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Zukunftsprojekt

E-Lkw mit Oberleitung auf Autobahn geplant

Bei den Verantwortlichen des Siemens-Forschungsprojekts „ENUBA“, das vom deutschen Umweltministerium in Auftrag gegeben wurde, ist man von der technischen Machbarkeit und Sinnhaftigkeit eines derartigen Projekts jedenfalls überzeugt. Geht es nach ihnen, könnten derartige Elektro-Lkw auf Autobahnen und anderen stark frequentierten Routen einmal emissions- und lärmfrei mittels Oberleitung geführt werden.

Intelligentes System
Anders als bei Straßenbahnen, O-Bussen und Zügen, deren Route von der Trassenführung und Oberleitung definiert wird, wollen die Projektverantwortlichen größtmögliche Flexibilität garantieren. Die E-Trucks sind daher als Hybrid-Fahrzeuge konzipiert, die während der Fahrt von der Oberleitung an- und abkoppeln können, um etwa ein Überholmanöver durchzuführen oder überhaupt auf Straßen zu fahren, auf denen keine Oberleitung existiert.

Im ENUBA-Projekt, das sich mittlerweile bereits in Phase 2 befindet, wurden zwei serienmäßige 18-Tonner von Mercedes Benz mit einem dieselelektrischen Hybridantrieb ausgestattet. Hängt der Lkw nicht an der Oberleitung, wird der Elektromotor folglich mittels Dieselmotor und Generator mit Strom versorgt. Das An- und Abkoppeln erfolgt bis zu einer Geschwindigkeit von 90 km/h automatisch. Über entsprechende Sensoren erkennt das intelligente System, ob eine Oberleitung vorhanden ist oder das Fahrzeug etwa für ein Überholmanöver die Spur verlassen muss.

Hoher Wirkungsgrad
Als Vorteil weisen die Projektverantwortlichen auf den hohen Wirkungsgrad von Elektromotoren hin. „Im Gegensatz zu Benzinmotoren stellen Elektromotoren ihr maximales Drehmoment aus dem Stand zur Verfügung, was gerade beim Anfahren mit schwerer Ladung eine Rolle spielt“, erklärt Siemens-Sprecherin Silke Reh. „Der Wirkungsgrad von Elektromotoren liegt zudem bei etwa 80 Prozent, während Verbrennungskraftmaschinen nur rund 40 Prozent der aufgewendeten Energie in Bewegung umsetzen.“

Um Energie zu sparen, greifen die ENUBA-Verantwortlichen auf einen weiteren Trick zurück, der bereits bei Straßenbahnen und Zügen zur Anwendung gelangt. So kann die beim Bremsen gewonnene Energie bei den neuartigen Lkw problemlos in das Stromnetz zurückgeführt werden.

Dass der elektrische Betrieb nicht automatisch mit Nullemissionen gleichzusetzen ist, liegt auf der Hand. „Hinsichtlich der -Reduktion und der Energieunabhängigkeit Europas bieten E-Mobilitäts-Konzepte auch im Nutzfahrzeugsbereich ein großes Potenzial“, erklärt Bernhard Geringer, Vorstand am Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU Wien, im Gespräch mit der futurezone. Voraussetzung dafür sei aber ein „grün“ produzierter Strom, der weitgehend regenerativ aus Wind, Wasser oder Sonne gewonnen werde.

Als weiterer Umweltaspekt kommen neben dem -Ausstoß vielerorts auch die Feinstaub-Emissionen zum Tragen, die immer häufiger in Fahrverboten münden. Hier könnte der Elektroantrieb ebenfalls Erleichterung bringen.

Flexible Bauweise

Dass das Hybridsystem der ENUBA-Lkw in der derzeitigen Testphase mit einem Dieselantrieb ausgestattet ist, dürfte dem Fehlen echter Alternativen geschuldet sein. Laut den Projektverantwortlichen sei das System aber offen konzipiert. Sollten die Wasserstoff-Technik oder aber auch elektrische Speichertechnologien den Durchbruch schaffen, könne man den Dieselantrieb problemlos ersetzen.

Mehrere Hürden
Während Hybridantriebe bereits heute serienmäßig im Einsatz sind, stößt man bei einem rein elektrischen Betrieb von Fahrzeugen derzeit schnell an technische und wirtschaftliche Grenzen. Durch die derzeit und auch in mittlerer Zukunft begrenzte Speicherfähigkeit von Batterien, muss eine Infrastruktur zum häufigen Aufladen geschaffen werden . Diese ist nach Meinung von Experten allerdings kostenintensiv in der Erstanschaffung und Erhaltung. In Wien (siehe Artikel unten) sollen voll elektrische Busse künftig am Straßenbahn-Netz andocken.

Auch die flächendeckende Errichtung von Oberleitungen – etwa auf Autobahnen – dürfte nur schwer finanzierbar sein. „Sobald man aber in einem Lkw sowohl einen Elektro-Antrieb, als auch einen konventionellen Verbrennungsmotor und Getriebe braucht, wird das Ganze recht schwer und teuer“, gibt Universitätsprofessor Geringer zu bedenken.

Wien stellt Buslinien auf Elektro um
Auch in Wien wird derzeit an der Umsetzung neuer E-Konzepte gearbeitet. Die Wiener Linien wollen bis zum Sommer 2013 zwei Buslinien in der Innenstadt komplett auf elektrischen Betrieb umstellen. Anders als bei den in vielen Städten eingesetzten O-Bussen, die fix an einer Oberleitung hängen, werden die von Siemens und dem Bushersteller Rampini entwickelten Fahrzeuge ihren gesamten Energiebedarf über das eingebaute Batteriesystem abdecken.

Das Wiederaufladen der Batterien, die eine Reichweite von 120 bis 150 Kilometer garantieren, erfolgt mittels ausfahrbarer Stromabnehmer an den jeweiligen Endhaltestellen. Eine Ladung dauert etwa 15 Minuten, die Stromversorgung erfolgt über die Anbindung der Endstationen an das Oberleitungsnetz der Straßenbahn. Wie auch bei den neuartigen Hybrid-Lkw kann die beim Bremsen über die Drehstrommotoren gewonnene Energie in die verwendeten Batterien eingespeist werden.

Laut den Herstellern soll der Energieverbrauch der Wiener Vollelektrobusse um 25 Prozent niedriger als bei vergleichbaren diesel- oder gasbetriebenen Bussen sein. Damit die Linien 2A und 3A voll elektrisch betrieben werden können, sind zwölf Niederflurbusse notwendig. Diese werden jeweils 40 Fahrgästen Platz bieten und eine maximale Höchstgeschwindigkeit von 62 km/h erreichen. Das erste voll elektrische Fahrzeug ist seit Herbst im Einsatz.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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