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Kamera

Sony RX100 im Test: Kleine Cam, große Bilder

Als Gegenbewegung zur „Geiz ist geil"-Kultur haben sich die Premium-Digicams entwickelt. Größere Sensoren und lichtstarke Objektive, die auf einen großen, optischen Zoom verzichten, sollen für mehr Bildqualität sorgen und gleichzeitig kompakter als DSLRs oder Systemkameras sein. Zu den Vertretern dieser Klasse gehören etwa die Canon G1 X, Panasonics LX5, die Fuji X10 und jetzt auch die Sony RX100. Die futurezone hat die RX100 getestet.

Design
Optisch ist die RX100 durchaus ansprechend. Die mattschwarze Farbe, der große Objektiv-Ring, der vom oberen bis zum unteren Rand des Gehäuses reicht und die runden Kanten sorgen für einen Retro-Look, der nicht mit Chrom- und Kunstlederelementen auf übertrieben alt gemacht wurde. Die Form und Positionierung der Bedienelemente ist allerdings bekannt – und zwar von der Konkurrenz. Die RX100 hat optisch starke Ähnlichkeiten mit der Canon S95 und S100.

Mit 240 Gramm wiegt die RX100 weniger als die meisten ihrer Premium-Digicam-Konkurrenten. Durch die kompakten Maße fühlt sie sich aber dennoch schwer an. Länge und Höhe entsprechen der einer normalen Digicam, nur die Tiefe ist mit 35,9 mm etwas höher ausgefallen. Bei nicht-hautengen Jeans ist das gerade noch Hosentaschen-geeignet. An der linken und rechten Seite sind Ösen im Gehäuse für das Montieren eine Handschlaufe oder Umhängeschlaufe.

Ein kleiner Nachteil der kompakten Maße ist der Verzicht auf zusätzliche Anschlüsse und Schnittstellen. So gibt es keinen Blitzschuh für Aufsteckblitze, keine Möglichkeit Filter anzuschrauben und keinen 3,5-mm-Klinkenstecker, um ein Mikrofon für bessere Videoaufnahmen zu nutzen. Vorhanden sind ein SD-Slot, Micro-USB-Stecker und Micro-HDMI-Stecker. Letzterer ist versteckt an der Unterseite der Kamera angebracht.

Handling
Trotz kleiner Dimensionen hält sich die RX100 noch relativ stabil, solange man den Blitz nicht braucht. Ist dieser ausgeklappt, kann man die RX100 fast nur noch mit der rechten Hand halten, was die Chance auf Verwackler bei längeren Belichtungszeiten erhöht.

Ungewohnt, aber nicht ungewollt, ist der empfindliche Auslöser. Zwischen Fokussieren und Auslösen ist nur ein sehr geringer Abstand. Anfangs führt das noch zu ein paar ungewollten Auslösungen, später ist man aber dankbar dafür. Denn weniger Widerstand beim Drücken reduziert wiederum die Gefahr von verwackelten Aufnahmen.

An der Rückseite befindet sich rechts oben eine kleine, rutschfeste Erhebung, die aber so klein ist, dass sie maximal die Andeutung einer Daumenauflage für die rechte Hand ist. Die Erhebung reicht aber, um die Videoaufnahmetaste vor unabsichtlichen Auslösungen zu schützen.

Gerädert
Die Bedienelemente sind gut erreichbar. Obwohl die flachen Tasten an der Rückseite recht klein sind, ist genug Abstand zur nächsten Taste, ein Verdrücken ist kaum möglich. Das Moduswahlrad an der Oberseite ist ein bisschen zu streng zu bedienen. Wer oft Modus wechselt, wird am Daumen bald eine Hornhaut vom strukturierten Rand des Wahlrades bekommen.

Wie auch Canons S95, S100 und G1 X, hat die RX100 nicht nur an der Rückseite ein Rad, sondern auch um das Objektiv herum. Im Gegensatz zu Canons Modellen dreht sich das Objektivrad frei und rastet nicht mit Klicks ein. Beim manuellen Fokussieren ist dies sehr angenehm. Ist der Fokus auf automatisch gestellt, übernimmt das Objektivrad andere Funktionen. In den Modi Blenden- und Zeitpriorität wird damit, genau wie mit dem Rad an der Rückseite, die Blende und Zeit gestellt. Im manuellen Modus wird mit dem Objektivrad die Blende und mit dem rückseitigen Rad die Verschlusszeit verstellt. Der Objektivring kann auch mit sieben Funktionen fix belegt, wie etwa mit der Wahl des ISO-Wertes oder der Belichtungskorrektur, oder komplett deaktiviert werden.

