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Deutschland hat einen Quantencomputer, Merkel nennt ihn "Wunderwerk"

Das Potenzial von Quantencomputern für Wissenschaft und Wirtschaft ist enorm. Nun hat der auf diesem Gebiet mit führende US-Konzern IBM die erste dieser Anlagen in Europa platziert. Das hochkomplexe System wurde am Dienstag am Deutschland-Sitz des IT-Unternehmens in Ehningen vorgestellt und soll unter dem Dach der Fraunhofer-Gesellschaft dazu genutzt werden, die Technologie und die Anwendungsszenarien weiter zu erforschen.

Außerdem sollen mit dem Hochleistungsrechner in Deutschland Kompetenzen in Wirtschaft und Wissenschaft aufgebaut und damit internationale Wettbewerbsvorteile geschaffen werden.

Merkel bezeichnet Computer als Wunderwerk der Technologie

Bei der Anlage handelt es sich nach IBM-Angaben mit 27 Qubits um "Europas leistungsstärksten Quantencomputer im industriellen Kontext". Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete den Supercomputer in einer Videobotschaft als "Wunderwerk der Technologie". Deutschland gehöre in der Quantentechnologie-Forschung zur Weltspitze. Nun sei es aber das Ziel, sich Forschungsergebnisse "möglichst schnell" auch für wirtschaftliche Anwendungen zunutze zu machen. Da könne die Anlage in Ehningen entscheidend helfen.

Mit Quantencomputern reagieren Forschung und Industrie auf die Tatsache, dass die bisher übliche Entwicklung von Hochleistungscomputern an ihre physikalischen Grenzen stößt. Quantencomputer können theoretisch um ein Vielfaches leistungsfähiger sein als herkömmliche Rechner, sie können in kürzerer Zeit also komplexere Aufgaben als konventionelle Systeme erledigen.

Der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Reimund Neugebauer, sagte, Quantencomputer hätten als wichtige Säule künftiger Rechnerarchitekturen einen maßgeblichen Einfluss, um komplexe Fragestellungen zu lösen. Wenn Deutschland weiter zu den Innovationstreibern gehören wolle, müsse man anwenderbezogene Expertise aufbauen - sprich: Lösungen, die deutsche und europäische Unternehmen im internationalen Wettstreit mit den USA und China weiterbringt, sollen her.

Technologie steht erst am Anfang, hat aber viel Potenzial

Merkel machte klar, man stehe erst am Anfang dieser Technologie, aber diese lasse bereits "gewaltige" Innovationspotenziale erkennen. Die ultraschnellen Superrechner könnten in Verbindung mit künstlicher Intelligenz mittelfristig Leistungsschübe für mehr Wertschöpfung schaffen. Als naheliegende Anwendungsbeispiele nannte die Kanzlerin die Medizintechnik und die Logistik- und Materialforschung.

Experten sehen darüber hinaus die Möglichkeit, mit Quantencomputern etwa kritische Sicherheitsinfrastrukturen zu stabilisieren, bessere Algorithmen für die industrielle Fertigung entwickeln sowie Batterie- und Brennstoffzellen besser modellieren zu können. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, Quantentechnologien seien der "Schlüssel zur Zukunft".

Deutsche Regierung investiert in Quantencomputer

IBM und die Fraunhofer-Gesellschaft hatten im März 2020 - auch nach einer Vermittlung durch Merkel - eine Vereinbarung unterschrieben, um die Forschung zu Quantencomputern in Deutschland voranzutreiben. In diesem Zuge hatte IBM zugesagt, einen Quantencomputer der Serie "Q System One" in Ehningen zu stationieren.

Darüber hinaus investiert die deutsche Regierung in die Entwicklung der superschnellen Rechner selbst, zuletzt wurden hierzu zwei Milliarden Euro aus den Etats des Forschungsministeriums sowie des Wirtschaftsministeriums freigegeben. Ziel ist es, Quantencomputer bald auch ohne Hilfe der Amerikaner bauen zu können. Bisher gibt es in Deutschland noch keinen Quantencomputer, der komplett ohne Technologie aus dem Ausland gebaut wurde. Immerhin gelten die deutschen Mittelständler Trumpf und Sick bei quantenoptischen Sensoren als führende Know-how-Träger.

IBM ist neben seinem US-Konkurrenten Google auf dem Gebiet der Quantencomputer bisher führend. Die nun in Ehningen stehende Anlage ist IBM zufolge seit November in Deutschland, seit Februar arbeitet die Fraunhofer-Gesellschaft bereits mit dem System; die offizielle Vorstellung der Anlage ging auch bedingt durch die Coronakrise aber erst jetzt über die Bühne.

Ein Quantencomputer speichert Informationen nicht in Form von Bits, die nur zwei mögliche Zustände annehmen können, nämlich 1 oder 0. Ein Qubit eines Quantencomputers kann stattdessen beides gleichzeitig sein. Das Quantenteilchen hält solange beide Zustände bei, bis man es sich ansieht oder misst.

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