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Samsung Smart-TV Q9FN im Test: QLED schlägt OLED

Bevor es zum Test des mit 65 Zoll Diagonale (4.299 Euro UVP, 55 Zoll 3.199 Euro UVP) geht, möchte ich erklären, was hinter Kunstbegriff QLED steckt. Wer keine Lust auf das Zusatzwissen hat oder bereits weiß, was dahintersteckt, kann beim Absatz „Ausgelagerte Anschlüsse“ weiterlesen.

(LCD-Panels mit LED-Hintergrundbeleuchtung) galten vor ein paar Jahren als die Premium-Version von LCD-TVs. Mit dem anhaltenden Preisverfall bei Fernsehgeräten haben sie aber ein Image-Problem bekommen, da mittlerweile fast alle günstigen Geräte LED-TVs sind.

Was ist QLED

Wer ein Premium-TV-Gerät wollte, griff deshalb zu OLED. Samsung versuchte das zu kontern, indem die hochwertigen LED-TVs zu SUHD-TVs wurden. SUHD gab es nur zwei Jahre: Der Nachfolger ist QLED. Man muss kein Verschwörungstheoretiker zu sein, um zu merken, dass QLED-TVs ganz offensichtlich jene Käuferschicht ansprechen soll, die mit OLED-TVs liebäugelt.

Q steht für Quantum Dots. Die gab es auch schon bei den SUHD-TVsnicht Samsung-exklusiv. Auch andere Hersteller verwenden diese Technologie, bei der Nanokristalle in Farben leuchten, wenn das LED-Licht der Hintergrundbeleuchtung auf sie trifft. Das ergibt sehr klare, kräftige Farben und mit der richtigen Abmischung ein weißeres Weiß, als mit LED-TVs möglich ist.

Gegenüber den früheren SUHD-TV-Modellen verspricht Samsung mit QLED mehr Helligkeit und satteres Schwarz – letzteres war bisher das Totschlag-Argument für einen OLED-TV gegenüber LED-Modellen. Außerdem sollen QLED-TVs deutlich mehr Lebensdauer als haben. Aufgrund des zeitlich begrenzten Tests konnte ich das nicht ausprobieren – aber dafür alles andere.

Ausgelagerte Anschlüsse

Der Q9FN ist das Spitzenmodell in Samsungs TV-Sortiment. Entsprechend durchdesignt sieht das Gerät aus. Der zarte Metallstandfuß ist ein optisch schönes Gegenstück zum 65-Zoll-Display. Ein wenig enttäuschend ist, dass der Q9FN relativ dick wirkt im Gegensatz zu LGs aktuellen OLED-TVs. Auch die Plastikrückseite ist nicht besonders schick, was aber nur jene stören wird, die das Gerät freistehend im Zimmer platzieren. Wird der Q9FN an die Wand geschraubt, verschwindet der Plastikrücken, dank Samsungs optionaler „No-Gap“-Wandmontage.

Wie schon bei früheren Samsung-Modellen sind die Anschlüsse in die sogenannte Connect Box ausgelagert. Beim Q9FN geht das sogar einen Schritt weiter. Auch das Netzteil befindet sich in der Connect Box. Der eigentliche TV ist nur mit einem einzigen, halbtransparenten Kabel an die Connect Box angeschlossen. Das Kabel kann durch den Standfuß geführt werden und hängt damit nicht unschön hinter dem TV runter.

Der Nachteil dieser Lösung ist, dass die Connect Box um ein ganzes Stück gewachsen ist. Bei der Auswahl des TV-Möbels muss auch die Connect Box mitbedacht werden. Zwar könnte man diese zwischen Standfuß und Display stellen, allerdings würde der schwarze Ziegelstein dann den sauberen und eleganten Look des Q9FN kompromittieren.

Aufgrund der ausufernden Größe hat man immerhin ausreichend Anschlüsse. 4x HDMI 2.0b, davon einmal mit ARC, 3x USB 2.0 (3.0 ist laut Samsung nicht notwendig, weil die Datenrate von 2.0 ausreichend ist), Optical Out, WLAN, Ethernet, CI+-Slot und zwei Antennen-Anschlüsse.

Bildschirmschoner

Der Fokus auf Design wird noch durch ein nettes Detail hervorgehoben. Der TV ist von vorne betrachtet komplett symmetrisch, das Samsung-Logo sehr dezent. Die Standby-Leuchte ist nicht nach vorne gerichtet, sondern nach unten – eine elegante Lösung.

