Samsung Gear Fit 2
Samsung Gear Fit 2
© Gregor Gruber

Test: Samsung Gear Fit 2 nötigt Boxer zu Yoga

Test: Samsung Gear Fit 2 nötigt Boxer zu Yoga

Die Gear Fit 2 (UVP 199 Euro) ist Samsungs zweiter Versuch einen Fitness-Tracker mit einer Smartwatch zu kreuzen. Um die Existenz dieses Wearables zu rechtfertigen, schließlich ist die Samsung Gear S2 Smartwatch auch mit Pulsmesser und Workout-Tracking ausgestattet, hat die Fit 2 zusätzlich GPS verbaut. Dadurch soll sie besser als Standalone-Geräte fürs Laufen, Gehen und Radfahren verwendet werden können.

Ich habe die Fit 2 getestet und mich über dieselben Software-Versäumnisse geärgert, die schon die Gear S2 hatte.

Gebogenes Display

Wie die erste Fit hat Fit 2 ein gebogenes AMOLED-Display. Offiziell deshalb, damit sich das ebenfalls gebogene Gehäuse besser ans Handgelenk schmiegt. Inoffiziell: Es sieht gut aus und Fit 2 unterscheidet sich damit von den vielen anderen Fitness-Trackern.

Das Display hat schöne kräftige Farben und eine scharfe Darstellung. Die Biegung sorgt aber für starke Reflexionen. In Innenräumen ist das kein Problem, da die maximale Helligkeit ausreichend ist. Im Freien kann es aber schwierig werden, bei prallem Sonnenschein etwas auf dem Display zu erkennen.

Eine automatische Display-Helligkeit gibt es nicht. Ich muss mit dem Finger von oben nach unten wischen, um die Helligkeit einzustellen. Die geringste Einstellung ist noch zu hell für das Kino oder die Nachtruhe, weshalb man hier den „Nicht stören“-Modus aktiviert. Dieser deaktiviert praktischerweise auch das automatische Aufwecken durch das Anheben des Handgelenks.

Samsung Gear Fit 2

Die Aufweck-Funktion hat bei mir in neun von zehn Fällen funktioniert, wenn ich auf das Display blicken wollte. Um die Fit 2 frühzeitig wieder in den Standby-Modus zu versetzen, dreht man einfach das Handgelenk weg oder deckt das Display mit der Hand ab. Die Fit 2 hat eine Always-On-Funktion für das Anzeigen der Uhrzeit. Um die geringe Akkulaufzeit aber nicht weiter zu reduzieren, sollte diese besser deaktiviert bleiben.

Gummi in zwei Größen

Die Fit 2 ist in drei Farben verfügbar und zwei Armband-Längen. Die Armbänder haben eine proprietären Verschluss, ähnlich wie bei der Gear S2. Das Gehäuse ist nicht tauschbar: Entschließt man sich später für die pinke Fit 2 ein blaues Armband zu kaufen, hat man eine Farbmischung am Handgelenk.

Die Außenseite des Gummi-Armbands ist strukturiert, wodurch es hochwertiger aussieht, als bei anderen Fitness-Trackern. Die Innenseite ist ebenfalls leicht strukturiert, was verhindern soll, dass die Fit 2 beim Training verrutscht und dadurch die Pulsmessung verfälscht wird.

Das niedrige Gewicht und weiche Gummiarmband macht die Fit 2 bequem zu tragen. Durch das lange und dicke Gehäuse ist sie aber auffälliger, als etwa Withings Go oder andere Fitness-Tracker. Im Test bin ich öfters mal mit der Fit 2 an Möbeln oder Wänden gestreift, weil sie nicht nur hoch, sondern auch breit ist. Eine flachere Bauweise wäre wünschenswert, dann müsste die Fit 2 aber wahrscheinlich auf das GPS-Modul verzichten oder noch weniger Akkukapazität haben.

Apps und Smartwatch-Funktionen

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Für die Fit 2 gibt es nur wenige Apps. Zu den Vorinstallierten gehören Standard-Applikationen, wie Timer, Stoppuhr, Alarm und MP3-Player. Die Apps sind gut an das vertikale Layout angepasst. Die Bedienung ist intuitiv, der Einsatz verschiedener Farben erleichtert die Navigation.

Die Fit 2 beherrscht die üblichen Smartwatch-Funktionen, wie Benachrichtigungen, das Annehmen oder Ablehnen von Anrufen und das Steuern der Musikwiedergabe. Auf SMS kann mit voreingestellten Phrasen oder Emojis geantwortet werden, eine Onscreen-Tastatur oder ein Mikrofon für Spracheingabe gibt es nicht.

