Fernöstliche Grüße aus der Auto-Zukunft
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Wer in Tokio zur Stoßzeit auf einer der mehrfachen Autobahnebenen der Mega-Stadt im Stau steckt, dem wird schnell eines klar werden: So kann es nicht weitergehen. Mit hohen Mautgebühren und einem exzellenten öffentlichen Verkehrsnetz bewegt Japan seine Bewohner auch seit Jahren gezielt zum Umstieg. Doch nicht überall auf der Welt können Menschen auf Shinkansen-Schnellzüge, die im Sieben-Minuten-Takt zwischen den Großstädten verkehren, zurückgreifen.
Japanische und Koreanische Autohersteller arbeiten intensiv an der Zukunft der Fortbewegung auf vier Rädern. Der Trend in Forschung und Entwicklung geht klar in Richtung "Green Car". Ob mit Hybrid, Elektroantrieb oder Brennstoffzelle: Die Schadstoffe sollen sinken, die Abhängigkeit von Erdöl ebenso. Intelligente Verkehrssysteme und smarte Onboard-Technologien sollen Effizienz und Umweltfreundlichkeit zusätzlich steigern.
Im Rahmen einer organisierten Reise der Wirtschaftskammer erhielten österreichische Unternehmer sowie die futurezone nun einen Einblick in die Pläne von Toyota, Hyundai und Co. Vertreter der Auto-Zulieferindustrie konnten dabei die Lage in Fernost sondieren, Kontakte knüpfen und potenzielle Geschäfte anbahnen. Das Markt-Potenzial ist groß. Hyundai erwartet für 2020 etwa ein Volumen von insgesamt 20 Millionen "grünen" Neuwagen. Durch ehrgeizige Regierungs-Ziele fließt viel staatliches Geld in Forschung und Entwicklung. 2020 sollen etwa 20 bis 50 Prozent der Fahrzeuge auf Japans Straßen mit Hybrid-Technik fahren, erfährt man bei einem Vortrag der Japan Automobile Manufacturers Association (JAMA).
Im Herz der Hybrid-Produktion
In Japan besuchte die Österreich-Delegation unter anderem die Fabrik Tsutsumi, wo Toyota, der weltgrößte Automobilhersteller, das weltweit populärste Hybrid-Fahrzeug erzeugt. Der Prius wird in einem gigantischen Komplex auf über 1,1 Millionen Quadratmeter Grundfläche zusammengebaut. "An eco-plant with eco-people for eco-cars" heißt die Devise. Bei 1500 Robotern und 97 Prozent Automatisierungsgrad sind es gar nicht so viele "eco-people", die in der Fabrik arbeiten.
12.000 Solar-Paneele am Dach, Tageslicht-Beleuchtung im Inneren und photokatalytischer Anstrich zur Luftverbesserung vermitteln allerdings einen starken Öko-Eindruck. Bei der Fahrzeug-Entwicklung forciert Toyota, wie viele andere Hersteller auch, die Plug-In Hybrid Technologie. Gegenüber einem herkömmlichen Hybrid-Auto erledigt hier der Elektromotor einen Großteil der Arbeit. Größere Akku-Packs werden aus der Steckdose befüllt, der Verbrennungsmotor dient hauptsächlich als Generator (serieller Hybrid). Der Hybridmotor ist derzeit das beliebteste Konzept, wenn es um alternative Antriebe geht. Kaum ein Hersteller hat heute keinen Hybrid im Programm und sei es nur ein "mild hybrid", bei dem der Elektromotor einzig bei Stop-and-Go-Verkehr zum Einsatz kommt.
Elektroautos mit Mehrwert
Längerfristig soll bei Antrieben völlig auf Verbrennungsmotoren verzichtet werden. Bei sämtlichen Autoherstellern wird an der Verbesserung von Elektroautos (electric vehicles - EV) gearbeitet. Eines der Hauptprobleme ist die bisher vergleichsweise geringe Reichweite. Kap Sik Hwang, Leiter der Forschungsabteilung des koreanischen Produzenten Renault Samsung Motors, fasst das Hauptproblem folgendermaßen zusammen: "Korea ist ein eher kleines Land, mit Elektroautos kommt man fast überall hin. In China sind sie eine weniger gute Lösung. In jedem Fall taugen sie aber als Zweitfahrzeug."
Ein weiteres Problem ist das Gewicht der großen Akku-Packs. Dabei gibt es aber gute Forschungsfortschritte. Das Austrian Institute of Technology stellte unlängst etwa einen
Infrastruktur für Brennstoffzellen
Ein ähnliches Verfahren hat Toyota in diesem Sommer vorgestellt. Bei Vehicle-to-home (V2H) wird Strom durch eine Brennstoffzelle erzeugt und bei Bedarf an das Haus-Stromnetz angeschlossen. Damit sollen etwa Stromausfälle nach Naturkatastrophen überbrückt werden - ein Thema, mit dem Japan leidliche Erfahrung hat. Ein Brennstoffzellenantrieb (fuel cell electric vehicle - FCEV) vereint die Umweltfreundlichkeit eines Elektrofahrzeugs mit der Reichweite eines Verbrennungsmotors. Toyota, Hyundai und Honda forcieren die Entwicklung, welche als besonders kostenintensiv gilt.
