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Spielkonsole

PS Vita im Test: Nur für Core-Gamer

Es gibt vier Geräte-Sparten, die am meisten unter den technisch immer besser werdenden Smartphones leiden: MP3-Player, Digicams, Navigationssysteme und portable Spielkonsolen. Die weite Verbreitung von Gaming-Apps sorgt dafür, dass selbst der Videospiel-Gigant Nintendo mit hohen Verlusten rechnen muss. Die portable Konsole 3DS verkauft sich schlechter als erwartet, trotz der zum Erscheinen innovativen 3D-Technologie, die keine Spezialbrille benötigt.

Sony, das Nintendo in Sachen Mobile Gaming mit seiner PlayStation Portable (PSP) ohnehin nachhinkt, will es noch einmal wissen. Mit der PS Vita wird eine neue, tragbare Spielkonsole veröffentlicht, die zumindest technisch einiges zu bieten hat. Die futurezone hat die PS Vita getestet.

Verarbeitung und Design
Vergleicht man die PS Vita mit ihrem Vorgänger PSP ist sie deutlich hübscher. Das gesamte Gerät sieht harmonischer aus. Das Display ist auf der selben Höhe wie das Gehäuse und die abgerundeten Seiten und die Abstände der Bedienelemente zum Display und Rand sorgen für Symmetrie.

Das gesamte Gerät wirkt hochwertig und robust und ist mit 260 Gramm bzw. 279 Gramm (3G-Version) relativ schwer ausgefallen. Auch die Größe ist aufgrund des 5-Zoll-Displays imposant - Hosentaschenformat hat die PS Vita nicht mehr. Rein vom Gehäuse her ist sie einen Hauch dünner als die PSP, zählt man die hervorstehenden Analogsticks dazu, ist sie dicker.

Handling
Die erhobenen Analogsticks sind das, worauf echte Gamer bei einer portablen Konsole lange warten mussten. Die PSP hatte die flache und wenig griffige Analogfläche und auch das Circle Pad des 3DS ist mehr eine Notlösung als ein Analogstick. Die zwei Sticks der PS Vita sind ausreichend erhaben, haben einen geringen Widerstand, was eine präzise Steuerung erlaubt, und eine rutschfeste Oberfläche. Für große Hände oder lange Finger ist die Positionierung aber nach wie vor etwas zu weit unten, wenn man die Sticks mit den Fingerspitzen bedienen will. So winkelt man die Daumen fast 90 Grad ab, was nach etwa zweistündigem Spielen Schmerzen verursacht. Die beste Lösung ist die PS Vita möglichst weit unten zu halten, wodurch es dann aber schwieriger wird, mit dem rechten Daumen die Dreieck-Taste zu drücken.

Abgesehen davon hält sich die Vita deutlich besser als der Vorgänger. Die abgerundete Form sorgt für einen guten Halt. An der Rückseite sind noch links und rechts zwei griffigere Flächen angebracht, die aber bei normal großen Händen kaum Verwendung finden. Um diese nutzen zu können, müssen der linke und rechte Mittelfinger stark abgewinkelt sein, was auf Dauer unkomfortabel ist. Die Mittelfinger ruhen im Normalfall deshalb auf der Touch-Fläche an der Rückseite. Diese ist genauso breit wie das Display, aber etwas flacher. Ähnlich wie bei einem Touchpad eines Notebooks werden Berührungen darauf erkannt. Die Idee ist interessant, die Ergonomie aber problematisch, da die Mittelfinger fast vollständig ausgestreckt werden müssen, um die Mitte der Touch-Fläche zu erreichen. Bei einigen Spielen kommt es zu ungewollten Auslösungen, da eben die Mittelfinger meistens auf der Touch-Fläche ruhen. Neben der Touch-Fläche, dem Touchscreen und den gewöhnlichen Tasten hat die PS Vita auch noch Bewegungssensoren eingebaut.

Tasten
Die Aktionstasten an der rechten Seite sind zwar kleiner als bei der PSP, aber immer noch gut zu drücken. Sie sind außerdem deutlich knackiger und fühlen sich nicht mehr schwammig an. Die Select- und Starttaste sind zu klein und zu weit eingelassen im Gehäuse, das Drücken fällt schwer. Die PS-Taste an der linken Seite, die das Menü aufruft, ist hingegen ausreichend groß. Auch die L- und R-Tasten sind angenehm groß und leicht zu betätigen.