Menüführung
Auch zwei der Richtungstasten des rückseitigen Rades, sowie die Mitteltaste können umbelegt werden. Für die Funktionstaste FN können bis zu sieben Belegungen gewählt werden. Drückt man die FN-Taste, wird im Display die aktuelle Funktion, etwa die Auswahl der Effekte, eingeblendet. Drückt man nach rechts, kommt man zur ISO-Auswahl, danach zum HDR-Modus und so weiter.

Während die Auswahl der Tastenbelegungen noch vorbildlich ist, ist es das Menü nicht. Hier gibt es insgesamt 16 Untermenüs mit Einstellungsparametern. Sucht man eine bestimmte Einstellung, kann es schon eine Weile dauern, bis man sie findet. Immerhin funktioniert auch die Hilfe-Taste im Menü; allerdings erst, wenn man eine Funktion aktivieren oder deaktivieren will. Wählt man etwa den Menüpunkt „Fallsensor" an, zeigt ein Druck auf die Hilfe-Taste an: „Fallsensor-Funktion einstellen". Erst wenn man die mittlere Taste drückt, um die Funktion ein- oder auszuschalten, erklärt ein Druck auf die Hilfe-Taste, was der Fallsensor eigentlich macht.

Außerdem ist es nicht immer logisch, warum manche Menüpunkte nicht auswählbar sind. Ein Beispiel: Ist etwa „AF-Feld" auf Mitte gestellt, ist der Menüpunkt „Autom. Portr.-Rahm." ausgegraut. Erst wenn dieser auf „Multi" gestellt und die „Lächel-/Ges.-Erk." auf „Ein" gestellt wird, ist der automatische Porträtrahmen verfügbar. Ist das Autofokus-Feld auf „Mitte" gestellt, kann zwar auch die Gesichtserkennung aktiviert werden, aber nicht der Porträtrahmen.

Display
Das Display hat eine Diagonale von 3 Zoll und ist, entgegen dem Trend, nicht klapp- und schwenkbar und auch kein Touchscreen. Durch das Einsparen des Klappmechanismus ist wiederum das Gehäuse kompakter und der Verzicht auf einen Touchscreen ist kein Verlust, da die Tasten und Bedienelemente ohnehin gut erreichbar sind.

Das Display hat 1.228.800 Pixel und eine sehr gute Darstellung. Sony verspricht durch zusätzliche weiße Subpixel ein helleres Display. Im direkten Sonnenschein ist es aber dennoch nur schwer verwendbar. Die Option einen elektronischen Sucher anzustecken, gibt es nicht. Verstellt man Parameter, wie etwa die Blende, ISO-Wert oder Verschlusszeit, wird am Display sofort angezeigt, wie sich dies auf das Bild auswirkt.

Sensor und Objektiv
Der 20-Megapixel-Sensor ist um etwa das Vierfache größer als der einer normalen Digicam. Diese Größe entspricht dem Sensor, den Nikon in der Systemkamera V1 und J1 verwendet, der ebenfalls von Sony gebaut wird. Damit ist er aber kleiner als die Sensoren in Olympus und Panasonics Micro-Four-Third-Kameras, der Canon G1 X und Sonys eigener Systemkamera-Reihe NEX, die Sensoren in DSLR-Größe nutzt.

Das Objektiv hat eine Brennweite von 28-100mm (35mm Kleinbildäquivalent) mit einer Lichtstärke von 1.8 bis 4.9. Bei einem 1,5-fach Zoom (etwa 42mm) hat man noch F2.8, was für Porträtaufnahmen durchaus in Ordnung ist. Durch den größeren Sensor ist der Mindestabstand zum Motiv höher als bei normalen Digicams. Zwischen Motiv und Objektiv müssen 7cm sein, um mit 1-fach-Zoom noch scharfstellen zu können. Dabei befindet man sich im leichten Weitwinkelbereich, was zusammen mit einer Blende von F1.8 aber durchaus für interessante Aufnahmen sorgt. Zum Vergleich: Die Canon G1 X muss aufgrund ihres großen Sensors fast 20cm vom Motiv entfernt sein, um noch scharfstellen zu können.

