Porsche Taycan auf einem Feldweg

Der Porsche Taycan: Ein schnelles, komfortables und teures Elektroauto.

© David Kotrba

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Porsche Taycan im Test: Rasant und übereifrig in Details

Der Taycan sieht nicht nur schnell aus, er ist es auch. Was Porsche üblicherweise auszeichnet, erfüllt das Elektroauto perfekt. In Details findet man aber auch Makel.

Seit 2021 bietet Porsche seinen Elektro-Sportwagen Taycan in einer Version mit nur einem statt 2 Motoren an. Das oft als "Taycan RWD", offiziell aber schlicht als "Taycan" bezeichnete Auto, wird vom Hersteller nun als Einsteigermodell positioniert. Die futurezone durfte sich ein Exemplar vom Elektrofahrzeughändler G-Electric für einen Test ausborgen.

Technische Daten

  • Maße: 4963 mm Länge, 1966 mm Breite, 1395 mm Höhe
  • Türen und Sitzplätze: 4
  • Akkukapazität: 79,2 (Performancebatterie) oder 93,4 kWh (Performancebatterie Plus)
  • Antrieb: Hinterrad
  • Getriebe: 2 Gänge
  • Motorleistung: 240 kW/326 PS (mit Performancebatterie) oder 280 kW/380 PS (mit P. Plus)
  • Kurzfristige Höchstleistung bei "Launch Control": 300 kW/408 PS
  • Leergewicht: 2,05 oder 2,15 Tonnen (mit P. Plus)
  • Reichweite: 354 oder 431 km
  • Durchschnittsverbrauch/100 km: 20,4 oder 24,8 kWh
  • Maximale Ladeleistung: 225 oder 270 kW
  • Mit maximaler Ladeleistung 100 km zusätzlich in 5 Minuten

Einsteigen und Starten

Der Taycan wird mit Funkschlüssel geöffnet. Beim Einsteigen geht es tief hinunter in den Ledersitz, der Blick fällt sofort auf die 3 Displays: Eines hinter dem Lenkrad, 2 in der Mitte. Optional gibt es noch ein viertes vor der Beifahrerin bzw. dem Beifahrer. Die manchmal bekrittelte, relativ weit vorne platzierte B-Säule stört mich beim Einsteigen nicht.

Fahrbereit gemacht wird der Porsche mit einem großen runden Knopf links neben dem Lenkrad. Anstatt eines Gangwahlhebels in der Mittelkonsole hat sich Porsche für einen relativ mickrigen Ersatz rechts neben dem Lenkrad entschieden - eine gewöhnungsbedürftige Position.

Gefahren wird entweder im normalen oder im Sport-Modus. Dazu kann man zwischen 3 Fahrwerkseinstellungen mit zunehmender Härte wählen. Was sofort auffällt, sind einerseits die Kraft des Motors, andererseits die hervorragende Geräuschdämmung. Der Taycan kann eine richtig komfortable Reiselimousine sein. Bei Bedarf sprintet er aber auch rasant drauflos. Dank kräftiger Scheibenbremsen hinter den 19-Zoll-Rädern kommt man noch schneller wieder zum Stillstand.

Launch Control

Der Einsertrick des Taycan ist die "Launch Control", also quasi die Porsche-Version von Teslas "Ludicrous Mode". Um sie zu aktivieren, steigt man mit dem linken Fuß auf die Bremse, mit dem rechten aufs Gaspedal und wartet, bis der "Launch Control"-Schriftzug am Display erscheint. Damit sind die 300 kW Leistung aktiviert und man zischt von 0 auf 100 km/h in 5,2 Sekunden. Im Prinzip kann das ein Tesla Model 3 auch, durch die Dramaturgie wirkt es beim Porsche aber spektakulärer.

