abrufbaren Clips lassen sich aber nur in 720p am Smartphone abspeichern. Immerhin werden die Videos mit 29 Bildern pro Sekunde aufgenommen und wiedergegeben. Laut Logitech ist der Livestream in Full HD. Im Test war aber zwischen Live-Stream und 720p-Cloud-Video kein qualitativer Unterschied zu bemerken.
Durch die geringe Auflösung und hohe Komprimierung sind starke Artefakte in den Videos sichtbar. Gesichter sind deshalb nur auf eine Entfernung von zwei bis maximal drei Meter bei ausreichend Licht gut erkennbar.
Die 135-Grad-Weitwinkel-Linse verzerrt das Bild etwas, das ist aber weit weniger störend als die Artefakte und die niedrige Auflösung.
Bei wenig Licht wird automatisch der Nachtsicht-Modus aktiviert, der auf Wunsch deaktiviert werden kann. Dieser funktioniert per Infrarot. Logitech gibt die Reichweite mit bis zu 4,5 Metern an. Bei einem komplett dunklen Raum waren es im Test eher zwei bis drei Meter, auf vier Meter konnte man gerade noch Konturen von hellen, großen Objekten erkennen. Bei Resthelligkeit, etwa wenn die Straßenbeleuchtung oder ein Licht im Gang in den Raum scheint, ist die Erkennbarkeit sogar auf fünf bis sechs Metern möglich.
Fazit
Das Prinzip der Circle erinnert an die Lifestyle-Überwachungskameras Netatmo Welcome und Withings Home. Mit einem UVP von 200 Euro kostet sie auch so viel wie die Konkurrenz. Die Möglichkeit die Kamera kurzfristig woanders zu positionieren, ohne die Ladestation mitnehmen zu müssen, ist gut. Dass die Videos nur in 720p statt in 1080p, wie bei Netatmo und Withings, zur Verfügung stehen, ist schlecht. Will man wirklich die Video-Highlights seiner spielenden Kinder archivieren, wie es Logitech auf seinerWebsite suggeriert, sollte die Auflösung und Bildqualität besser sein.
Immerhin ist die Circle kompakter als die Kameras von Netatmo und Withings. Bis auf die Gegensprech-Funktion gibt es aber keine Extra-Features, wie etwa Gesichtserkennung oder zusätzliche Sensoren. Als echte Überwachungskamera zu Sicherungsmaßnahmen taugt die Circle nur bedingt, da es weniger Einstellungsmöglichkeiten als bei Security-WLAN-Kameras gibt.
Die Stärke der Circle ist die simple Bedienung. Das Gadget ist einfach zu nutzen, auch für User, die sich noch nicht mit echten Überwachungskameras oder Lifestyle-WLAN-Kameras auseinandergesetzt haben - und dies auch nicht wollen. Wer einfach nur sehen will, was die Katze unter Tags im Wohnzimmer macht (und sie vielleicht dabei erwischen will, wenn sie das Sofa als Kratzbaum nutzt), wird mit der Circle zufrieden sein.
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