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Test

Mindwave Mobile: Gedankensteuerung mit Hindernissen

Das Mindwave Mobile ist ein Headset, das über einen Arm mit einer Elektrode verfügt, die über dem linken Auge auf der Stirn aufliegt und die elektrische Aktivität des Gehirns aufzeichnet. Zusätzlich wird eine Referenz-Messung mittels einer am Ohrläppchen zu befestigenden Klammer durchgeführt. So soll ein Elektroenzephalogramm (EEG) auf Forschungsniveau möglich sein. NeuroSky verkauft das Gerät als “günstigen Einstieg in die Welt der Gehirn-Maschine-Schnittstellen”.

Das Headset verfügt über einen anpassbaren Bügel, der allerdings für größere Köpfe nicht sonderlich geeignet ist und etwas instabil wirkt. Der Sensorarm kann ebenfalls manuell verstellt werden, es ist normalerweise kein Problem, für eine gute Verbindung zwischen Sensor und Stirn zu sorgen. Die Spange, die am linken Ohr befestigt werden muss, ist jedoch schon beim ersten Anlegen unangenehm und bei längerem Einsatz tut die Klammer richtig weh. Auch der Kopfbügel selbst drückt bei dauerhafter Verwendung auf die Schläfengegend.

Batterie statt Akku

Das Gerät benötigt eine AAA-Batterie. Ein wiederaufladbarer Akku wäre hier besser gewesen, vor allem da die Batterie oft ausgetauscht werden muss. Der Hersteller gibt an, dass eine Batterie bis zu acht Stunden halten soll. Im futurezone-Test wurde dieser Wert aber nicht erreicht. Schon nach rund sieben Stunden war unsere Test-Batterie leer.

Die Software

Das Herstellen einer Verbindung zu einem Smartphone klappt im Test mit einem Samsung Galaxy S3 problemlos, auch die Verbindung zu einem Windows-8-Notebook funktioniert auf Anhieb. Um das Mindwave Mobile nutzen zu können, muss zuerst eine entsprechende Software installiert werden. Die ist für Smartphones im jeweiligen App-Store erhältlich. Für die Verwendung am PC liefert NeuroSky eine CD mit, auf der einige grundlegende Programme enthalten sind.

Das Angebot an kompatiblen Anwendungen ist überschaubar und unterteilt sich im Wesentlichen in zwei große Teilbereiche: Anwendungen zur Visualisierung und Dokumentation von Hirnströmen sowie Spiele. Die Apps, die sich mit der Messung der Hirnwellen beschäftigen, teilen die gemessenen elektrischen Ströme in verschiedene Frequenzbänder auf, die dann jeweils Alpha-, Beta-, Gamma-, Delta- und Theta-Wellen repräsentieren.

Der auf der CD-ROM mitgelieferte “Brainwave Visualizer” analysiert die Verteilung der Hirnwellen-Typen und ermittelt daraus zusätzlich zwei weitere Werte für Aufmerksamkeit und Meditation. Das Unterhaltungspotenzial solcher Visualisierungen hält sich in Grenzen. Anfangs ist es zwar lustig, sich anzusehen, was die eigenen grauen Zellen gerade so treiben und zu versuchen, die Hirnaktivität zu beeinflussen. Der Amüsier-Faktor nutzt sich aber relativ schnell ab. Wer ein wissenschaftliches Interesse an seinen Hirnströmen hat, dürfte damit eher glücklich werden.

Alpha bis Omega

Der Brainwave Visualizer liefert natürlich auch Informationen zu den verschiedenen Hirnwellen, damit auch Laien eine Vorstellung davon bekommen, in welchen Bewusstseinszuständen die einzelnen Frequenzbänder normalerweise auftreten. Zudem werden die von der Software aus der Kombination der verschiedenen Wellen errechneten Werte für Aufmerksamkeit und Meditation separat auf zwei Tachometer-Skalen angezeigt. Der Versuch, die Gehirnaktivität bewusst zu steuern, gestaltet sich jedoch schwierig. Mit etwas Übung lassen sich aber zumindest Aufmerksamkeit und Meditation einigermaßen kontrollieren. Die Zusammensetzung der verschiedenen Hirnwellentypen scheint hingegen komplett außerhalb der Kontrolle des Trägers zu sein, zumindest ohne entsprechendes Training.

