Wie überlegen die Quantencomputer wirklich sind
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Google gibt einen Einblick, wozu die Rechner der Zukunft fähig sind. Der Weg ist aber noch weit. Am Mittwoch hat Google der Welt erstmals bewiesen, dass Quantencomputer herkömmlichen Rechnern bei bestimmten Aufgaben haushoch überlegen sind. Eine selbst entwickelte Maschine benötigte zur Bewältigung einer speziellen Rechenaufgabe 200 Sekunden, während ein klassischer Supercomputer dafür angeblich 10.000 Jahre gebraucht hätte. Die so genannte „Quantenüberlegenheit“ („Quantum Supremacy“) ist laut Google damit nachgewiesen. Das Forscherteam „AI Quantum“ des Internetkonzerns hat bei dem Experiment mit der NASA und mehreren US-Universitäten zusammengearbeitet. Ihr Bericht wurde im Fachmagazin Nature veröffentlicht.
Relativierung
Google-CEO Sundar Pichai spricht von einem Meilenstein, doch bereits nach wenigen Stunden relativierte IBM die Leistung. Für seinen Vergleich hatte Google einen IBM Summit Supercomputer herangezogen. Der Computerhersteller behauptet nun, dass seine Maschine mit besserer Programmierung etwas weniger als drei Tage für die Berechnung gebraucht hätte. Obwohl das immer noch wesentlich langsamer wäre, erscheint die „Überlegenheit“ dadurch in anderem Licht.
In der Fachwelt der Quantencomputerentwickler genießt die Leistung von Google aber sehr wohl große Anerkennung, meint Experimentalphysiker Philipp Schindler von der Universität Innsbruck. „Das Experiment hat keine wirkliche Anwendung im realen Leben, aber es zeigt, wozu Quantencomputer fähig sind“, sagt er zum KURIER.
Molekülverhalten
Quantencomputer werden rund um die Welt entwickelt. Neben Forschungsinstitutionen und großen IT-Konzernen arbeiten auch immer mehr Start-ups an der Technologie. Sie verspricht enorme Rechenleistungen, die jedoch nur für gewisse Anwendungsszenarien eingesetzt werden können – in anderen Szenarien ist die klassische Arbeitsweise von Computern weiterhin das Optimum.
Am aussichtsreichsten sei die Verwendung von Quantencomputern in der Chemie, meint Schindler: „Heute wird ein großer Teil der Rechenleistung von Supercomputern dafür eingesetzt, um das Verhalten von Molekülen zu simulieren. Ein Quantencomputer könnte das aber viel besser.“ Weitere Anwendungsfelder sind etwa die Simulation von Verkehrsströmen oder die Aktienkurs-Vorhersage.
Fragile Qubits
Erste Angaben zu dem Projekt, an dem Google seit 2016 arbeitet, sind bereits vor einem Monat durchgesickert. Der nun veröffentlichte offizielle Forschungsbericht zeige, dass Google ganz zielgerichtet auf maximale Leistung hingearbeitet habe, ohne an praktische Anwendungsmöglichkeiten zu denken, sagt Schindler.
Stattdessen habe das Forscherteam an der optimalen Arbeitsweise seines Rechners gearbeitet. Dazu sei sogar der ursprünglich geplante Prozessor verkleinert worden. Die Anzahl der Qubits – ein Quantenbit kann im Unterschied zu einem binären Bit nicht nur zwei (0 oder 1), sondern unendlich viele Zustände einnehmen – wurde von 72 auf 53 reduziert. Dafür wurde die Fehlerrate entscheidend gesenkt. „Qubits sind sehr fragil“, erklärt Schindler. „Kleinste Einflüsse wie ungewollte Ladungen reichen aus, um sie zu stören.“
Schwierige Aufgabe
Obwohl bereits erste Quantencomputer am Markt sind, ist deren Nutzen derzeit noch begrenzt. Worauf alle Entwickler hinarbeiten, seien Maschinen mit noch mehr Qubits und noch kleinerer Fehlerrate, meint Schindler. Das sei aber eine schwierige Aufgabe. Um Qubits in ihren Supraleitern (widerstandslose Stromleitung) besser von der Umgebung abzuschirmen, müssen Bauteile auf 20 Millikelvin, also minus 273,13 Grad Celsius, herabgekühlt werden. Je mehr Qubits verwendet werden, desto größer ist der Kühlbedarf und damit der Energieverbrauch. „Wirklich brauchbare Lösungsansätze dafür gibt es nicht“, meint Schindler. „Ein erster Versuch ist es, größere 'Kühlschränke' zu bauen.“ Dadurch sei die Erweiterung auf 100 bis 200 Qubits denkbar.
PionierleistungAls großes Ziel gelten aber rund 1000 Qubits in einem universell einsetzbaren – also nicht nur auf eine spezifische Aufgabe optimierten - Quantencomputer. Schindler geht davon aus, dass es noch 20 bis 30 Jahre dauern wird, bis es soweit ist. Nicht umsonst wurden anlässlich der „Quantum Supremacy“ diverse Pioniervergleiche gebracht. Google-Chef Pichai zieht den Vergleich zum Abheben der ersten Weltraumrakete. Hartmut Neven, Leiter des Google-Teams, vergleicht die Leistung mit jener des ersten Satelliten, dem 1957 von der Sowjetunion gestarteten Sputnik 1: „Der konnte auch nicht viel mehr, als zu piepsen.“
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