Das digitale Steuerkreuz links oben hat etwas Spielraum und fühlt sich dadurch nicht ganz so gut an wie die Aktionstasten. Es ist kleiner ausgefallen als bei der PSP, aber durch die besseren Druckpunkte angenehmer beim Spielen.

Display
Das berührungsempfindliche Display hat eine Diagonale von 5 Zoll mit einer Auflösung von 960x544 Pixel. Damit ist die Vita zwar Spitzenreiter unter den mobilen Konsolen, kann aber etwa mit dem Samsung Galaxy Note (5,3 Zoll) nicht mithalten, das eine Auflösung von 1280x800 Pixel hat. Die Vita nutzt ein OLED-Display, das Galaxy Note ein Super-AMOLED-Display.

Auch wenn dem Vita-Bildschirm eine 720p-Auflösung gut getan hätte, überzeugt er mit kräftigen Farben und Kontrasten. Bei der Helligkeit hätte es etwas mehr sein können. Im Test bei verschiedenen Lichtsituationen und in unterschiedlichen Umgebungen wurde die hellste Stufe fast immer am angenehmsten empfunden, die aber nicht hell genug ist, um bei direktem Sonneneinfall die Spiegelung des Displays auszugleichen. Um die Display-Helligkeit schnell zu justieren, lässt man die PS-Taste gedrückt, bis das Schnelleinstellungsmenü aufpoppt.

Der Touchscreen reagiert gut und schnell auf Berührungen und Fingergesten, auch Multitouch wird unterstützt. Die Onscreen-Tastatur hat durch die Display-Diagonale von 5 Zoll eine angenehme Größe. Durch das Tippen am Display entstehen natürlich Schmierflecken, wodurch die PS Vita öfters gereinigt werden muss. Generell neigt die PS Vita zum Verschmieren, auch der schwarze Klavierlack des Gehäuses und die Touch-Fläche sehen nach einer normalen Spielesession ziemlich angesaut aus.

Das Beflecken des Touchscreen lässt sich nicht vermeiden, selbst wenn ein Game ohne Touch-Eingabe gespielt wird. Denn im Menü lassen sich Spiele und Programme nur über den Touchscreen anwählen und starten, die Analogsticks oder das Steuerkreuz können hier nicht verwenden werden.

Leistung
Das am meisten Enttäuschende der PS Vita ist die Laufzeit. Bei voller Display-Helligkeit und aktiviertem WLAN ist nach vier Stunden Spielzeit Schluss. Bei reduzierter Helligkeit und ohne WLAN sind viereinhalb Stunden möglich. Das reicht zwar für die Fahrt in die Arbeit und zurück, bei einer Zugreise von Wien nach Villach wird es knapp und bei Übersee-Flügen sollte man sich lieber noch ein Buch mitnehmen. Positiv: Trotz Dauer-Spiele-Session von knapp vier Stunden war keine Hitzeentwicklung an der PS Vita bemerkbar.

Die Quad-Core-CPU sorgt für eine flüssige Navigation durch die Menüs und auch bei den meisten Spielen gibt es keine Ruckler oder Aussetzer zu bemerken. Wenig berauschend sind die Ladezeiten in einigen Games. Speziell bei WipeOut 2048 und ModNation: Road Trip vergeht bis zu einer halben Minute, bis das Rennen geladen ist. Auch das Aufwecken der PS Vita aus dem Standby-Modus könnte flotter gehen. Zwischen dem Drücken der PS-Taste und dem Angehen des Displays vergehen bis zu drei Sekunden.

Bei einigen Programmen ist auch Multitasking möglich. Drückt man während eines Spiels auf die PS-Taste, kann man etwa das Programm "Near" öffnen, den PS-Store, "Musik" oder die "Party"-Anwendung, um mit Freunden zu chatten. Der Browser lässt sich nicht öffnen – auch zwei Spiele gleichzeitig zu öffnen ist nicht möglich.

