Spieletest: Diablo III ist nett zu Noobs
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Diablo und Diablo II haben nicht nur ein Genre, sondern eine Generation von Spielern geprägt. Hack-and-Slay wurde als eigenes Genre anerkannt und Mausfinger quasi eine Freizeitkrankheit von Gamern, bedingt durch die Klickorgien, um Dungeons zu durchqueren, unzählige Monster und Dämonen auszuschalten und beim Ertönen eines *Bling* panisch am Boden herumzuklicken, um den vom Endgegner fallen gelassenen magischen Ring vor den menschlichen Mitstreitern zu erbeuten.
Zwölf Jahre sind nun vergangen, seit in Diablo II der Höllenfürst, und ein Jahr später im Erweiterungspack „Lord of Destruction" Baal, bezwungen wurde. Und das meist mehrfach von jedem Spieler, da Diablo II zum ständigen Wiederspielen motivierte. Zwölf Jahre sind auch mehr als genug Zeit, damit Diablo-Veteranen ihre Mauszeigefinger regenerieren konnten. In zwölf Jahren hat sich aber auch eine neue Generation von Gamern entwickelt. Diablo III versucht den Spagat zwischen Oldschool und Einsteiger-Freundlichkeit. Die futurezone hat getestet, ob das gelingt.
Alles beim Alten
Am Gameplay hat sich, trotz der langen Zeit, nicht viel geändert. Man wählt eine der fünf Charakter-Klassen (diesmal kann man das Geschlecht für jede Klasse bestimmen) und steuert diese aus einer isometrischen Perspektive durch vier Akte. Ingesamt können vier Spieler kooperativ das Abenteuer bestreiten. Wer keinen menschlichen Mitspieler hat, kann sich einen der K.I.-Begleiter mitnehmen, die mit Ringen, Waffen, aber nicht Rüstungen, ausgestattet werden kann.
Unterwegs werden reichlich Monster, stärkere Monster und Bosse beseitigt, sowie haufenweise Gold, Edelsteine und Gegenstände eingesammelt. Auch das Gegenstandssystem ist gleich geblieben: Items mit weißen Namen sind unmagisch und damit meist unbrauchbar. Blaue Gegenstände haben magische Eigenschaften, gelbe sind selten und orange-farbene sind die einzigartigen Gegenstände, die besonders selten zu finden sind.
Besiegte Feinde und erfüllte Aufgaben geben Erfahrung, die das Level des eigenen Charakters erhöhen und neue Fähigkeiten freischalten. Die meisten Karten und Dungeons im Spiel bestehen, wie schon bei Diablo II, aus Bausteinen, die bei jedem Neueinstieg auch neu zusammengesetzt werden. So ist etwa der Stil der Kathedrale zwar immer gleich aber die Raumanordnung, die Gänge und die Positionierung der Feinde variieren.
Alles Neu
Das war es dann aber auch schon mit dem Bekannten. Das alte Fertigkeiten- und Level-System aus Diablo II wurde komplett über den Haufen geschmissen. Die Punkte in Eigenschaften wie Stärke, Ausdauer und Geschicklichkeit werden automatisch bei jedem Level-Up vergeben und anstatt im Fertigkeitsbaum-Baum selbst Skills freizuschalten oder zu verbessern, werden diese automatisch ab einem bestimmten Level verfügbar.
Gegenstände werden im Mehrspieler-Modus individuell fallen gelassen, das heißt es gibt kein Wettklicken um die besten Items. Gold wird automatisch aufgesammelt, wenn man darüber läuft. Heiltränke haben eine deutlich höhere Abklingzeit und sind damit (zumindest im normalen Schwierigkeitsgrad) fast nutzlos, da auch Heil-Orbs von besiegten Monstern fallen gelassen werden. Läuft man über diese, wird ein Teil der Energie sofort automatisch hergestellt.