Laut Bordinstrument wirkt beim Losfahren eine Beschleunigungskraft von 0,6 G auf die Passagiere. Ab einer gewissen Geschwindigkeit packen die Gurtstraffer fester zu. So ein "Launch Control"-Start macht jedenfalls richtig Lust aufs Rasen und der Taycan kann das auch besonders gut, jedenfalls bis 230 km/h, wo elektronisch abgeriegelt wird. Dank dem Zweiganggetriebe ist man auf der Autobahn wahlweise sehr effizient oder dynamisch unterwegs.

Assistiertes Fahren

Der Taycan hat auch ein Autopilot-Äquivalent, das sich Porsche InnoDrive nennt. Mit einem eigenen Hebel links unten hinter dem Lenkrad kann man es aktivieren. Entweder man nutzt dabei den adaptiven Tempomat und lenkt selbst oder man beauftragt das Auto mit beidem. Das Einhalten des richtigen Abstands zum Fahrzeug vor einem schafft der Taycan problemlos. Nur mit der Spurführung klappt es manchmal weniger gut. In engeren Kurven hat man manchmal den Eindruck, das Auto pendelt zwischen den Leitlinien anstatt stabil in der Fahrspurmitte zu bleiben.

Auch bei aktivem Assistenzsystem sollte der oder die Fahrer*in die Hände auf dem Lenkrad belassen. Tut man das nicht, wird er oder sie vom Taycan nur relativ dezent darauf aufmerksam gemacht. "Bitte Lenkung übernehmen" steht dann klein und in weißer Schrift am Fahrerdisplay. Rote Warnsymbole, blinkende Lichter oder gar Warntöne erhält man nicht.

Armaturenbrett und Vordersitze des Porsche Taycan

Das Taycan-Cockpit: Sehr Minimalistisch. Ein paar Knöpfe mehr hätten nicht geschadet.

Einstellungen im Innenraum

Am Lenkrad findet man im Taycan ein paar Knöpfe, mit denen man vor allem die Anzeigen am Fahrerdisplay indiviualisieren kann. Außerdem kann der oder die Fahrer*in per Scrollrad die Lautstärke des Soundsystems verändern - ein großer Vorteil gegenüber den restlichen Insassen. Die finden nämlich keine physischen Knöpfe vor, sondern nur die Touchscreens in der Mittelkonsole. Das untere gibt zwar per Vibrationen haptisches Feedback, die Bedienung ist aber oft unpräzise. Die Lautstärkeregelung mit Plus-Minus-Tasten ist nervig. Das Soundsystem ist im Übrigen gut, aber nicht überragend.

Ein wenig diskutiert wird ja beim Taycan über die Lüftung. Wohin der Wind bläst, soll man am Touchscreen genau einstellen können, während es keine manuell veränderbaren Lamellen oder Drehregler an den Lüftungsauslässen gibt. So exakt, wie es am Bildschirm vermittelt wird, kann man den Strahl nicht wirklich dirigieren, mich hat das in der Praxis aber nicht gestört.

Ein Korb voller Gimmicks

Beim Navigationssystem gibt es im Taycan - wie auch bei allen anderen herstellerspezifischen Systemen - deutliche Schwächen gegenüber dem gewohnten Google Maps. Die Gestaltung der Bordsystem-Menüs ist angenehm übersichtlich. Wer gezielt nach Funktionen sucht, findet sie aber nicht immer intuitiv. Ein Beispiel dafür ist die kleine Dusche für die Rückfahrkamera - ein lustiges Gimmick, dessen Symbol einen erstaunlich prominenten Platz am Mittelkonsolen-Display einnimmt.

Apropos Rückfahrkamera: Deren Auflösung ist eigentlich nicht eines Autos in dieser Preiskategorie würdig. Dank der Dusche kann man sie wenigstens theoretisch von Schmutz befreien, ohne selbst mit dem Taschentuch ausrücken zu müssen.