Um die Brennstoffzelle zu einer praktikablen Antriebsquelle zu machen, benötigt es einer geeigneten Infrastruktur. Tankstellen mit Wasserstoff-Zapfsäulen und sichere Befüllmethoden sind hier die hauptsächlichen Herausforderungen. "Man muss ein Gleichgewicht finden zwischen der Entwicklungsarbeit der Unternehmen und der Infrastruktur-Bereitstellung durch den Staat", fasst Park Sung-Yong vom koreanischen Automobil-Technologie-Institut KATECH die Problematik zusammen. Als großes Vorbild für viele Brennstoffzellen-Enthusiasten gilt Dänemark, wo es eine nationale Inititative gibt, um bis 2050 eine hundertprozentige Unabhängigkeit von fossilen Treibstoffen zu erreichen.
Kleiner, leichter, leistungsfähiger
Während an der Optimierung alternativer Antriebe gearbeitet wird, werden auch Verbrennungsmotoren immer effizienter. "Downsizing" und "Downspeeding" heißen die Trends in diesem Bereich, erklärt AVL Japan Direktor Naoki Okada bei einem Vortrag. Der österreichische Motoren-Entwickler AVL holt sich japanisches Know-How mit einem 160-köpfigen Team vor Ort. Mit kleineren Ausmaßen, geringeren Fahrtgeschwindigkeiten und neuer Technik sollen Autos sparsamer werden. Mit weniger Zylindern, weniger Hubraum soll mehr Drehmoment bei geringeren Drehzahlen erzeugt werden.
Bei der Produktion schwenken immer mehr Autohersteller auf modulare Bauweisen um. Auch in der Nissan-Zentrale in Yokohama erfährt man von diesem Konzept. Mehrere Modellreihen verwenden gleiche Teile. Das bringt Einsparungen bei den Entwicklungskosten. Weiter gesenkt werden diese durch immer weitere Virtualisierung. Bevor es überhaupt zu einem Prototyp kommt, werden virtuelle Modelle von Fahrzeugen oder einzelnen Bestandteilen getestet. Die Ergebnisse sind mittlerweile nahezu ident mit realen Testresultaten.
Möglichkeiten trotz hoher Hürden
Was können Österreichs Autozulieferer nun beitragen? Dieser Frage wurde in zwei Seminaren nachgegangen, die mit Unterstützung der Außenwirtschaftscenter Tokio und Seoul in Japan und Korea veranstaltet wurden. Insgesamt 17 heimische Unternehmen präsentierten dabei ihre Produkte und Dienstleistungen und traten in Kontakt mit lokalen Interessenten. Während einige dieser Unternehmen im fernen Osten bereits seit Jahren präsent sind, suchen andere einen Einstieg in die japanische und koreanische Geschäftswelt. Kulturelle Unterschiede und ein starker Nationalstolz machen einen solchen oft nicht einfach.
Dennoch zeigten viele anwesende Gäste reges Interesse. Beim informellen Gespräch am Mittagsbuffet bei der Veranstaltung in Tokio zeigte sich ein Vertreter von Suzuki etwa angetan von österreichischen Wärmebehandlungsanlagen. Ein Vertreter eines Karbon-Herstellers beabsichtigte Handelsmöglichkeiten mit einem österreichischen Spezialisten für Stromabnehmer zu sondieren. Einem dritten Gesprächspartner ging es als Unternehmensberater darum, sich einen Überblick über das Angebot aus dem kleinen Land in Zentraleuropa zu verschaffen.
Auch in Korea sollten sich genügend Gelegenheiten zur Zusammenarbeit auftun. Laut dem Außenwirtschaftscenter Seoul konnte Korea seine Automobilindustrie in den letzten Jahren massiv ausbauen. Das Land ist mittlerweile der fünftgrößte Autoproduzent der Welt. Koreanische Automarken, allen voran Hyundai und sein Tochterunternehmen Kia, punkten international mit guter Qualität zu niedrigen Preisen. Was fehlt, ist die Technologieführerschaft, vor allem bei den "Green Cars" der Zukunft. Mit massivem Kapitaleinsatz will Korea diese erreichen. Die österreichische Zulieferindustrie, die hierzulande laut der Austrian Business Agency rund 370.000 Menschen beschäftigt, könnte sich dabei einen Teil des Kuchens schnappen.
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