Luftverschmutzung könnte Ursache für viele Corona-Tote sein
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Während die Kurvenverläufe an Corona-Erkrankungen in vielen Ländern vergleichbar sind bzw. mit den getroffenen Maßnahmen korrelieren, zeigen die Sterberaten in einzelnen Ländern und Regionen ein völlig inhomogenes Bild. Während der Anteil an schweren Verläufen mit Todesfolge in Deutschland und Österreich bei etwa drei Prozent liegt, weisen Länder wie Italien und Großbritannien eine Sterberate von über 13 Prozent auf. In Belgien nähert sich dieser Wert gar den 15 Prozent an.
Umwelteinflüsse unter Verdacht
Neben Faktoren, wie welche Bevölkerungsgruppen von dem Ausbruch besonders betroffen waren und der medizinischen Versorgungskapazitäten in den einzelnen Ländern, könnten aber auch Umwelteinflüsse eine große Rolle spielen, vermuten Forscher. Diese Ansicht untermauert nun auch eine neue Untersuchung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die am Montag veröffentlicht wurde. So könnten starke Luftverschmutzung und Luftströme für regional hohe Todesraten durch Corona verantwortlich sein.
Um herauszufinden, ob dieser vermutete Zusammenhang besteht, kombinierte der Geowissenschaftler Yaron Ogen drei Datensätze miteinander. Als Grundlage dienten die Messungen zur regionalen Belastung mit Stickstoffdioxid, die vom Sentinel-5P-Satelliten des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus der ESA gesammelt werden. Anhand dieser Daten erstellte er eine globale Übersicht für Regionen mit einer hohen und langanhaltenden Stickstoffdioxid-Belastung.
Satellitendaten mit Corona-Sterberaten abgeglichen
"Ich habe mir die Werte für Januar und Februar dieses Jahres angeschaut, bevor die Corona-Ausbrüche in Europa begonnen haben", so Ogen weiter. Diese Daten kombinierte er mit den Angaben der US-Wetterbehörde NOAA zu den vertikalen Luftströmen. Die Idee dahinter: Ist die Luft in Bewegung, werden auch die bodennahen Schadstoffe stärker verteilt. Bleibt die Luft jedoch eher am Boden, gilt das auch für die Schadstoffe in der Luft, die dann eher vom Menschen eingeatmet werden und zu gesundheitlichen Problemen führen.
Mit Hilfe dieser Daten konnte der Forscher weltweit Hotspots mit einer hohen Luftverschmutzung und gleichzeitig einer geringen Luftbewegung ausmachen. Diese verglich er dann mit den Angaben zu Todesfällen in Zusammenhang mit Covid-19. Speziell analysierte er die Angaben aus Italien, Frankreich, Spanien und Deutschland. Dabei stellte sich heraus, dass vor allem die Regionen eine hohe Todeszahl aufweisen, in denen sowohl die Belastung mit Stickstoffdioxid besonders hoch als auch der vertikale Luftaustausch besonders gering sind.
Kombination Luftverschmutzung und Berge
"Wenn wir uns beispielsweise Norditalien, den Großraum Madrid oder die Provinz Wuhan in China anschauen, sehen wir eine Besonderheit: Sie alle sind umgeben von Bergen. Das macht es noch einmal wahrscheinlicher, dass die Luft in diesen Regionen stabil und die Belastung mit Schadstoffen höher ist", erklärt Ogen weiter. Der Forscher vermutet folglich, dass aufgrund dieser langanhaltenden Luftverschmutzung die Gesundheit der dort lebenden Menschen ohnehin bereits angegriffen war und diese deshalb besonders anfällig für das Coronavirus waren.
Die nun publizierte Studie will der Geowissenschaftler noch nicht als abschließenden Beweis für einen Zusammenhang zwischen dem Grad der Luftverschmutzung, der Luftbewegung sowie der Schwere des Verlaufs von Corona-Erkrankungen verstanden wissen. Die Arbeit sei allerdings ein erster Hinweis, dass die auch von anderen Forschern getätigte Vermutung zutreffe. Ogen regt folglich an, dass weitere Regionen untersucht und die Ergebnisse in einen größeren Kontext gesetzt werden.
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