Doomsday-Gletscher schmilzt in dramatischem Tempo
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Der massive Thwaites Gletscher in der Westantarktis – wegen seiner großen Bedeutung in der Region auch als „Doomsday-Gletscher“ bezeichnet – schmilzt in einer dramatischen Geschwindigkeit. Festgestellt wurde das durch prähistorische Meeresablagerungen, die rund um Thwaites sowie den benachbarten Pine-Island-Gletscher gefunden wurden. Der gegenwärtige Rückgang an Eis sei “beispiellos” in den vergangenen 5.500 Jahren, wie es in einer neuen Studie heißt, die in Nature Geoscience veröffentlicht wurde.
Bei der derzeitigen Rückgangsrate könnten die riesigen Gletscher in den nächsten Jahrhunderten bis zu 3,4 Meter zum Anstieg des globalen Meeresspiegels beitragen, heißt es in einem Artikel des Imperial College London, dessen Wissenschaftler*innen an der Studie beteiligt waren.
Koautor Dylan Rood vom Imperial Department of Earth Science and Engineering sagt: „Obwohl diese Gletscher in den letzten Jahrtausenden relativ stabil waren, beschleunigt sich ihr derzeitiger Rückgang und erhöht bereits den globalen Meeresspiegel. Demnach deuten die derzeitigen Schmelzraten darauf hin, dass “lebenswichtige Arterien” des westantarktischen Eisschildes gerissen sind, was zu einem beschleunigten Schmelzen in den Ozean führt. Der ansteigende Meeresspiegel könnte für die künftige Welt “katastrophal” sein. “Wir müssen jetzt dringend herausfinden, ob es zu spät ist, die Blutung zu stoppen”, so Rood.
Methode
Die Eismassen der Gletscher drücken sie nach unten ins Meer. Schmilzt etwas davon ab, tauchen sie hingegen ein Stück auf. Die einstige “Küste” ist dann ein Stück weiter oben am Gletscher. Die Forscher*innen haben nun Pinguinknochen und Muscheln auf dem Gletscher untersucht und mithilfe von Radiokohlenstoffdatierung ermittelt, wie lange sie über dem Meeresspiegel waren. Dadurch konnten die Forscher*innen die relativen Änderungen des Meeresspiegels über die letzten Jahrtausende nachvollziehen.
Die Ergebnisse zeigten eben einen stetigen Rückgang des relativen Meeresspiegels in den letzten 5.500 Jahren. Auch ist messbar, dass die heutige Schmelzrate in etwa das Fünffache derer vor 5.000 Jahren beträgt. Alleine in den letzten 30 Jahren habe sich die Rate höchstwahrscheinlich verdoppelt.
Im Rahmen der Thwaites Glacier Collaboration (ITGC) wollen Wissenschaftler*innen aus Großbritannien und den USA indessen noch besser verstehen, wie sich der Gletscher verhält. In diesem Zusammenhang soll auch tief in den Gletscher hineingebohrt werden, um Gestein zu sammeln. Dadurch erhofft man sich Erkenntnisse, ob die aktuellen Schmelzraten reversibel sind oder nicht.
Risse
Ende des vergangenen Jahres sorgten bereits Risse in dem Gletscher für Aufsehen. Dadurch wurden Befürchtungen laut, der Gletscher könnte kollabieren. Passiert das, erhöht sich der Meeresspiegel im günstigsten Fall um 65 Zentimeter. Er könnte allerdings eine Kettenreaktion auslösen und laut den Forscher*innen auch andere Gletscher in der Nähe mit hineinziehen. Das würde einen Anstieg des Meeresspiegels von mehreren Metern bedeuten. Ein solcher Mechanismus wird als Marine Ice Cliff Instability (MICI) bezeichnet.
Ein derartiger Meeresspiegelanstieg würde zahlreiche Weltstädte wie New York, Shanghai, Tokio oder Mumbai sowie große Gebiete in Küstenregionen überfluten. Kleinere Inseln wie Kiribati, Tuvalo oder die Malediven würden gänzlich verschluckt.
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