Mana- und Ausdauertränke entfallen komplett. Jede Klasse hat eigene Eigenschaften, was im Grunde dem früheren Mana und der Ausdauer entspricht. Primärattacken stellen die Energie eine der Eigenschaften her. Beim Dämonenjäger erhöht etwa jeder Treffer mit dem Bolaschuss „Hass". Mit der rechten Maustaste werden stärkere Fähigkeiten aktiviert, die Hass verbrauchen. Zusätzlich hat der Dämonenjäger die zweite Energieleiste „Disziplin", die ebenfalls beim Einsatz bestimmter Fähigkeiten aufgebraucht wird und sich langsam selbst regeneriert.
Beim Design der Fähigkeiten und Charaktere war der Macher Blizzard bedingt kreativ. Der Barbar ist der klassische Drauhauf, auch die Magierin ist weitestgehend bekannt, kann aber jetzt auch mit Nahkampfzaubern ausgestattet werden. Der Dämonenjäger ist eher einfallslos, viele Fähigkeiten machen zu wenig Sinn, um sie überhaupt einzusetzen. Der Mönch ist da schon abwechslungsreicher und der Hexendoktor die witzigste Klasse. Dieser ruft Begleiter herbei, spuckt brennende Fledermäuse, lässt Frösche regnen oder verlangsamt mit einer Wand aus Zombies Gegner.
Alles ohne Rollen
Die berüchtigten Rollen für Stadtportale und für das Identifizieren von Gegenständen sind ebenfalls verschwunden. Das Stadtportal wird einfach per Klick gemacht, blaue Gegenstände müssen nicht identifiziert werden und seltene und einzigartige Gegenstände werden durch einen Rechtsklick im Inventar identifiziert.
Magische Gegenstände die nicht benötigt werden, können beim Schmied zerlegt werden. Aus den gewonnen Rohstoffen können neue Gegenstände geschmiedet werden. Bessere Gegenstände werden verfügbar, wenn der Schmied gegen einen Goldbetrag aufgerüstet wird. Auch der Juwelenhändler, bei dem aus kleineren Juwelen bessere Exemplare zusammengesetzt werden, muss erst aufgerüstet werden, um makellose, perfekte und strahlende Juwelen herstellen zu können.
Der Ablageplatz der Kiste kann gegen Goldzahlungen vergrößert werden. Die Kiste gilt übergreifend für alle angelegten Charaktere. Auch das Gold steht allen Charakteren zur Verfügung, ebenso die Upgrades für den Schmied und Juwelenhändler. Ausgenommen hiervon sind die Hardcore-Charaktere. Legt man einen Charakter als Hardcore an, kann dieser nicht wieder zum Leben erweckt werden, wenn er stirbt. Dann kann man nur einen neuen Hardcore-Charakter anfangen.
Alles für die Noobs
Das neue Skill-System verhindert, dass man sich „verskillt" – die Punkte also falsch vergibt und so seinen Charakter zu schwach macht. Mit dem Fertigkeitensystem von Diablo III kann jederzeit ein anderer Spruch oder Angriff angelegt werden, wenn einem dieser mehr gefällt oder als sinnvoller erscheint. Das, in Kombination mit der automatischen Steigerung der Eigenschaften bei einem Level Up und den vielen, eingeblendeten Tipps, macht das Spiel auch für Diablo-Neulinge sehr zugänglich.
Außerdem wurde die Anzahl an Informationen reduziert und für Neulinge optimiert. Anstatt wie bei Diablo II das Charakter-Infofenster und das Inventar nebeneinander geöffnet zu haben und durch das Hin- und Herwechseln der Waffen oder Rüstungen zu sehen, welche Eigenschaften sich verändern, wird bei Diablo III die Änderung direkt angezeigt. Lässt man die Maus etwa über einer Rüstung, wird in roten und grünen Zahlen beim Gegenstand angezeigt, wie sich etwa die maximale Lebensenergie verändert, wenn man die neue Rüstung anlegt. Das führt dazu, dass die Charakterinfo eigentlich keine Rolle mehr spielt und damit ein Teil der Identität der Diablo-Serie verloren geht.