Die Fit 2 kann als Standalone-MP3-Player, in Verbindung mit Bluetooth-Kopfhörern, genutzt werden. So ist es möglich beim Trainieren Musik zu hören, ohne, dass das Smartphone dabei sein muss. Vom 4 GB großen internen Speicher stehen etwa 2,1 GB zur Verfügung. Die MP3s werden über die Samsung-Gear-App auf die Fit 2 übertragen.

Watchfaces

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Die meisten der neun vorinstallierten Watchfaces setzen auf kräftige Farben auf schwarzem Hintergrund, da diese Kombination durch das AMOLED-Display besonders kontraststark ist und gleichzeitig den Akku schont.

Einige Watchfaces lassen sich „stylen“, wie etwa die Farben der Streifen ändern. Im Vergleich zur Gear S2 gibt es aber erschreckend wenig Optionen. Das Einstellen eines eigenen Hintergrundbildes, wie es beim ersten Fit möglich war, geht jetzt nicht mehr.

Es gibt kein Watchface, bei dem gleichzeitig das Datum und der Akkustand angezeigt werden, obwohl genug Platz am Display ist. Bei den Watchfaces mit den Angaben für Schritte, Etagen und Kalorien ist weder Akkuanzeige noch Datum vorgesehen.

Ich kann also die Fit 2 primär als Fitness-Tracker nehmen, bei dem ich jedes Mal Wischen muss, wenn ich den Akkustand sehen will und das Handy aus der Tasche holen muss, wenn ich das Datum sehen will. Oder ich verzichte auf den Fitness-Tracker-Fokus und wähle ein Watchface mit einer Uhr- und Datumsanzeige (oder wahlweise Akkuanzeige), was die Fit 2 zu einer halbherzigen Smartwatch degradiert.

Die Lösung können Watchfaces aus dem Samsung-eigenen App Store sein. Immerhin habe ich dort eines gefunden, das zwar schwer lesbar ist, aber Datum, Schritte und Akkuladung anzeigt (aber nicht Etagen). Viele andere kosten Geld oder sind im US-Format gehalten und lassen sich nicht umschalten. Bei einem Watchface wird etwa das richtige Datum angezeigt, dafür aber der falsche Wochentag.

24-Stunden-Log

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Ähnlich wie andere Fitness-Tracker will die Fit 2 eine komplette Eigen-Überwachung bieten. Das Kernstück dafür ist der 24-Stunden-Log. Aus Größe, Alter und Gewicht wird ein Kalorien-Grundumsatz berechnet. Durch Sport, Schritte, leichte Aktivität und das Steigen von Treppen werden mehr verbrannte Kalorien angezeigt. Auch die beim Schlaf verbrannten Kalorien werden hinzugezählt.

Das Treppensteigen wird in Etagen angegeben. Wie auch bei den Schritten kann ein Tagesziel gesetzt werden. Eine Etage entspricht in etwa drei Höhenmetern, gezählt wird nur, wenn Stiegen hinauf gegangen werden. Das Hinuntergehen zählt als normale Schritte.

Die verbrannten Kalorien sind etwas weniger, als beim Polar Loop 2 (in Verbindung mit einem Brustgurt für die Workouts). Bei der Sportaufzeichnung liefert die Fit 2 ebenfalls eine Spur weniger verbrannte Kalorien, als die S2 (zb: 488 statt 502 Kalorien, selbes Workout am Ellipsentrainer, selber Durchschnitts-Puls).

Wer will kann das automatische Pulsmessen aktivieren und erhält so einen schönen Tagesdurchschnitt. Gemessen wird in Zehn-Minuten-Intervallen. Das Einstellen von längeren oder kürzeren Intervallen ist nicht möglich.

Automatisches Tracking

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Die Fit 2 erkennt einige sportliche Tätigkeiten automatisch: schnelles Gehen, Laufen, Radfahren und Workouts am Ellipsentrainer. Die Aufzeichnung beginnt eine halbe Minute nach dem Start der Aktivität. Damit sie auch als solche gespeichert wird, muss sie mindestens zehn Minuten anhalten. In 10-Minuten-Schritten wird man durch ein „Weiter so“ daran erinnert, dass man die Aktivität immer noch ausführt.

Bei dem automatischen Tracking ist der Pulssensor nicht aktiv. Für die Analyse des Workouts ist die automatische Aufzeichnung damit nahezu sinnlos. Auch die verbrannten Kalorien werden falsch angezeigt, weil der Puls nicht in die Berechnung miteinfließt.

