
Sony Bravia X9 im Test: 4K-Raumteiler mit Webcam
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Die TV-Branche leidet bekannterweise an Größenwahn. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die durchschnittliche Bildschirmdiagonale eines Fernsehers von 16 auf 33 Zoll verdoppelt. Motor hinter diesem Boom war vor allem der Durchbruch von HDTV (sei es nun 720p oder 1080p), das bis zu fünf Mal so viele Pixel auf den Bildschirm brachte als zuvor. Nun folgt der nächste große Sprung auf 4K - zumindest wenn es nach den Herstellern geht.
4K stellt vier Mal so viele Pixel wie Full HD dar, aber muss daher der Bildschirm auch noch einmal doppelt so groß werden? Die kleinsten derzeit verfügbaren 4K-Modelle messen zumindest 40 Zoll, der Kunde hat hier also noch die Wahl. Die futurezone hat sich dennoch einmal an der etwas kostspieligeren Variante versucht und die neue Generation des Sony X9 mit 79 Zoll Bildschirmdiagonale angefordert. Zu groß oder im Zusammenspiel mit der hohen Auflösung gerade richtig? Die futurezone hat es ausprobiert.
Die X9-Reihe hebt sich vor allem durch ein recht ungewöhnliches Design hervor. Der Flat-TV hat keine durchgehend gleichbleibende Breite, sondern verfügt über eine Keilform. An der Spitze ist er knapp drei Zentimeter breit, unten misst er bereits stolze neun Zentimeter. Das ermöglicht es Sony jedoch auch, ein mehr als solides Lautsprechersystem zu verbauen. Die untere Hälfte wird von insgesamt sechs Magnetic Fluid-Lautsprechern eingenommen. Der X9 kommt so auf eine recht wuchtige Breite von 203,1 Zentimetern, man erspart sich damit aber theoretisch zusätzliche Lautsprecher. Letztendlich ist es eine Glaubensfrage, denn so gut und laut die Lautsprecher sein mögen, wer Raumklang haben will, kommt um ein vernünftiges Soundsystem nicht herum.
Sony hat die zusätzliche Breite genutzt und dem X9 links oben ein Bullauge spendiert, aus dem die integrierte Webcam herauslugt. Mit einer optionalen Abdeckung kann diese aber für vorsichtige Nutzer verdeckt werden. Die Keilform an der linken und rechten Seite wird von einer Chrom-Oberfläche verdeckt, die leider, wie auch die Front des Fernsehers, ein wahrer Magnet für Fingerabdrücke ist. Das LED-Panel wird von einer kaum spiegelnden Glasscheibe geschützt, von der man aber tunlichst die Finger lassen oder zumindest ein Mikrofasertuch in Griffweite haben sollte. Die mitgelieferten Standfüße lassen sich in zwei verschiedenen Positionen montieren. Wer einen kleinen TV-Tisch zuhause hat, kann sie in einem Abstand von knapp 50 Zentimetern zueinander montieren. Der Abstand kann aber auch verdoppelt werden, sodass der Fernseher frei am Boden oder einem breiten Tisch aufgestellt werden kann. Das wirkt auch deutlich edler.
Anschlüsse ohne Ende
Der Fernseher kann auch an der Wand befestigt werden, er ist mit allen VESA-Halterungen kompatibel. Wer das 79 Zoll-Modell an seine Wand hängen möchte, sollte sich aber um eine solide Befestigung kümmern. Mit 60,9 Kilogramm ist er alles andere als ein Leichtgewicht. Glücklicherweise hat Sony bei diesem Modell das Netzteil vollständig im Gerät verbaut, lediglich das Netzkabel muss zur Stromversorgung angeschlossen werden. Eine pulsierende LED unter dem Sony-Logo zeigt in verschiedenen Farben an, ob der Fernseher eingeschaltet ist oder nicht. An Anschlüssen spart Sony ebenfalls nicht, die große Fläche wird auf der Rückseite voll ausgenutzt. So finden sich dort gesammelt auf der linken Seite vier HDMI-Anschlüsse (zwei davon mit MHL-Unterstützung), drei USB 2.0--Anschlüsse (einer davon mit 800 mA Ladestrom für das Aufnehmen auf einer externen Festplatte) sowie ein CI-Schacht, ein Twin-Triple-Tuner (DVB-T2/S2/C) sowie ein 3,5mm-Klinkenstecker. Hinter einer Abdeckung verbergen sich zusätzlich dazu ein SCART-Anschluss, ein Ethernet-Port, Komponenten-Eingänge sowie ein optischer Audioausgang.
Sony setzt bei der X9-Serie auf ein VA-LCD-Panel, das über eine LED-Hintergrundbeleuchtung verfügt. Typisch für ein VA-Panel punktet der Bildschirm des X9 vor allem mit hohem Kontrast. Laut Sony liegt das dynamische Kontrastverhältnis “über einer Million zu Eins”, auch im Test überzeugte das Bild mit seiner Darstellung. Die automatische Szenen-Erkennung verrichtete gute Arbeit und passte das Bild dem Inhalt an. Meist reichte der Allgemein-Modus aus, dieser lieferte den höchsten Kontrast und die kräftigste Farbdarstellung. Insgesamt stehen neun verschiedene Modi zur Auswahl, die verschiedene Aktivitäten wie Videospiele, Kino-Filme oder Foto-Anzeige abdecken. Neben den Bild-Einstellungen werden auch die Ton-Einstellungen bei der Szenen-Auswahl angepasst.

