Samsung Galaxy S7 im Test: Hässliches Entlein mit Kanten
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2016 ist ein ungewöhnliches Jahr für Smartphones: Die einstigen Größen Sony und HTC sind auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit, Blackberry wagt den Tabubruch und wechselt auf Android und chinesische Hersteller lehren Apple und Samsung das Fürchten. Mit alledem hätte man durchaus rechnen können, doch auf der Samsung-Pressekonferenz auf dem Mobile World Congress gab es dann doch eine kleine Überraschung: Nicht das Flaggschiff S7, sondern das S7 Edge dominierte das Geschehen.
Das ungewöhnliche Smartphone mit abgerundetem Display hat dem S7 zunehmend den Rang abgelaufen. Bereits das Vorgängermodell verkaufte sich nahezu gleich gut wie das eigentliche Flaggschiff - trotz höherem Preis und geringer Verfügbarkeit zu Beginn. Eine Entwicklung, mit der selbst Samsung nicht gerechnet hatte. Mit der neuen Generation versucht Samsung, die beiden Geräte stärker voneinander zu differenzieren. Das S7 Edge ist größer als sein Vorgänger, das S7 behält das handliche Format des Vorgängers. Doch reicht das, um gegen den optisch auffälligen “großen Bruder” zu bestehen? Ich durfte die vergangenen zwei Wochen mit dem S7 verbringen.
Eines gleich vorweg: Ich liebe große Smartphones. Je größer, desto besser (mit einigen wenigen Ausnahmen). Doch wie ich in den vergangenen Jahren feststellen durfte, bin ich damit in der Minderheit. Egal ob Freunde, Familie oder Bekannte, der Tenor ist stets der Gleiche: Das ist viel zu groß, ich kann es nicht mehr mit einer Hand bedienen. Ein Umstand, der mich nie gestört hat. Im Gegenteil: Nach jahrelanger Phablet-Nutzung war es ein kleiner Kulturschock, als ich das S7 in die Hand nahm.
Obwohl das S7 breit genug für zweihändiges Tippen ist, habe ich es bereits nach wenigen Tagen ausschließlich mit einer Hand bedient. Dazu trug auch der flotte Fingerabdruck-Leser am Home-Button bei, der den registrierten Finger in neun von zehn Fällen sofort erkannte. Doch der wahre Grund war die hervorragende Haptik des Smartphones: Es lässt sich einfach so angenehm, aber dennoch sicher halten. Während Smartphones wie das OnePlus 2 zwar optisch ansprechend sind, sich in der Hand aber wie ein Ziegelstein anfühlen, schmiegt sich das S7 nahezu in jeder beliebigen Position in die Handfläche. Selbst mit Handschuhen hatte ich nie die Furcht, dass mir das Smartphone entgleiten könnte.
Samsung setzt sich auch dem aktuellen Schlankheitswahn der Branche entgegen und macht das S7 knapp einen Millimeter dicker als seinen Vorgänger. Das tut dem Smartphone erstaunlich gut, denn mit 7,9 Millimetern ist es weiterhin dünn genug für die Hosentasche, lässt sich aber besser halten als sein Vorgänger. Auch das zusätzliche Gewicht (von 138 auf 152 Gramm) gibt dem Smartphone einen hochwertigeren Eindruck und trägt positiv zur Haptik bei. Die schmalen Ränder an der linken und rechten Seite lassen ebenfalls rasch vergessen, dass der Bildschirm “nur” flach ist. Hin und wieder wünscht man sich aber ein wenig mehr Platz an der Seite, denn beim kräftigen Umklammern des Smartphones kommt man hin und wieder versehentlich am Bildschirm an und vertippt sich so beispielsweise.
Das S7 kommt - wie für ein High-End-Smartphone üblich - mit der aktuellen Android-Version 6.0.1 daher. Leider sind einige Features der neuen Android-Version nicht nutzbar, unter anderem “Adoptable Storage”. Trotz der glorreichen Rückkehr des microSD-Kartenslots lässt sich der interne Speicher nicht mithilfe von externen Speicherkarten vergrößern. Wie bisher können aber Apps und Dateien auf die Speicherkarte verschoben werden. Insgesamt sind rund 7,3 Gigabyte von vorinstallierten Apps belegt, dem Benutzer stehen also rund 24 Gigabyte an internem Speicher zur freien Verfügung. Dabei hat Samsung neben eigenen Apps (unter anderem S Health und der Samsung-eigene App Store) lediglich eine Handvoll Apps von Drittherstellern installiert, darunter Microsofts Office- und OneDrive-Apps.