Mit dem Ambient Modus gibt es jetzt eine ähnliche Dekorations-Funktion, wie sie Samsungs Designer-TV „The Frame“ hat. Anstatt den TV auszuschalten, kann man mit dem Ambient-Modus quasi einen Bildschirmschoner aktivieren. Anstatt Schwarz zu sehen, können vorinstallierte Kunst, Wetter, Nachrichten oder eigene Fotos angezeigt werden. Man kann auch die Wand neben bzw. um den TV fotografieren, um in der App einen Hintergrund daraus erstellen zu lassen. Damit soll der TV quasi unsichtbar werden. Die Helligkeit ist im Ambient-Modus reduziert, um weniger Strom zu verbrauchen.

Da mein Wohnzimmer darauf ausgerichtet ist, dass der TV das „Centerpiece“ ist, habe ich dieser Funktion nicht viel abgewinnen können. Wer seltener fernsieht und dem schwarzen Fleck in seinem Designer-Loft nichts abgewinnen kann, wird sich vermutlich darüber freuen. Für mein Empfinden gibt es zu wenig Optionen für den Ambient-Modus, wie etwa die Einschränkung des Wetters auf bestimmte Orte oder die Auswahl der Nachrichtenquellen. Auch das Einstellen von Fotos per App ist ungewohnt umständlich, verglichen mit der guten Bedienung, die Samsung sonst bei seinen Smart-TVs bietet.

Komfortabel

Eine der großen Stärken seit der SUHD-Ära ist Samsungs Smart-TV-System. Zwar gibt es weniger Apps als bei anderen Anbietern, dafür ist das Einrichten und der Alltagsgebrauch bei keinem anderen Hersteller so komfortabel. Dazu zählen das Konfigurieren der Schnellmenüs, das Einstellen und Steuern von Geräten von anderen Anbietern, das Wechseln zwischen den Anschlüssen und Modi, usw. Es gibt keine lästigen Verzögerungen, wie etwa bei Sonys Android-TVs, und man sucht weniger nach der gewünschten Funktion als bei LGs OLED-Geräten.

Bei Modellen der genannten Hersteller musste ich mich bei Tests immer wieder über nicht-intuitive Menüs und Kleinigkeiten ärgern, speziell wenn Receiver, Spielkonsolen oder andere Geräte häufig verwendet wurden. Beim Q9FN gibt es hier kaum Grund zum Ärgern. Lediglich das automatische Abschalten der UPC-Box, wenn der TV abgedreht wird, klappt nicht – was etwas seltsam ist, denn das Einschalten funktioniert.

Die Fernbedienung ist, typisch für Samsungs Premium-TVs, angenehm minimalistisch gehalten. Das stellt nur ein Problem dar, wenn bestimmte Tasten für die Steuerung anderer Geräte fehlen, wie etwa die Info-Taste der UPC-Box-Fernbedienung, um die Sprache von Deutsch auf Englisch umzustellen. In der Fernbedienung ist auch wieder ein Mikrofon für Sprachsteuerung verbaut. Wie schon bei den früheren Samsung-TVs, ist das aber mehr Gimmick als nützlich. Das liegt nicht etwa an der schlechten Spracherkennung, sondern daran, dass die Befehle eingeschränkt sind. So kann man zum Beispiel mit „Netflix“ die Streaming-App starten, aber nicht sofort bestimmte Sendungen abspielen lassen, wie etwa „Netflix Stranger Things

Samsung hat seine SmartThings-App im Q9FN integriert. Damit können sich kompatible Smart-Home-Geräte steuern lassen. Mit der dazugehörigen Smartphone-App lassen sich auch Szenen erstellen, in die der TV eingebunden werden kann. Der Q9FN kann die Notifications der anderen SmartThings-Geräte anzeigen. Ganz ausgereift wirkt das aber noch nicht. Im Test wurden beim Einschalten des TVs Benachrichtigungen des Staubsaug-Roboters angezeigt, obwohl diese schon eine halbe Stunde zuvor auf dem Smartphone bestätigt wurden.

Ein mittelgroßes Debakel ist, dass der Q9FN

Kein Alibi-Lautsprecher

Eine Schwäche vieler moderner Smart-TVs ist der Klang. Die meisten Hersteller gehen anscheinend davon aus, dass ohnehin jeder Fernsehbegeisterte eine Soundbar dazukauft. Bei Samsung ist das dankenswerterweise nicht so.