Ein weiteres lustiges Gimmick des Taycan versteckt sich in der Mittelkonsole. Dort kann man sein Handy in eine Klammer stecken und drahtlos aufladen. Wird es zuvor per Bluetooth mit dem Boardentertainment-System verbunden, kann man auch ohne physischen Zugriff telefonieren oder Spotify-Playlists abspielen. USB-Anschlüsse zum verkabelten Aufladen von Mobilgeräten sind in der Mittelkonsole und unterhalb der Rücksitzbank vorhanden.

Blick auf die Rücksitze des Taycan

Die Rückbank sieht gemütlich aus, Menschen über 1,90 Meter Höhe stehen aber am Dach an

Transportfähigkeiten

Die Rückbank des Porsche Taycan ist zwar schick und komfortabel, Menschen mit 1,90 Meter Körpergröße können jedoch durch die Dachform nicht aufrecht sitzen. Kindersitze können dagegen dank Isofix schnell montiert werden. Öffnungen für Top Tether sind hinter den Rücksitzen vorhanden.

Der Kofferraum des Taycan ist mit 407 Liter geräumig. Platz für einen Erwachsenen ist jedenfalls vorhanden. Bei geschlossenem Deckel kann sich dieser übrigens nicht selbst befreien. Der Knopf auf der Innenseite ist nur zum Schließen da, er öffnet nicht. Unter der Fronthaube hat der Taycan zusätzlich einen 84 Liter großen "Frunk", der ungefähr einen Handgepäckkoffer fasst.

Reichweite und Aufladen

Tatsächlich gefahrene Kilometer und die Reduktion der Reichweite stimmen im Porsche Taycan erfreulich genau überein. Ob die vom Hersteller angegebene Reichweite tatsächlich erfüllt wird, konnte ich im Rahmen dieses eintägigen Tests nicht herausfinden.

Für das Aufladen hat sich Porsche etwas Schräges einfallen lassen: Es gibt sowohl rechts als auch links vor den Vordertüren einen Ladeanschluss. Man kann entweder den einen oder den anderen öffnen, beide gleichzeitig aber nicht. Schnellladen mit CCS kann man nur rechts, links ist lediglich ein Anschluss für einen Typ-2-Stecker vorhanden.

Taycan von hinten mit leuchtenden Bremslichtern

Der Taycan ist schön, schnell und entsprechend teuer.

Fazit und Preis

Der Porsche Taycan sieht schnittig und schnell aus und das ist er auch. Die präzise Lenkung, das mehrstufige Fahrwerk und die Geräuschdämmung sind ein Genuss. Die Motorleistung ist absolut ausreichend für rasantes Fahren und das Zweiganggetriebe sorgt dafür, dass man selbst bei Autobahngeschwindigkeiten nicht zuviel Strom verbraucht. Die "Launch Control" ist ein witziges Extra, das man im Dauerbetrieb aber nicht wirklich braucht. Der Antritt des einzelnen Motors ist auch so stark genug.

Porsche hat sich sichtlich darum bemüht, im Innenraum praktische Details zu liefern. An manchen Stellen wurde etwas übertrieben, etwa beim haptischen Feedback im Mitteldisplay oder der Lüftungssteuerung. An anderer Stelle wurde unverständlich gespart, etwa bei der Rückfahrkamera, während man dieser sogar eine Reinigungsdüse spendiert hat. Das Navi ist unbefriedigend. Die Fähigkeiten beim assistierten Fahren sind gut, aber ausbaufähig. Und wer auf der Rückbank größere Passagiere unterbringen will, muss wohl auf die Kombi-Variante Cross Turismo warten, die Porsche bisher bei allen seiner Taycan-Modelle angeboten hat.

Die Preise für den Porsche Taycan beginnen bei einem UVP von 86.867,93 Euro - ja, da rechnet der Hersteller sehr genau. Für die Taycan-Familie ist das tatsächlich "Einsteiger"-Niveau, für die meisten realen Familien eher weniger. Ein Tesla Model 3 mit ähnlicher Motorleistung und Reichweite gibt es um die Hälfte.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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