Wer bereits ein Lumia-Smartphone besessen hat, wird die Always-On-Funktion zu schätzen wissen. Hier gibt es aber ebenfalls Verbesserungspotenzial: Nur eine Handvoll Benachrichtigungen werden neben Uhrzeit und Kalender angezeigt und die optionalen bunten Wallpaper führen den eigentlichen Nutzen der Funktion ad absurdum. Denn das S7 macht sich das verbaute Super-AMOLED-Panel zunutze, das bei der Darstellung von schwarzen und weißen Pixeln kaum Energie verbraucht. So soll es laut Samsung möglich sein, dass das Smartphone weniger als ein Prozent Akkuladung pro Stunde verbraucht - ein Wert, der im Rahmen des Tests bestätigt werden konnte.
Der wohl größte Unterschied zwischen S7 und dem “großen Bruder” S7 Edge liegt in der Wahl des Bildschirmes. Während das S7 auf einen 5,1 Zoll großen 1440p-Bildschirm setzt, misst das S7 Edge stolze 5,5 Zoll. Beide Display-Panele setzen auf die Super-AMOLED-Technologie, die insbesondere durch ihre knalligen Farben und starken Kontrast auffällt. Im Vergleich zu früheren Samsung-Modellen wurde der “Cartoon”-Faktor bei den Farben deutlich reduziert, die Farbdarstellung kommt jener von aktuellen LC-Bildschirmen sehr nahe und wirkt natürlich.
In puncto Hardware-Ausstattung gleichen sich das S7 und S7 Edge wie ein Ei dem anderen. Beide Smartphones setzen auf den aktuellen Samsung-Chip Exynos 8890, vier Gigabyte RAM, 32 Gigabyte an internem Speicher sowie eine 12-Megapixel-Kamera. Dementsprechend fallen auch die Benchmark-Ergebnisse nahezu ident aus. Mein Kollege Gregor Gruber geht
AnTuTu (v6.0.1): 115.903 Punkte
Geekbench 3 (Singlecore/Multicore, v3.4.1): 2153 / 6165 Punkte
Vellamo Metal (v3.2.4): 3289 Punkte
Vellamo Multicore (v3.2.4): 3497 Punkte
3DMark (Slingshot, v3.1): 1944 Punkte
Der 3.000 mAh-Akku fällt zwar etwas kleiner aus als beim S7 Edge (3.600 mAh), allerdings kann das S7 in puncto Leistung gut mithalten. Im Test hielt es locker mit einer Akkuladung einen durchschnittlichen Arbeitstag durch (kein Energiesparmodus, zwei Stunden Spotify, zwei Stunden Chrome oder Facebook, zwei Stunden YouTube), wobei hier rund ein Viertel der Ladung verblieb. Mehr als ein Tag ohne einen Kurzbesuch an der Steckdose wäre aber wohl ein zu großes Risiko. Das S7 lässt sich zudem relativ rasch laden, üblicherweise war der Akku binnen 90 Minuten von 0 auf 100 Prozent geladen.
Das Samsung Galaxy S7 ist wohl eines der schönsten Smartphones, das ich in den vergangenen Jahren testen durfte. Obwohl es in puncto Design relativ schlicht ausfällt, ist es nahezu makellos verarbeitet und punktet mit viel Liebe zum Detail bei der Haptik. Zahlreiche minimale Verbesserungen sorgen dafür, dass sich das S7 ungewohnt intuitiv bedienen lässt. Hinzu kommt das derzeit wohl stärkste Gesamtpaket in puncto Hardware: flotter Smartphone-Chip, herausragende Kamera und ein hervorragender Bildschirm.
Dennoch dürften viele Smartphone-Fans instinktiv zum optisch auffälligen S7 Edge greifen. Ein Fehler, denn das kompakte Format des S7 erlaubt eine deutlich angenehmere Bedienung. Aber um diese zu erfahren, muss man das Smartphone einmal selbst in die Hand nehmen. Wer stets kleinere Smartphones bevorzugt hat, sollte daher definitiv zum S7 greifen. Doch auch all jene, die in den vergangenen Jahren mit Smartphones größer als 5,5 Zoll gearbeitet haben, sollten einen Blick auf das günstigere Samsung-Flaggschiff werfen.
Modell:
Samsung Galaxy S7
Display:
5,1 Zoll Super-AMOLED-Bildschirm - 2560 x 1440 Pixel (16:9, 577 ppi)
Prozessor:
Octacore-SoC (Samsung Exynos 8890 Octa)
RAM:
4 Gigabyte
Speicher:
32/64 GB intern, microSD-Kartenslot
Betriebssystem:
Android 6.0.1 (TouchWhiz-Oberfläche)
Anschlüsse/Extras:
microUSB, Bluetooth 4.2, WLAN (a/b/g/n/ac), LTE, IP68-zertifiziert
Akku:
3.000 mAh
Kamera:
12 Megapixel (Rückkamera, LED-Blitz, f/1.7, optischer Bildstabilisator), 5 Megapixel (Frontkamera)
Videos:
Aufnahme in 2160p bei 30 fps möglich
Maße:
142,4 x 69,6 x 7,9 mm, 152 Gramm
Preis:
699 Euro (UVP)
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