Die zuvor bemängelte Gehäusetiefe des Q9FN wird genutzt, um einen passablen Lautsprecher zu verbauen. Dieser ist nach hinten gerichtet und nutzt die Wand als akustischen Verstärker. Der Klang kann zwar nicht mit einer Soundbar oder vernünftigen 5.1-Anlage mithalten, ist aber überraschend gut für einen eingebauten Lautsprecher.

Der Sound ist klar, ausreichend laut und ist kräftig genug, um Tiefen und Höhen zu erzeugen, ohne, dass das übertrieben provoziert wirkt. Für Hollywoodfilme würde ich nach wie vor meine 5.1-Anlage verwendet. Für das schnelle Schauen einer Serie auf Netflix ist der Lautsprecher des Q9FN aber mehr als ausreichend.

Nicht im Dunkeln verstecken

Ein Nachteil der OLED-TVs ist, dass technisch bedingt die maximale Helligkeit niedriger als bei LED-TVs ist. Bei aktuellen Modellen wirkt sich das hauptsächlich so aus, dass helles Umgebungslicht die Farben blasser erscheinen lässt bzw. leicht verfälscht.

Der Q9FN erreicht eine Helligkeit bis zu 1500 Nit im HDR-Modus und kurzfristig sogar bis zu 2000 Nit. Aber auch bei SDR-Inhalten ist der TV mehr als ausreichend hell. Zusammen mit einer sehr guten Anti-Reflexions-Beschichtung kann man so auch im hellerleuchteten Wohnzimmer angenehm fernsehen, Filme schauen und Videospiele spielen. Wunder kann der Q9FN aber nicht vollbringen: Direkt einfallendes Licht erzeugt immer noch Spiegelungen, wenn auch nicht deutlich weniger störend als bei anderen Geräten.

Samsung hat versprochen, dass die Betrachtungswinkel bei QLED stabiler sind, als bei herkömmlichen LED-TVs. Das ist korrekt, allerdings kann der Q9FN nicht mit den Blickwinkeln eines aktuellen OLED-TVs mithalten. Man erkennt zwar auch bei horizontalen Verschiebungen noch genug, ab 20 Grad beginnen sich aber die Farben merkbar zu verändern. Wer genau hinschaut, wird schon vorher einen leichten Blooming-Effekt erkennen, wenn man nicht absolut frontal vor dem TV sitzt. Dies macht sich am deutlichsten bei weißem Text oder Motiven auf schwarzem Hintergrund bemerkbar. Um das weiße Objekt ist dann eine Art unsauberes Strahlen zu sehen. Bei meinem Test reichte es 5 bis 7 Grad versetzt zu sitzen, um beim Start der PS4 Pro den Blooming-Effekt rund um das Playstation-Logo zu sehen. Im Alltagsgebrauch fällt das aber nicht störend auf.

In der Vertikalen sind die Betrachtungswinkel noch enger. Deshalb sollte man darauf achten, den Q9FN möglichst in Augenhöhe aufzustellen bzw. an die Wand zu hängen, um das beste Ergebnis zu erzielen.

Schwarzseher

Bei LED-TVs bedeuten hohe Helligkeitswerte üblicherweise: Dunkelgrau statt Schwarz. Und hier spielt der Q9FN seinen größten Trumpf aus. Schwarz ist tatsächlich Sattschwarz, selbst bei hoher Helligkeit wegen des Umgebungslichts. Das gilt sowohl bei HDR- (High Dynamic Range) als auch SDR-Inhalten (Standard Dynamic Range). In dieser Beziehung schlägt der Q9FN jeden anderen, derzeit verfügbaren LED-TV.

Nur sind eben nicht LED-TVs die Konkurrenz, sondern OLED-Modelle. Auch hier liefert der Q9FN beeindruckend ab. Im Vergleich mit dem Sony A1 und dem 2018er LG E8 sieht man lediglich auf Testbildern sofort einen Unterschied – hauptsächlich aufgrund des oben beschriebenen Blooming-Effekts, der aber deutlich geringer als bei anderen LED-TVs ist. Im realen Einsatz muss man schon sehr genau hinschauen, dass der Blooming-Effekt negativ auffällt und das Schwarz nicht als „echtes“ Schwarz wahrgenommen wird.