Blitz
Der Blitz wird automatisch ausgefahren, wenn im Menü der Blitz aktiviert und mit dem Auslöser fokussiert wird. Der Federmechanismus wirkt durchaus stabil, dennoch sollte man ihn nach der Verwendung lieber gleich wieder einklappen, um nirgends hängen zu bleiben.

Im Weitwinkelbereich ist der Blitz auf eine Distanz von bis zu zwei Meter noch ausreichend, alles was darüber ist, wird nur unzureichend ausgeleuchtet. Der Blitz lädt außerdem nicht schnell genug auf. Ein bis zwei Sekunden, nachdem die Kamera bereit für das nächste Foto ist, ist der Blitz erst wieder aufgeladen.

Leistung
Das Gefühl des langsamen Blitzes wird dadurch verstärkt, dass die RX100 enorm schnell ist. Der Fokus ist beim mittigen Fokuspunkt sehr flott und findet fast immer das Motiv, auch bei Aufnahmesituationen mit wenig Licht. Die Auslöseverzögerung ist mit 0,13 Sekunden so gut wie nicht vorhanden und sofort nach dem „Klick"-Geräusch kann man noch mal den Auslöser durchdrücken für das nächste Bild. Der Abstand zwischen zwei Aufnahmen ist dadurch nur gut eine halbe Sekunde lang.

Der Serienbilder-Modus schafft bis zu zehn Bilder pro Sekunde in voller Auflösung mit 20 Megapixel, nach 13 Aufnahmen ist der Puffer jedoch voll und das Bild wird für fünf Sekunden schwarz (JPG, Qualität: fein).

Der Akku hält laut Sony für bis zu 330 Aufnahmen. Im futurezone-Dauertest konnten sogar knapp 400 Fotos (ohne Blitz, ohne Videoaufnahmen) gemacht werden. Ein kleines Manko: Der Akku muss in der Kamera aufgeladen werden. Das ist lästig, wenn man einen Zweitakku verwenden will. Das Netzteil wird per mitgeliefertem USB-Kabel mit der RX100 verbunden.

Ausstattung
Obwohl sich die Kamera an anspruchsvolle Fotografen richtet, hat Sony (glücklicherweise) nicht auf Spielereien verzichtet. Neben den sechs Kreativmodi, die in den Parametern Kontrast, Sättigung und Schärfe angepasst werden können, gibt es noch 33 Filter. Wobei Sony hier etwas geschummelt hat, da es etwa den „Spielzeugkamera"-Effekt in fünf und den „Teilfarbe"-Effekt in vier Farbvariationen gibt.

Lobenswert ist auch der HDR-Modus. Wie es sich gehört, ist dieser nicht ein Teil des Szenen-Modus, sondern kann im P, A, S und M-Modus angewandt werden. Aus drei Aufnahmen wird eine kombiniert. Die Stärke des Effekts kann mit einer Belichtungsdifferenz von 1 bis 6 gewählt werden. Der HDR-Modus lieferte im Test gute Ergebnisse im Freien, etwa bei hellem Himmel oder Gegenlicht, um Details aus dem Motiv und Hintergrund hervorzuholen. Die Dynamikbereichoptimierung steht ebenfalls zur Auswahl, ist aber nur zu empfehlen, wenn der HDR-Modus nicht angewandt werden kann (zB: wenig Licht und kein Stativ zur Hand).

Im Display kann eine digitale Wasserwaage eingeblendet werden, die sowohl horizontale als auch vertikale Abweichungen anzeigt. Als Hilfe zum manuellen Fokussieren können die Kanten des Objekts, auf das gerade scharf gestellt ist, in Rot, Gelb oder Weiß hervorgehoben werden.

