Wiener Supercomputer VSC3 schafft es unter die Top 100
Wiener Supercomputer VSC3 schafft es unter die Top 100
© KURIER/Franz Gruber

Supercomputer

Europas intelligenteste Fritteuse steht in Wien

Im Arsenal hinter dem Wiener Hauptbahnhof stehen in einem unscheinbaren Gebäude Österreichs leistungsfähigste Computer. Mit dem Vienna Scientific Cluster 3 (VSC3) wird derzeit gerade ein neuer Leistungs-Spitzenreiter installiert. 4040 Prozessoren liegen in dem neuen Großrechner komplett untergetaucht in riesigen Ölwannen und schaffen 600 Teraflops (600 Billionen Gleitkommaoperationen pro Sekunde). Fast 30.000 Liter eines speziellen Paraffin-Öls sind notwendig, um den Betrieb zu übernehmen. Mit Salatöl würde das nicht funktionieren, wie sich die futurezone erklären lässt, da Viskosität und Wärmeleitfähigkeit nicht stimmen.

Wie eine große Fritteuse funktioniere VSC3 trotzdem, nur dass die Chips hier nicht gebraten sondern gekühlt werden, heißt es bei der Präsentation der neuen Anlage. Das Öl wird mithilfe von Pumpen langsam durch die Wannen mit den System-Platinen bewegt und nimmt die Hitze der elektronischen Bauteile sehr gleichmäßig auf. Im Sommer kann es dadurch bis zu 50 Grad heiß werden. In einem Wärmetauscher wird dem Öl die Hitze bei jedem Durchlauf wieder entzogen.

Keine Klimaanlage

Supercomputer VSC3 Wien
Somit benötigt der VSC3 keinerlei Lüfter oder Klimaregelungen für den Raum, in dem das System betrieben wird. Dadurch lässt sich eine Menge Energie sparen. Beim Vorgängersystem VSC2, das parallel weiterbetrieben wird, gehen allein 10 Prozent der Betriebsenergie in die Ventilatoren zur Kühlung. VSC3 braucht mit 475 Kilowatt nur wenig mehr Energie als VSC 2, schafft dabei aber die vierfache Rechenleistung. Dafür sorgen insgesamt etwa 32.000 Rechenkerne, je acht pro Chip. Jeweils zwei Chips werden auf einer Platine zusammengefasst und ins Ölbad gehängt. Bei Vollauslastung müssen bei dieser Anzahl an Prozessoren später täglich kaputte Platinen getauscht werden, läuft der Supercomputer doch sieben Tage in de Woche rund um die Uhr durch. An Sonntag Abenden und im Sommer sei tendenziell etwas weniger los, sagt einer der Techniker, freie Kapazitäten, die an Firmen verkauft werden könnten, gebe es aber nicht.

Komplett fertiggestellt soll VSC3 in ein bis zwei Monaten sein. Dann ist Europas erster Öl-Rechner vollständig betriebsbereit.Die Betreiber sind mehrere österreichische Universitäten (TU Wien, Uni Wien, BOKU, TU Graz, KFU Graz, Uni Klagenfurt und Uni Innsbruck), deren Durst nach Rechenleistung damit aber längst noch nicht gestillt ist. VSC4 ist als Nachfolgesystem bereits gesichert. Die Nachfrage nach Rechenleistung steige stets mit dem Angebot, Forschungsprojekte nutzen neue Kapazitäten schnell. Mit VSC3 sollen unter anderem Helligkeitsschwankungen von Sternen, die besten Routen für Krankenwägen, Teilchenbewegungen in ultraheißem Plasma oder die Form von verschiedenen Molekülen berechnet werden.

Vorbild Wien

Supercomputer VSC3 Wien
International kann VSC3 zwar nicht ganz vorne mitspielen - der Supercomputer wird sich auf der Liste der schnellsten Rechner wohl irgendwo zwischen Platz 50 und 100 einreihen - aber dafür ist er speziell auf die Bedürfnisse österreichischer Forscher zugeschnitten. Man habe die Erfahrungen mit dem Vorgängersystem genau analysiert und an den richtigen Stellen investiert, so die Betreiber. In Zukunft soll den Forschern, die Rechenzeit buchen, zudem dabei geholfen werden, ihren Code für VSC3 zu optimieren, wodurch bis zu 10 Prozent an Rechenzeit eingespart werden kann. Stolz sind die Techniker, die das System betreiben, vor allem auf die Effizienz des Großrechners. Die Öl-Kühlung beweist mit dem System in Wien und einigen älteren Vertretern aus den USA, dass sie bereit für einen größer angelegten Einsatz in Rechenclustern ist. In Wien erwarten die Betreiber in den kommenden Monaten deshalb einige Delegationen aus dem Ausland, die von dem Projekt lernen wollen.

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Markus Keßler

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