Das automatische Tracking ist damit nur für Alltagswege brauchbar, wie etwa das Fahren mit dem Rad zur Arbeit oder das nachhause gehen, wenn man aus sportlichen Gründen die Füße statt die Straßenbahn benützt. Für gezielte Workout-Sessions sollte der entsprechende Workout-Modus der Fit 2 manuell gestartet werden.

Schlaf-Tracking

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Wird die Fit 2 in der Nacht getragen, wird der Schlaf automatisch protokolliert. Das Ergebnis ist genauer als das von Withings Go und detaillierter als bei Polar Loop 2. Der Schlaf wird eingeteilt in „Unruhig“, „Leicht“ und „Unbeweglich“. Es wird die Effizienz in Prozent, die tatsächliche Schlafzeit und die verbrannten Kalorien angezeigt.

Perfekt ist das Tracking nicht. Wenn man in der Nacht aufsteht, um etwa aufs Klo zu gehen oder das Fenster zu schließen weil der Nachbar meint um 1 Uhr früh am Balkon lautstark telefonieren zu müssen, wird dies entweder gar nicht berücksichtigt, oder als „Unruhig“ aufgezeichnet.

Die Darstellung des Schlafverlaufs in der App ist ungenügend. Die Zeit wird auf einer Linie angegeben, bei der nur jede zweite Stunde markiert und dazwischen Punkte sind. Man kann die Schlafphasen nicht antippen um präzise zu erkennen, zu welcher Zeit man Unruhig oder im Tiefschlaf war.

Ist die automatische Pulsmessung aktiviert, ist diese während des Schlafens aktiv. In der App gibt es aber keine Möglichkeit, die Pulsdaten mit der Darstellung der Schlafphasen zu verknüpfen. Hier muss Samsung die App nachbessern: Das Aufzeichnen von Daten alleine reicht nicht, sie müssen auch für den User vernünftig grafisch dargestellt und in Beziehung zueinander gebracht werden.

Sport mit der Fit 2

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Die Fit 2 hat mehrere Workout-Modi. Für Laufen, Gehen, Radfahren und Wandern kann GPS aktiviert werden. Ungut ist, dass die Fit 2 sofort mit der Aufzeichnung des Workouts startet, auch wenn das GPS-Signal noch nicht erfasst wurde. Beim Wandern ist das nicht so tragisch. Hat man aber vor 30 Minuten zu laufen und es dauert 3 Minuten bis das Signal erfasst wurde, fehlen die GPS-Daten für zehn Prozent des Trainings. Eine Warte-Funktion, bei der die Fit 2 erst startet wenn das GPS-Signal erfasst wurde, gibt es nicht.

Für Laufen, Gehen, Radfahren und Wandern können optional Ziele gesteckt werden, wie Minuten pro km, Dauer, Strecke und verbrannte Kalorien. Beim Geräte-Training mit Heimtrainer oder Laufband gibt es nur Minuten als Ziel, die verbrannten Kalorien fehlen.

Es ist es nach wie vor nicht möglich ein „anderes Workout“ mit aktiver Pulsmessung zu machen. Auch bei der Rudermaschine fehlt die Option der Pulsmessung. Dieses Problem gab es schon bei der ersten Fit und bei der S2. Für mich ist unverständlich, wieso Samsung den User vorschreibt, für welche Workouts er den Puls messen darf.

Pulsmessung

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Ich habe notgedrungen „Pilates“ für meine Kraft-Workouts und „Yoga“ für das Heavybag-Training genommen. Natürlich sind die verbrannten Kalorien nicht korrekt, aber zumindest habe ich eine konstante Pulsanzeige. Der Puls wird bei den Workouts einmal pro Sekunde gemessen.

Es kam öfters vor, dass nach dem Aktivieren des Displays drei bis vier Sekunden vergingen, bis der korrekte Puls angezeigt wurde. Bei der S2 tritt dieses Problem deutlich seltener auf. Immerhin wird der Puls korrekt angezeigt (verglichen mit einem Polar-Brustgurt), wenn die drei bis vier Sekunden vergangen sind.

Ähnlich wie beim Schlaf ist auch die Darstellung des Trainingsverlaufs in der Samsung S Health App suboptimal. Es wird zwar eine Pulskurve angezeigt, aber wieder nur ungenau. Auf der linken Y-Achse steht 110 und 136, rechts irgendwo 93 und 130, dazwischen nichts. Wieder ist es nicht möglich, die Kurve anzuklicken, um die genaue Zeit und den Pulswert zu erhalten.