Auch wieder mit dabei ist die Schwenkpanorama-Funktion. Auch die funktioniert, wie bei fast allen Sony-Kameras mit dieser Funktion, sehr gut. Nur die Schwenkrichtung muss vor dem Schwenk manuell eingestellt werden und wird nicht automatisch von der RX100 erkannt. Aufgrund des eher kleinen Puffers darf man sich auch nicht zu lange Zeit beim Schwenk lassen, da das Panorama sonst zu kurz wird.

Bildqualität
Gemessen an der Größe des Gehäuses ist die RX100 ein Bildqualität-Riese. Die Belichtungsmessung ist genauer als bei so mancher DSLR und auch die Farben werden sehr akkurat wiedergegeben. Die Detailzeichnung ist ebenfalls exzellent und die automatischen Korrekturen beseitigen die meisten Bildstörungen von JPGs. Selbst bei 100-Prozentiger Vergrößerung sind kaum Artefakte zu sehen.

Besonders beeindruckend werden Porträts mit der RX100 (ohne Porträt-Szenenmodus und automatische Hilfsmittel), die bei der Bildqualität mit einer DSLR mithalten können. Bei Aufnahmen im Weitwinkel mit weit geöffneter Blende gibt es ein wenig Unschärfe in den Ecken, hier gerät das Objektiv an seine Grenzen.

ISO-Rauschen ist bei ISO 800 bereits bemerkbar und ab ISO 1600 deutlich zu sehen und störend. Hier hat die Canon G1 X die Nase vorne, die aufgrund des größeren Sensors auch in der Detailzeichnung einen Tick besser ist. Die RX100 kann per Multiframe-Option bis zu ISO 25.600 erreichen. Hierzu werden mehrere Aufnahmen kombiniert, die Multiframe-Bilder sind jedoch sehr weich gezeichnet und sehen dadurch fast immer unscharf aus.

Video
Die RX100 kann Videos im MP4-Format (1440x1080) und in AVCHD (FullHD, 50p oder 50i) aufzeichnen. Die Videos sind gut aber nicht atemberaubend. Positiv anzumerken ist, dass im Video-Modus die Modi P, A, S und M zur Auswahl stehen, um Zeit und Blende selbst zu bestimmen. Die Audioaufnahme mit den eingebauten Stereomikrofonen ist ebenfalls in Ordnung.

Fazit
So abgedroschen der Spruch auch ist, hier trifft er zu: „Klein, aber oho." Die RX100 überzeugt durch ihre vielen Einstellungsmöglichkeiten, die Bedienung und natürlich die Bildqualität. Mit dem umständlichen Menü kann man sich arrangieren und nach einigem Herumprobieren weiß man auch, was was ist und weshalb eine Funktion nicht geht, wenn die andere aktiv ist.

Ein DSLR-Ersatz ist sie dennoch nicht. Dazu fehlt die Möglichkeit Zubehör anzubringen und ein besseres Rauschverhalten bei hohen ISO-Werten. Als Alternative zu einer Systemkamera macht sie aber durchaus Sinn (die meisten Käufer wechseln ohnehin nie das Objektiv ihrer Systemkamera), besonders wenn man ein Gerät haben will, das so klein wie möglich ist.

Das hat aber seinen Preis: 650 Euro sind für eine Digicam nicht wenig. Um etwa 600 Euro bekommt man bereits die Einsteiger-DSLR Canon 600D mit Kit-Objektiv. Andererseits kostet die Canon G1 X, die ebenfalls dem Segment der Premium-Digicams zuzuordnen ist, 729 Euro. Die hat zwar einen größeren Sensor, ein besseres Rauschverhalten und Platz für Zubehör, ist dafür aber auch deutlich größer als Sonys RX100 und doppelt so schwer.

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Modell:
Sony DSC-RX100
Sensor:
20,2 MP Exmor CMOS Sensor
Videoaufnahme:
FullHD 50p
Serienaufnahme:
Bis zu 10 Bilder/s
Objektiv:
3,6x optischer Zoom (28-100mm  Kleinbildäquivalent), Lichtstärke 1:1,8–4,9
ISO-Bereich:
125 bis 6400 (erweiterbar auf 80 bis 25.600)
Abmessungen:
101,6 × 58,1 × 35,9 mm, 240 Gramm
Preis:
649 Euro UVP

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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