Ebenfalls für Diablo-Veteranen ungewohnt werden anfangs die astronomisch erscheinenden Werte von magischen Gegenständen sein. Ein blauer Ring kann etwa +30 Geschichtlichkeit und +40 Vitalität geben – Werte, von denen man in Diablo II nur träumen konnte.
Die Story, sofern diese bei Hack-and-Slays überhaupt eine Rolle spielt, ist ebenfalls so gemacht, dass man nicht die Vorgänger gespielt haben muss, um zu wissen, worum es geht. Auch für die Konsolengeneration wurde gesorgt: Das Vernichten mehrere Feinde in Folge gibt Bonuserfahrung und für bestimmte Aktionen gibt es Erfolge – ähnlich den Achievements bei der Xbox360 und PS3.
Zwei Drittel für die Profis
Der Schwierigkeitsgrad „normal", der als einziger für jeden neu erstellten Charakter verfügbar ist, ist für erfahrene Diablo-Spieler lächerlich einfach. Deshalb wird man im normalen Schwierigkeitsgrad im Mehrspieler-Modus auch kaum Mitspieler finden, die alles aufdecken und erkunden, um Erfahrung zu sammeln – man will einfach nur durchlaufen und den Endboss besiegen, um den nächsten Schwierigkeitsgrad freizuschalten.
Ab dem zweiten Schwierigkeitsgrad, Albtraum, beginnt erst das Spiel für Diablo-Veteranen. Die Heil-Orbs sind reduziert, das Gold ist durch teure Reparaturen und Upgrades nicht mehr im Überfluss vorhanden und die Gegner sind deutlich stärker. Magische Gegner haben nicht mehr nur eine, sondern zwei Spezialeigenschaften und die weiteren Upgrades für den Schmied und Juwelenhändler erfordern zusätzlich zum Geld Buchseiten. Auch das Schmieden der besseren Gegenstände erfordert neue Zutaten und Buchseiten.
Ab dem Schwierigkeitsgrad Albtraum findet man auch die einzigartigen Gegenstände (Unique Items). Ab hier macht es auch Sinn, sich näher mit seinen Skills zu befassen. Dazu sollte man in den Optionen die „erweiterten Tooltipps" aktivieren. Dadurch sieht man jetzt auch, wie viel Schaden die Fähigkeiten beim Gegner machen. Ebenfalls hilfreich ist es in den Optionen unter Gameplay „Wahlmodus" zu aktivieren. Damit können die Skills frei auf die Tasten 1 bis 4 und die linke und rechte Maustaste gelegt werden. Aktiviert man das nicht, sind die Plätze vorgegeben und zwei Eigenschaften aus der selben Kategorie, die etwa mit der Taste 2 ausgeführt werden, können nicht gleichzeitig angelegt werden.
Der höchste Schwierigkeitsgrad, Inferno, hat es ordentlich in sich und dürfte selbst erfahrene Diablo-Spieler vor neue Herausforderungen stellen. Unschaffbar ist er nicht – bereits eine Woche nach dem Release des Spiels haben mehrere Spieler diesen Grad gemeistert. Langweilig wird Diablo III aber deshalb nicht. Schließlich gilt es fünf Charaktere auf das maximale Level 60 zu bringen und dann auch noch die Herausforderung der Hardcore-Charaktere.
Alles online
Berechtigte Kritik hat der Entwickler Blizzard für seine „immer online"-Politik einstecken müssen. Unter anderem aus Kopierschutzgründen findet jedes Spiel auf einem Server statt – auch wenn man nur alleine spielen will. Das führt unter anderem dazu, dass man selbst in einem Singleplayer-Spiel Probleme mit Lag und Rucklern haben kann. Derzeit kommt es auch immer wieder zu Verbindungsproblemen, jeder neue Patch scheint wieder die Server für mehrere Stunden, bis zu Tagen, lahmzulegen.
