Marssimulation AMADEE-15 des Österreichischen Weltraumforums am Kaunertaler Gletscher in Tirol
Marssimulation AMADEE-15 des Österreichischen Weltraumforums am Kaunertaler Gletscher in Tirol
© David Kotrba

Weltraumforschung

Marsexpedition am Gletscher mit Klappsessel und Publikum

AMADEE-15 nennt sich eine der größten Marssimulationen der Welt, die das Österreichische Weltraumforum (ÖWF) heuer am Kaunertaler Gletscher in Tirol organisiert hat. Zwei Wochen lang testen dutzende Freiwillige etwa wie man mit Raumanzügen am Nachbarplaneten der Erde arbeiten kann. Dazu werden Mars-Rover getestet, die biologische Suche nach Leben oder so wichtige Details wie die Anfertigung eines Zahnersatzes im tiefen Weltraum. Vorbeikommende Wanderer können all dies hautnah erleben.

Hochprofessionell

Was am Kaunertaler Gletscher gemacht wird, kann man als ein Musterbeispiel für "Citizen Science" betrachten. Hochmotivierte Teilnehmer aus 19 Nationen opfern dabei Zeit - und oft auch Geld - um wichtige Erkenntnisse für die Raumfahrt zu gewinnen. "Wir testen etwa Arbeitsabläufe und können so wichtige Bausteine für Planetenmissionen liefern", meint Gernot Grömer, der Vorsitzende des ÖWF.

Als Hobbyprojekt für Enthusiasten darf man sich das Ganze nicht vorstellen. Die Marssimulation am Gletscher wird hochprofessionell abgewickelt. Es gibt straffe Zeitpläne, höchste Sicherheitskriterien und selbst der Funkverkehr zum Mission Support Center in Innsbruck - T-Mobile stellt dafür LTE-Infrastruktur zur Verfügung - wird zeitverzögert, um reale Kommunikationsbedingungen zwischen Erde und Mars abzubilden.

Erfahrung sammeln

Dass Bodenpersonal bei einer echten Mission nur Unterstützung ("support") bieten kann, wird oft betont. Am Mars sind Astronauten stärker denn je auch sich selbst gestellt. Umso wichtiger ist es, dass Dinge funktionieren, wenn es ernst wird. "Wir sind froh, wenn wir Fehler machen, weil sie echten Astronauten dann vielleicht nicht passieren", sagt Grömer.

Bei Marssimulationen hat das ÖWF bereits einige Erfahrung. In den vergangenen Jahren fanden ähnliche Missionen in den USA oder in Marokko statt. Der diesjährige Standort wurde gewählt, weil man auch am Mars Blockgletscher, langsam fließende Mischungen aus Eis und Fels, vermutet.

Marssimulation AMADEE-15 des Österreichischen Weltraumforums am Kaunertaler Gletscher in Tirol

Anstrengung

Für AMADEE-15 musste das ausführende Personal am Gletscher, die so genannten "Analog-Astronauten", eine mehrmonatige Ausbildung durchlaufen. Zwei der vom ÖWF selbst entwickelten "Aouda"-Raumanzüge stehen zur Verfügung. Grömer: "Sie sind wie Raumschiffe zum anziehen."

Die Träger können in ihrer 45 Kilogramm schweren Montur essen, trinken und aufs Klo gehen. Wie sich am Pressetag am Kaunertaler Gletscher zeigt, bereitet der Anzug einige Mühe. Alle paar Meter dürfen sich die Analog-Astronauten auf Klappsessel setzen, die stets präsente Helfer mitnehmen.

Generationen

Die glitzernden Raumfahrer am Berg üben eine Riesenfaszination auf Touristen und vor allem auf Kinder aus. Klar, wenn man mit einer anstrengenden Wanderung mit den Eltern rechnet und auf einmal befindet man sich quasi im extraterrestrischen Wunderland. Die Nähe zum jungen Publikum wird vom ÖWF begrüßt.

AMADEE-15 wird auch von einem Junior Researchers Program begleitet. Speziell vorbereitete Jugendliche begleiten die Wissenschaftler am Gletscher dabei jeweils zwei Tage lang und helfen bei der Durchführung von Experimenten. Sie sollen als Botschafter die Faszination für Weltraumprojekte verbreiten.

"Raumfahrt ist ein Generationenprojekt und bringt das beste im Menschen hervor", meint Grömer. Der erste Mensch auf dem Mars sei wahrscheinlich schon geboren. Die erste bemannte Mission zum Nachbarplaneten könnte laut Einschätzung des ÖWF in 20 bis 30 Jahren stattfinden. Dass das private Raumfahrtprojekt Mars One dies früher schafft, glaubt man eher nicht.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

mehr lesen
David Kotrba

Kommentare