Das tiefste Schwarz und reinste Weiß bekommt man, wenn die Einstellung „Lokales Dimming“ auf „Hoch“ gestellt wird. Ein kleiner Nachteil dabei ist, dass das Bild dann fast zu Schwarz ist. In manchen Filmen sind einige Details im Dunkeln nicht ganz so gut sichtbar wie bei einem aktuellen OLED. Sollte das stören, kann man hier entweder die Helligkeit um eine Stufe erhöhen, was sich aber je nach Ausgangsmodus zu stark auf die restlichen Farben auswirkt, oder den Gammawert.

Alleskönner

Im Alltagseinsatz ist die Bildqualität des Q9FN fantastisch. Die Farben sind kräftig und lebendig, es wird eine gute Illusion von Tiefe erzeugt. Schärfe und Details sind ebenfalls ausgezeichnet. Besonders gut sieht man das etwa in Filmen mit einer Mischung aus Schwarz und bunten Farben, wie etwa Pacific Rim. Im HDR-Modus ist der Q9FN den OLEDs nicht nur ebenbürtig, sondern in einigen Szenen sogar überlegen. Das gilt besonders für helle Szenen. Hier plagen sich die OLEDs etwas, weshalb Farben manchmal übersättigt oder künstlich verfälscht wirken. Ein blauer Himmel kann zum Beispiel ins Türkise abdriften. Der Q9FN liefert hier natürliche, kräftige Farben ab.

Für SDR-Inhalte und Fernsehen in hellen Räumen ist der Q9FN bestens geeignet. Auch bei Videospielen macht er sich ausgezeichnet und besser als aktuelle OLEDs. Der Game-Modus liefert knackige Farben, eine hohe Schärfe und ein sehr lebendiges Bild. Nur die Einstellung „Motion Plus für Spiele“ sollte man sofort deaktivieren, da hier Schlieren und Artefakte beim Gaming mit der PS4 und Xbox One entstehen. Bei Rennspielen fällt das etwa weniger drastisch auf, bei Shootern mit Fadenkreuz ist es besonders furchtbar.

Die Bewegung ist einer der wenigen Schwächen, die der Q9FN gegenüber dem Sony A1 und LGs OLED E8 hat. In der Standardeinstellung ist das Bild extrem flüssig und hat weniger den berüchtigten „Soap Opera“-Effekt als andere TVs. Dafür entstehen aber lästige Artefakte, wie etwa eine grobe Pixeldarstellung um die Köpfe von Personen und ein Schlieren oder horizontal-verlaufende Linien bei Kameraschwenks. Das Problem trat im Test sowohl bei UHD- als auch Full-HD- und 720p-Inhalten auf. Meine Kompromiss-Einstellung ist „Unschärfeminderung“ auf 8 und „Judder-Minderung“ auf 3. Das Bild ist zwar nicht so flüssig wie beim Sony A1, dafür ist man aber die störenden Artefakte los.

Fazit

Der Q9FN ist der beste LED-TV der zur Zeit erhältlich ist. Ob man ihn auch einen OLED-TV vorzieht, ist eine Frage der Sehgewohnheiten. Wer am liebsten im abgedunkelten Zimmer dem Heimkino-Erlebnis frönt, ist mit einem Premium-OLED-TV vermutlich besser dran.

Allerdings ist der Schwarz-Vorteil der aktuellen OLEDs in dieser Situation gegenüber dem Q9FN verschwindend gering und wird den meisten Menschen ohne direkten Vergleich vermutlich nicht einmal auffallen. Bei hellen HDR-Inhalten ist der Q9FN im Vorteil, ebenso beim Gaming und den Smart-Funktionen bzw. der Bedienung. SDR-Inhalte sehen ebenfalls sehr gut aus. Außerdem bekommt man im hellen Raum immer noch eine sehr hohe Darstellungsqualität und der eingebaute Lautsprecher ist um einiges besser als die der Konkurrenz.

Das macht den Q9FN zu einem echten Allround-Talent und dem besten TV-Gesamtpaket. Für Heavy User mit einem normalen Wohnzimmer statt einem Heimkino-Raum ist der Q9FN die bessere Wahl als ein Premium-OLED-TV. Das könnte sich nächstes Jahr vielleicht ändern, wenn die OLEDs nachziehen und heller werden. Doch dieses Jahr hat Samsung gezeigt, was noch alles mit LCD möglich ist.

 

Technische Daten auf der Website des Herstellers

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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