Der Vorteil des System ist, dass man mit nur einem Tastendruck das Spiel öffentlich machen kann, um so etwa mit der Hilfe von menschlichen Mitspielern einen Boss oder besonders starken Gegner zu bezwingen. Auch das Cheaten, etwa durch das Editieren der Charakter-Dateien, sollte so reduziert werden, da die Charaktere online abgespeichert sind.
Nicht alles sieht wie WoW aus
Ebenfalls Vorabkritik musste Blizzard für den Grafikstil von Diablo III hinnehmen: „zu bunt, zu freundlich, zu sehr wie World of Warcraft". Das stimmt nur zum Teil. Die Hintergründe und Levels sind nach wie vor düster gehalten, auch der dezente Soundtrack und das Schlurfen und Kreischen der Gegner passt zur düsteren Atmosphäre. Die eigenen Charaktere sind zu bunt und fügen sich nicht ganz so gut in das Gesamtbild. Dafür sind die Unterschiede bei angelegten Gegenständen deutlicher sichtbar als bei Diablo II.
Gelungen ist die Physik-Engine. Gegner können durch magische Explosionen und verschiedene Sprüche durch die Gegend geschleudert werden. In den Levels gibt es immer wieder zerstörbare Gegenstände, die bei den teils chaotischen Kämpfen zu Bruch gehen und die Fähigkeiten und Zaubersprüche noch mächtiger erscheinen lassen. Ein Kettenblitz am Friedhof vernichtet etwa nicht nur die fünf dort herumschlurfenden Zombies, sondern lässt auch gleich die Grabsteine in der Umgebung zerspringen.
Ebenfalls positiv sind die unterschiedlichen Sterbeanimationen der Gegner. Werden sie mit arkanen Zaubersprüchen besiegt, hinterlassen die toten Kreaturen einen violetten Schimmer, während bei Feuerpfeilen ein Häufchen Asche zurückbleibt.
Die deutsche Sprachausgabe ist zwar ok, allerdings unterscheiden sich die Stimmen zu wenig voneinander und sie weisen nicht die amüsanten Akzente auf, die sie in der englischen Version haben. Ist das Spiel schon deutsch installiert worden, kann in den Optionen auf englisch umgestellt werden. Dann werden die englischen Sprachdateien heruntergeladen, was, je nach Auslastung der Server, eine Weile dauern kann.
War das alles?
Diablo III scheint bereits für ein Erweiterungspack vorbereitet zu sein. In den Städten der verschiedenen Akte ist noch Platz für einen zusätzlichen Händler und auch das Abschlussvideo lässt daran zweifeln, dass das Böse bereits völlig besiegt ist. Zudem fehlt bei den fünf Charakterklassen der typische Paladin, der sehr wahrscheinlich in einem Erweiterungspack nachgereicht wird.
Auch die vier vorhandenen Akte sind nicht so abwechslungsreich wie sie sein könnten und wirken teilweise wie Remakes von Diablo II. Blizzard hat sich wohl einige Ideen für den fünften Akt, der im Zusatzpack hinzukommt, aufgespart.
Fazit
Diablo III fordert von Fans des Vorgängers Durchhaltevermögen. Zu Beginn ist man versucht das Spiel als „langweilig" und „Casual Game" abzutun. Erst mit dem Albtraum-Schwierigkeitsgrad kommt die Faszination Diablo wieder richtig auf – und auch die wohltuende Panik, wenn man vor überstarken Gegnern quer über die halbe Karte flüchtet, bis die Abklingzeit des Heiltranks endlich vorbei ist, um die rot-blinkende Energieleiste wieder auffüllen zu können.
Für Genre- oder zumindest Diablo-Neulinge bietet der mäßige Schwierigkeitsgrad und das simplere Charakter- und Skillsystem einen einfachen Einsteig. Wenn jetzt auch noch die Server stabil laufen, was zumindest zwischen zwei Patches der Fall ist, steht einem lang anhaltenden Spielspaß (und dem geheimen Einhorn-Level) nichts mehr Wege.
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