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© APA/AFP/Apple Inc./BROOKS KRAFT / BROOKS KRAFT

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Warum Apples Umstieg auf ARM-Prozessoren ein großer Wurf ist

Apple hat am Dienstag zwei seiner neuen MacBooks und den Mac mini mit einem hauseigenen Chip, der auf ARM basiert, ausgestattet. Der Umstieg war von Tim Cook erstmals offiziell im Juni angekündigt und mit Spannung erwartet worden. Apple selbst bezeichnet die Entwicklung als „bahnbrechend“ und etwas „ganz Großes“. Wenn die Versprechen, die Apple gibt, bezüglich Leistungssteigerung, wahr sind, könnten wir gerade wirklich so etwas wie eine kleine Revolution im Computermarkt sehen.

Dass Apple jetzt Intel den Rücken kehrt, könnte auch das Aus einer ganze Computerchip-Ära bedeuten. Das zumindest sieht James Wang, Analyst bei ARKInvest, so. Bei dem Umstieg von Apple auf ARM-basierte, hauseigene Prozessoren geht es aus Wangs Sicht nicht nur darum, die Geräte ein wenig schneller zu machen, oder Geld zu sparen, sondern um viel mehr.

 

x86-Standard

In der Computer-Industrie würden Standards über Siege und Niederlagen entscheiden, so Wang. Und der x86-Standard von Intel sei jetzt lange Zeit einer am PC-Markt gewesen. Doch das Geschäft hat sich stark verändert, Smartphones dominieren und diese haben ARM-Prozessoren verbaut, während PCs weiterhin auf dem x86-Standard basierten. Das liege großteils an den Entwicklern selbst, so Wang. Diese würden darüber entscheiden, was für ein Standard sich durchsetzt, und welcher nicht.

Fast alle Code-Zeilen seien auf x86-Rechnern geschrieben worden, sagt Wang und viele Unternehmen haben schon vor Apple versucht, auf ARM-Prozessoren umzusteigen und seien gescheitert. Apple hat zwar insgesamt am PC-Markt nur einen Marktanteil von rund 8 Prozent, aber unter den Entwicklern liegt der Marktanteil bei 29 Prozent. Das bedeutet, dass Apple mit dem Umstieg auf den M1 eine relativ große Anzahl der Entwickler für sich gewinnen kann und künftig Programme und Code-Zeilen auf ARM-Prozessoren für ARM-Prozessoren geschrieben werden. Wenn der Umstieg also wie geplant über die Bühne geht und Apple das einhält, was es in der Präsentation verspricht, könnte dieser Umstieg das Ende des x86-Standards einläuten, ist Wang überzeugt.

Große Versprechungen bei Apple

Ob Apple das gelingt, wird freilich davon abhängen, ob alle Versprechen bezüglich Leistung und Effizienz wirklich eingehalten werden können. Hätte Apple aber die leisesten Zweifel daran, hätte der US-Konzern nicht gleich sein Flaggschiff - das MacBook Pro - mit den neuen Prozessoren ausgestattet. Mit diesem Gerät will Apple vor allem Kreative und Entwickler ansprechen, wieder zu Apple zu wechseln, falls sie dem Mac in der Zwischenzeit aus diversen Gründen „untreu“ geworden sind.

Konkret verspricht Apple folgendes: Die Rechenleistung des CPU soll bis zu 3,5 mal schneller sein als bisher, beim Grafikprozessor bis zu 6 mal schneller und die Akkuleistung soll bis zu 2 mal länger halten als bei vorherigen Mac-Generationen. Apple prognostiziert Laufzeiten mit bis zu 20 Stunden mit einer Akkuladung.

Der hauseigene Chip wurde jahrelang designt, und Apple bekommt dadurch viele neue Möglichkeiten wie etwa mehr Freiheit beim Design, bei der Entwicklung und bei den Launch-Zyklen neuer Geräte. Laut einer Analyse des „Business Insider“ sei das ganze aber ein „großes Glücksspiel“, warnt das Magazin.

Auch andere haben es versucht

Denn - wie auch von Wang erwähnt - ist der Mac-Hersteller nicht der erste Player am Markt, der den Umstieg auf ARM-Prozessoren für Rechner probiert. Bisher sind die Versuche immer daran gescheitert, dass die gebauten Chips nicht leistungsfähig genug waren - und genau das verspricht Apple aber: Leistung, Leistung, Leistung. Selbst die schwersten Rechenaufgaben sollen mit dem M1 bewältigbar sein. Der Analyst von „Business Insider“ glaubt es erst, wenn er es ausprobiert hat, dass Apple in der Lage ist, diesen großen Sprung zu schaffen.

Tatsächlich sprechen die bisherigen Erfahrungen der Tech-Hersteller dagegen. Lenovo, Microsoft, Samsung haben jeweils Laptops vorgestellt, die auf Chips mit ARM-Architektur basierten. Doch mit dem Windows-Betriebssystem scheiterten die Geräte alle - sie waren bestenfalls dazu zu gebrauchen, leichte Aufgaben wie Suchen im Browser durchzuführen. Einer der Gründe für das Scheitern war: Alle Programme waren für Intel-Prozessoren entwickelt und kamen mit der ARM-Architektur eher schlecht zurecht.

Laut Apple ist der M1 aber besser als der Intel-Chip, den Apple seit „Skylake“ sehr hassen muss, wenn man ehemaligen Entwicklern Glauben schenkt. Laut Insidern sei die Qualitätssicherung bei „Skylake“ so schlecht gewesen, dass man bei Apple zu diesem Zeitpunkt entschieden hatte, es selbst besser zu machen.

Von Entwicklern wird es abhängen

Der M1 hat nun vier High-Performace-Cores mit 12 Megabyte Level2-Cache, die für die Spitzenleistungen sorgen sollen. Vier weitere ARM-Prozessoren sind für stromsparende Tasks vorgesehen. Apple hat hier mehrere Chips auf ein einziges System reduziert, das auf einen gemeinsamen Arbeitsspeicher zugreifen kann. Die Architektur sorgt dafür, dass bei einem Performance-Peak - also dann, wann das Gerät am meisten gefordert ist, nur 25 Prozent des Stroms verbraucht werden. Daher soll der Akku wesentlich länger durchhalten.

Doch auch beim M1 wird vieles davon abhängen, wie die Entwickler damit umgehen, dass sie jetzt für ARM-Prozessoren leistungshungrige und ausgereifte Programme veröffentlichen können. Zum Start sind erst einmal alle Apple-eigenen Apps verfügbar, Adobe Lightroom und Photoshop sollen relativ rasch nach dem Start folgen. Damit die Schwierigkeiten beim Umstieg für Nutzer reduziert werden, hat Apple mit Rosetta 2 eine Emulationsebene eingebaut, die Programme, die für x86-Prozessoren entwickelt worden sind, auch ausführen kann. Es wird sich freilich auch erst in der Praxis zeigen, wie gut das funktioniert.

Ob das Ende der x86-Ära wirklich eingeläutet worden ist, wird sich zeigen. Aber neben Apple ist auch Amazon dabei, seine Cloud weitgehend umzustellen - und diese zwei Player zusammen haben bei den Entwicklern große Marktanteile und glaubt man Wang's Theorie, sind die Weichen jetzt zumindest dafür gestellt worden.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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