Nach dem Workout wird in der S Health App angezeigt, wieviel Prozent des Trainings „Übungen zur Verbesserung der kardiopulmonalen Funktion“ waren. Kurz gesagt: Wie lange im hohen Pulsbereich trainiert wurde. Eine sinnlose Angabe, wenn man eine LiSS-Einheit macht. Ein Einstellen des Zielpulsbereichs, wie es an vielen Kardio-Geräten möglich ist, beherrscht die Fit 2 nicht.

Nichtschwimmer und Turner

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Die Fit 2 ist nach IP68-Standard wasserfest. Schweiß und Regen sind kein Problem, Schwimmen gehen sollte man damit nicht. Deshalb gibt es auch keine Fitness-Modi für Schwimm-Workouts.

Dafür gibt es aber Pilates, Yoga und die Einzelübungen Ausfallschritt, Situps und Kniebeuge. In Zeiten von BBG und diversen anderen HiTT-Programmen ist es eher ungewöhnlich, nur eine Übung zu machen. Ein Programm, das zumindest diese drei Übungen kombiniert, gibt es nicht.

Die drei Übungen werden gut von der Fit 2 erkannt, wenn sie genauso ausgeführt werden, wie es die Fit 2 anzeigt. Lunges und Squats mit der Langhantel werden nicht korrekt gezählt. Bei den Situps, die in der Fit-2-Anleitung wie Crunches aussehen, wird nur korrekt gezählt, wenn die Arme über der Brust verschränkt sind. Sind die Arme seitlich vom Kopf, ist das Ergebnis verfälscht.

Akku

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Samsung gibt die Akkukapazität mit drei bis vier Tagen an. Im Test waren es 2,5 Tage, mit automatischer Pulsmessung, einem Workout mit Pulsmessung täglich und Schlaf-Tracking. Ist bei den Workouts GPS aktiv, hält der Akku zwei Tage.

Die Fit 2 wird über eine Docking Station geladen. Bei dieser ist das USB-Kabel fix mit der Station verbunden, ein Netzstecker ist nicht im Lieferumfang vorhanden. Wenn man schon die Natur schonen, aka Geld sparen will, wäre es mir lieber, wenn die Docking Station einfach nur einen Micro-USB-Anschluss hätte. Dann wäre sie auch beim Verreisen leichter einzupacken.

Man sollte darauf achten, ob die Fit 2 wirklich lädt. Die Magneten der Docking Station sind nicht sonderlich stark, weshalb es aussehen kann, als ob die Fit 2 richtig in der Station sitzt, sie aber trotzdem nicht geladen wird.

Fazit

Samsung Gear Fit 2

Entweder will sich Samsung bewusst nicht entscheiden, ob die Fit 2 ein Fitness-Tracker oder eine Mini-Smartwatch ist, oder das Unternehmen hat zu wenige Sportler unter den Angestellten. Letzteres würde erklären, warum einige Probleme nicht spätestens beim Beta-Test des Produkts entdeckt wurden. Dazu gehören das Fehlen vom Pulsmessen bei automatisch getrackten Aktivitäten und manchen manuell gestarteten Workouts, die schlecht dargestellten Informationen in der S Health App und das verzögerte GPS-Tracking beim Laufen.

Vieles davon könnte mit Software-Updates gefixt werden. Allerdings gibt es einige dieser Probleme schon seit der ersten Fit, die auch die S2 geerbt hat – ein Update ist leider eher unwahrscheinlich.

Die Fit 2 ist trotzdem ein schönes Gerät mit guter Hardware, aber eben nicht ganz so gut, wie sie sein könnte. Würde sie die ganzen kleinen Probleme nicht haben und damit ein besserer Fitness-Tracker sein, könnte sie meine S2 ersetzen. Aber das nicht ausreichend genaue Schlaf-Tracking ist kein Anreiz auf diverse Smartwatch-Funktionen zu verzichten und für Cardio/LiSS-Workouts funktioniert die S2 genauso gut.

Als Motivator ist die Fit 2 gut geeignet, da das Standard-Watchface Schritte, Etagen und verbrannte Kalorien anzeigt. Damit richtet sich das Wearable am ehesten an Gelegenheits-Sportler und User, die einen Fitness-Tracker suchen, weil sie künftig mehr Sport machen und damit ihre Fortschritte protokollieren wollen.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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