Wikitude am iPad 2
Wikitude am iPad 2
© Wikitude

Augmented Reality

Wikitude: "Kamera wird mobilen Browser ablösen"

Sicher, im Hauptquartier von Wikitude finden sich natürlich Augmented-Reality-Brillen. Für die Salzburger ist es Ehrensache, mit den AR-Skibrillen von Recon zu experimentieren. Immerhin kann man auf deren Mini-Displays interessante Dinge wie Fahrgeschwindigkeit, Höhenmeter, zurückgelegte Strecke usw. einblenden. Die Project-Glass-Brillen von Google (die

) hat die Firma von Gründer Philipp Schneeweis-Breuss natürlich auch unter der Lupe.

Aber: “Das ist alles spannend, weil sich eine neue Industrie entwickelt. Ob das aber wirklich einschlagen und die Massen begeistern wird, bezweifle ich”, sagt Andy Gstoll, Marketing-Chef bei Wikitude, über den Trend zur AR-Brille. “Das ist ganz klar eine Nische.”

Wikitude sieht sich auch nach dem Google-Vorstoß selbstbewusst als AR-Marktführer und damit vor den europäischen Konkurrenten Layar (Amsterdam) und Metaio (München). Zehn Millionen Mal sei die App bereits installiert worden (die Hälfte davon

), außerdem würden 4000 Content-Anbieter (u.a. Yelp, Twitter, TripAdvisor, Instagram) das System mit georeferenzierten Daten füttern. Zur Erinnerung: Mit der Wikitude-App, auch “World Browser” genannt, kann man die Umgebung per Handy-Kamera absuchen und sich interessante Orte (z.B. Sehenswürdigkeiten, Hotels, Restaurants) einblenden lassen.

Die fragliche Zukunft der AR-Brille
Während sich Teile der IT-Welt vom Brillen-Konzept überzeugt sehen (u.a. die

und die
), setzt man bei Wikitude auf ein anderes, bekanntes Pferd: Das Smartphone. “Bei Smartphones hat man gegenüber der Brille ein viel größeres Marktpotenzial”, sagt Gstoll, weltweit gebe es mehr als eine Milliarde Smartphones, also seien viel mehr Menschen erreichbar. “Augmented-Reality-Brillen werden Smartphones auf gar keinen Fall ablösen.” Es sei nicht fix, dass sie jeder tragen wird, vor allem Nicht-Brillenträger könnten sich dagegen wehren.

Wikitude schwebt anderes vor. “Bisher ging es sehr stark darum, dem Nutzer zu sagen: Was ist das für ein Schloss, was ist das für eine Sehenswürdigkeit”, sagt Gstoll. “Das Ziel ist, ein Produkt auf den Markt zu bringen, das man tatsächlich immer und überall verwenden kann - auch wenn das noch vier fünf Jahre dauert. Augmented Reality wird allgegenwärtig sein.”

Mit der Smartphone-Kamera werde man seine gesamte Umgebung scannen können. “Unterwegs muss man dann nicht mehr etwas bei Google eintippen. Anstatt wie heute den mobilen Browser zu benutzen, wird man dann dieses Kamera-Tool immer nutzen. Das ist die Vision.”

Neben Objekten sollen auch Menschen live erkannt werden können, sofern die Privatsphäre-Einstellungen von vernetzten Online-Profilen das erlauben würden. “Man wird zu jeder Zeit die Möglichkeit haben, visuell die Umgebung, die Personen, die Objekte besser zu verstehen.”

Noch nicht reif
Die Plattform für diesen ultimativen Welten-Scanner will Wikitude sein. Einerseits streckt man über Partnerschaften die Fühler in andere Systeme aus. Besonders erfolgreich: die Integration von AR-Funktionen in den Chat-Dienst BlackBerry Messenger. Vor allem im Nahen Osten populär, können Nutzer via Handy-Display ihre Umgebung nach anderen (auch fremden) Usern durchsuchen. Gstoll: “Das ist durch die Decke gegangen.”

Derzeit liefern 4000 Content-Anbieter wie Yelp, TripAdvisor oder Wikipedia dem AR-System geobasierte Daten, was laut Gstoll aber noch viel zu wenig ist. Außerdem ist Wikitude bereits mehr als nur eine App. “Um für Wikitude als App eine eigenständige Positionierung zu schaffen, ist unheimlich schwierig. Das wollen wir auch gar nicht. Wir wollen ein Öko-System aufbauen”, sagt Gstoll.

Deswegen bietet man anderen App-Entwicklern ein SDK an, mit dem diese Augmented-Reality-Funktionen relativ einfach in ihre eigenen Apps (z.B. Reise-Apps, Games) einbauen können. Wikitude verdient damit bereits Geld - zwischen 299 und 2999 Euro pro SDK. Aber: “Das Geldverdienen hat bei uns jetzt noch nicht die höchste Priorität”, so der Wikitude-Manager. Noch schreibe man rote Zahlen, und in näherer Zukunft wäre eine neue Finanzierungsrunde möglich.

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AR und Österreich: In Österreich gibt es eine hohe Dichte an Firmen und Institutionen, die an Augmented Reality arbeiten. Neben Wikitude forschen Salzburg Research und die TU Graz zum Thema. Außerdem hat Qualcomm 2010 Imagination Computer Services aus Wien gekauft, das sich ebenfalls auf AR spezialisiert hat.

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Jakob Steinschaden

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