Die Vorder- und Rückkamera der PS Vita haben eine Auflösung von 640x480 Pixel – das ist weniger als die Display-Auflösung. Die Kameras sind aber ohnehin nicht dafür gedacht, Fotos und Videos aufzunehmen (was beides möglich ist), sondern sie für Augmented-Reality-Apps zu nutzen. Das funktioniert aber auch nur gut, wenn ausreichend Licht vorhanden ist, da die Kameras lichtschwache Linsen haben. Der PS Vita liegen, wie bei Nintendos 3DS, Augmented-Reality-Karten bei. Diese dienen als Marker für die AR-Spiele.

Speicherkarte
Um die PS Vita zu benutzen, sollte eine Speicherkarte dazugekauft werden. Denn obwohl die Games auf Speichersticks ausgeliefert werden, erfordern manche, wie etwa Uncharted, eine Speicherkarte, um Spielstände anzulegen. Die Speicherkarte hat zwar in etwa die Größe einer MicroSD-Karte, ist aber ein Sony-eigenes Format. So verdient sich Sony noch ein schönes Körberlgeld: Die 16GB Speicherkarte kostet 49 Euro, MicroSD-Karten mit 16GB von bekannten Marken wie Sandisk und Kingston gibt es bereits ab zehn Euro.

Die 16GB-Karte ist derzeit die größte Speicherkarte für die PS Vita und sollte auch gewählt werden. Download-Spiele aus dem PS Store können nämlich zwischen wenigen Hundert MB und bis 3GB groß sein – da wird mit der günstigsten Speicherkarte (4GB, 20 Euro) der Platz schnell zu knapp.

Grafik und Sound
Die Grafik ist gut, aber weit weg von perfekt. Schon im Menü fallen die sehr pixeligen Ränder der runden Symbole auf. Auch in den meisten Spielen sieht man oft Pixel und unschöne Kanten in der Umgebung. Der Hauptcharakter bzw. das Auto, das man steuert, sieht dafür meistens sehr gut aus.

Eine weitere Grafikschwäche sind Lichteffekte. Schüsse und blinkende Lichter sehen teilweise nach PS1-Grafik aus und zerstören so den guten Gesamteindruck, den man trotz unsauberer Kanten bei Umgebungsobjekten gehabt hätte. Man kann aber darauf hoffen, dass dies nur bei den ersten Vita-Games so stark ausgeprägt ist und zukünftige Spiele besser aussehen werden – so wie es bei neuen Videospiel-Systemen oft der Fall ist.

Die internen Stereo-Lautsprecher der PS Vita sind kein Highlight, aber erträglich. Einen deutlich besseren Sound hat man mit Kopfhörern.

Online
Die PS Vita geht entweder per WLAN oder WLAN und 3G online. Die 3G-Version hat einen zusätzlichen SIM-Karten-Slot. Die Einrichtung ist denkbar einfach: SIM-Karte rein, PIN eingeben, fertig. Im Test mussten keine zusätzlichen Zugangspunkte konfiguriert werden.

Einmal online, zeigt die PS Vita im rechten oberen Eck neue Ereignisse an, wie etwa Nachrichten von Freunden oder Freundschaftsanfragen. Durch den Touchscreen und die Onscreen-Tastatur macht das Senden von Nachrichten an Freunde auch durchaus Sinn. Demnächst sollen im PS Store auch Apps für soziale Netzwerke angeboten werden, wie Twitter, Facebook, Foursquare und Flickr. Auch Skype ist angedacht.

"Party" ist das Chatprogramm der PS Vita, mit dem in Echtzeit geschrieben und über das integrierte Mikrofon gesprochen werden kann. Mit "Near" können andere Spieler im näheren Umkreis angezeigt werden. Ähnlich wie bei Nintendos 3DS "Street Pass" können so für bestimmte Spiele auch Sondergegenstände freigeschaltet werden. Im Gegensatz zu den restlichen Menüs und Programmen ist Near nicht besonders intuitiv zu nutzen und wird daher wohl eher wenig Verwendung finden.

Auch Google Maps ist vorinstalliert. Die Karten-App greift wie Near auf das eingebaute GPS-Modul zu. Die Wegeschreibungen können für Pkw und Fußgänger angezeigt werden. Im Vergleich zur Google Maps App für Android und iOS wirkt die Vita-Variante aber etwas träge und weniger logisch in der Bedienung. Ein Browser ist ebenfalls vorinstalliert, der aber weder Flash noch HTML5 unterstützt.