© futurezone
Flüssiger
Der Nachteil eines VA-Panels soll jedoch auch eine höhere Latenz sein, die vor allem für Videospieler kritisch ist. Schlierenbildung oder deutlich nachziehende Bilder gab es nicht. Somit müssen sich auch jene, die viel auf der Spielkonsole online zocken, keine Sorgen machen. Für ein flüssiges Bild bei schnellen Bewegungen soll die Motionflow-Technologie sorgen, die Zwischenbilder berechnet, das LED-Backlight anpasst und auf ein 200 Hz-Panel setzt. Sony macht aus der Kombination dieser Technologien, wie viele andere Hersteller, eine 800 Hz-Technologie. Dennoch kann das Ergebnis überzeugen. Selbst rasche Bewegungen werden flüssig angezeigt, das Ergebnis weckt jedoch, wie bei einigen anderen Modellen, Erinnerungen an eine Seifenoper. Vor allem bei Fußball- oder anderen Sport-Übertragungen - sowohl in 4K als auch Full HD - machte sich dieser Effekt positiv bemerkbar. Für Motionflow stehen zudem verschiedene Profile zur Auswahl, die den Effekt weicher oder “Kino-ähnlicher” gestalten sollen.
Sony setzt bei allen aktuellen Smart-TV-Modellen auf eine recht übersichtliche Benutzeroberfläche, die vor allem Besitzern einer PlayStation 3 sehr bekannt vorkommen dürfte. So sind die Einstellungen beispielsweise optisch nahezu ident zur XMB-Oberfläche der PS 3. Die Bedienung geht flott vonstatten, es kommt zu keinerlei spürbaren Verzögerungen. Die Einstellungen sind übersichtlich aufgeräumt, können Einsteiger aber hin und wieder etwas überfordern. Der X9 verfügt dank WLAN oder Ethernet über Zugang zum Internet. Der Browser von Opera verrichtet seine Arbeit ordentlich, Flash unterstützt er jedoch nicht. Die Navigation ist insbesondere mit der optional erhältlichen Fernbedienung, die über eine Touch-Oberfläche verfügt, bequem. Ohne diese verkommt das Scrollen mit Hilfe der Menü-Tasten der Fernbedienung zur Herausforderung.

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Die Wiedergabe von Filmen, Musik und Fotos über USB oder Netzwerkfreigaben ist problemlos möglich. Es werden nahezu alle gängigen Videoformate unterstützt, von MPEG, AVI, MP4, WMV, MOV und AVCHD bis hin zu MKV, WebM und 3GPP. Bei den Musikformaten ist die Auswahl mit MP3, WMA und LPCM geringer, aber dennoch ausreichend.
Als einziges Modell der X9-Serie verfügt das 79 Zoll-Modell über passives 3D. Dabei kommen statt Shutter-Brillen deutlich günstigere Brillen mit Polfiltern zum Einsatz. Das Bild wird dabei in Zeilen aufgeteilt, die alternierend über eine andere Polarisation verfügen. So bekommt das rechte und linke Auge alternierend jede zweite Zeile angezeigt. Dabei entsteht, wie bei der Shutter-Technologie, ein Tiefen-Effekt. Da hier aber im Gegensatz zu Shutter-Brillen ein Vollbild in zwei Halbbilder geteilt wird, ist die Qualität jedoch etwas schlechter. Zumindest in der Theorie, denn da der X9 mit 4K auflöst, kann die volle Bildhöhe eines 1080p-Bildes dargestellt werden. So kam es bei 3D-Inhalten in 1080p zu keinerlei Qualitätsverlust, das Bild war ebenso scharf wie bei aktivem 3D.

© Sony
Der Sony X9 ist auch in der neuen Version einer der besten 4K-Geräte auf dem Markt. Eine Stufe unter Sonys Flaggschiff-Reihe X95 bietet die X9-Reihe leistbare Geräte, bei denen man in puncto Ausstattung und Qualität ein Sorglos-Paket geliefert bekommt. Dennoch dürfte wohl so mancher einmal tief schlucken, wenn man die Preisempfehlung von 8.499 Euro zu Gesicht bekommt. Die Investition ist es jedoch Wert, wenn man bereits jetzt ein gutes 4K-Gerät mit einem ansprechenden Design besitzen möchte. Deutlich preisgünstiger ist das 65 Zoll-Modell um 4.199 Euro, bei dem man jedoch auf das passive 3D verzichten muss. Wer ein kleineres Modell sucht, sollte sich bei der Konkurrenz umsehen. Der chinesische Hersteller Hisense bietet derzeit mit einem Kampfpreis von 800 Euro sein 50 Zoll großes 4K-Modell an, das sich in puncto Ausstattung nicht hinter der teureren Konkurrenz verstecken muss.
Ohnedies sollte man sich vor dem Kauf eines 4K-Fernsehers die Glaubensfrage stellen: Brauche ich 4K bereits? Zur IFA im September werden die ersten 4K-fähigen Receiver erwartet, dennoch dürfte es noch Jahre dauern, bis es auch TV-Sender gibt, die in der neuen Auflösung übertragen. Auch über Video on Demand oder BluRay gibt es derzeit noch kaum 4K-Content. Wahre Vorteile hat man lediglich bei Technologien wie 3D, wodurch 1080p-Inhalte besser dargestellt werden können.
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