Da letztendlich nur elektrische Impulse gemessen werden, funktioniert das Mindwave Mobile übrigens auch, wenn das Gerät auf das Knie statt auf den Kopf aufgesetzt wird. Dann muss die Referenzelektrode, die fürs Ohrläppchen gedacht ist, mit dem Finger berührt werden. Diese Messungen lassen sich allerdings nicht beeinflussen. Während des Schreibens dieses Artikels verhalten sich die Gehirnwellen des Autors übrigens normal. Hohe Werte bei Alpha- und Beta-Wellen deuten auf konzentriertes Arbeiten hin. Lediglich die gelegentlichen Ausreißer bei den Delta-Wellen, die laut App eigentlich für traumlosen Tiefschlaf stehen, verwirren ein wenig. Schlimmer ist aber der Schmerz im Ohrläppchen, der schon richtig unangenehm ist.

Schwaches Angebot

Ebenfalls mitgeliefert wird ein Tutorial, das Usern die Funktionen des Mindwave erklärt. Hier können die drei beeinflussbaren Parameter getestet werden. Neben den Werten für Aufmerksamkeit und Meditation registriert das Gerät nämlich auch noch das Blinzeln seines Trägers. Diese drei primitiven Eingabemöglichkeiten sind es auch, die in den verfügbaren Spielen zum Einsatz kommen. Entweder es muss ein bestimmter Wert an Aufmerksamkeit oder Meditation erreicht werden, oder ein Blinzeln führt zum gewünschten Ergebnis.

Diese doch sehr limitierten Steuerungsbefehle führen dazu, dass die getesteten Spiele schnell langweilig werden. Zudem sind die im App-Store von NeuroSky verfügbaren Games teilweise einfach schlecht gemacht. “Adventures of NeuroBoy” etwa ist ein Spiel, in dem ein telekinetisch begabter Junge mit der Tastatur durch eine 3D-Welt gesteuert wird. Mit der Maus kann eine von vier Spezialfähigkeiten ausgewählt und auf einen herumliegenden Gegenstand angewendet werden. Dann muss in den Bereichen Konzentration oder Entspannung ein gewisser Schwellenwert erreicht werden, um die Aktion auch tatsächlich abschließen zu können.
Das Spiel ist grafisch lieblos gestaltet und auch die Steuerung lässt zu Wünschen übrig. Dass die Spezialfähigkeiten über das Mindwave gesteuert werden, ist anfangs zwar interessant, mangels Abwechslung wird das ganze aber schnell langweilig. Das gilt auch für die weiteren getesteten Spiele. Egal ob DoodleJump-Abklatsch oder Bogenschießen, die Steuerung über das Mindwave ist zu wenig vielfältig, um als Alleinstellungsmerkmal für ausreichenden Spielspaß zu sorgen.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit, die von NeuroSky angepriesen wird, ist die Beeinflussung von Videos mit dem MyndPlayer. Hier kann der Zuseher über seine Gehirnaktivität die Handlung mitgelieferter Kurzfilme beeinflussen. Ist ein Handlungsblock abgeschlossen, kann der Mindwave-Träger durch Konzentration oder Meditation beeinflussen, welcher Block als nächstes abgespielt wird. Der Aufbau ist also streng linear und könnte mit einer Maus wesentlich flotter bedient werden.

Fazit und Preis

Für Menschen, die schon immer einmal ihrem Gehirn bei der Arbeit zusehen wollten, ist das Mindwave Mobile eine interessante Option. Als EEG-Sensor funktioniert das Gerät soweit ganz gut. Ob tatsächlich die Qualität von Forschungsgeräten erreicht wird, darf aber bezweifelt werden, schließlich werden in der Medizin normalerweise mehr Elektroden und komplexere Methoden eingesetzt. Für einen Einsatz als tatsächliches Eingabegerät ist das Mindwave mangels Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Vielseitigkeit nicht zu gebrauchen. Der Preis für das Einsteigerset “Brainwave StarterKit” liegt bei Amazon derzeit bei rund 112 Euro. Darin enthalten sind das Headset und drei Apps.

Als Spielzeug und Ausrufezeichen für eine neue Technologie eignet sich das Brainwave gut. Um allerdings von echter Gedankensteuerung sprechen zu können, muss sich die Genauigkeit des Geräts noch stärker zu jener von implantierten Elektroden entwickeln. Erst dann kann das Brainwave auch im produktiven Einsatz wirklich glänzen. Vielleicht schaffen es auch neue Apps und Spiele, die vorhandenen Möglichkeiten besser zu nutzen und für längerfristige Motivation zu sorgen. Derzeit bleibt das Mindwave Mobile aber ein kurioses Spielzeug ohne produktiven Nutzen.

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