Konnektivität
Wie schon bei der PSP wird es möglich sein über Ad-hoc-Verbindungen Mehrspieler-Modi zu nutzen. Online-Gaming ist natürlich ebenfalls möglich. Bei einigen Spielen ist es sogar möglich, dass PS3- und PS-Vita-User online zusammen spielen.

Bestimmte PS3-Spiele können per Remote Play auch von der eigenen Konsole zur PS Vita gestreamt werden. Das funktioniert aber hauptsächlich mit ausgewählten PSN-Titeln. Derzeit gibt es kaum PS3-Games auf Blu-ray, die gestreamt werden können. Auch Filme auf Blu-ray lassen sich derzeit nicht zur PS Vita streamen. Videos und Musik die auf der PS3-Festplatte sind, können gestreamt werden.

Die PS Vita soll zukünftig bei bestimmten PS3-Games als Zusatz-Display bzw. Controller genutzt werden, um etwa als zweiter Spieler das Geschehen aus einer anderen Perspektive zu sehen. Damit ist Sony Nintendo voraus, die dieses Konzept mit der Ende des Jahres kommenden Wii U einführen will.

Über die USB-Verbindung mit einer PS3 oder PS Vita können Daten ausgetauscht und verschoben werden. So ist es zum Beispiel möglich, ein Download-Game auf die PS3 zu verschieben, um Platz auf der Vita-Speicherkarte zu schaffen. Vorsicht beim Verbinden: Den proprietären Stecker des USB-Kabels kann man auch verkehrt in die PS Vita stecken. Das geht zwar etwas streng, ist aber möglich und könnte bei mehreren Versuchen den Stecker beschädigen.

Das Kopieren zwischen PS3 und PS Vita dauert relativ lang. Wer seine PS Vita vor einer größeren Reise noch mit anderen Games auf der Speicherkarte konfigurieren will, sollte dies schon am Vortag und nicht zehn Minuten vor Verlassen des Hauses machen.

Die PS Vita ist auch kompatibel zu PSP-Spielen. PSP-Games, die heruntergeladen wurden, können auf der PS Vita genutzt werden. PSP-Spiele auf UMD-Disk lassen sich nicht übernehmen oder kostenlos als Download-Version beziehen. Bei einigen PSN-Downloads auf der PS3 wird zukünftig auch gleich eine PS Vita-Version mitgeliefert. So zahlt man nur einmal und kann auf zwei Systemen spielen.

Fazit
Die PS Vita hat gute Voraussetzung, wird aber von Sony selbst ausgebremst. Das Display hat aus Kostengründen eine niedrigere Auflösung als es möglich gewesen wäre. Die Verwendung von eigenen, überteuerten Speicherkarten anstatt den üblichen MicroSD-Karten ist schlicht Geldmacherei. Von den zum Launch erschienenen Games kann kaum eines so überzeugen, dass es dem Vollpreis von bis zu 50 Euro gerecht wird. Von der Quad-Core-CPU merkt man bei den jetzigen Games nicht wirklich viel und grafisch kann kaum ein Launch-Titel vollends überzeugen. Und ob Core-Gamer die diversen sozialen Optionen nutzen werden, anstatt unterwegs einfach nur zu spielen, ist ebenfalls fraglich. Theoretisch ist die Vita durch die Touch-Fläche, Touchscreen und Bewegungssteuerung auch für Gelegenheitsspieler geeignet, aber diese haben ohnehin ein Smartphone für ihre Mini-Games.

Vor dem PS-Vita-Kauf sollte man sich deshalb überlegen: Bin ich so ein Core-Gamer, dass ich für zwei Analog-Sticks 249 Euro (WLAN-Version) bzw. 299 Euro (3G) zahle, 49 Euro für eine Speicherkarte und 30 bis 50 Euro für ein Spiel? Ein Starter-Paket bestehend aus Vita, Speicherkarte und drei Games kommt dann etwa auf 420 bis 500 Euro. Wenn das nicht abschreckt, wird man durchaus Spaß mit der PS Vita haben - solange man sie nicht häufiger mehr als vier Stunden braucht, bevor man zur nächsten Steckdose kommt.

Den Test zu 14 Vita-Starttiteln gibt es hier: Link

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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