"Ob uns Technologie glücklich macht, liegt an uns"
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Ob selbstfahrende Autos, Roboter als Haushalts- oder Erntehelfer, als Monteure am Fließband oder menschenähnliche Bots in der Altenpflege. Roboter drängen zunehmend in alle Lebens- und Produktionsbereiche. Die Technologie ist vorhanden und sie ist auch nicht mehr aufzuhalten, so der Tenor einer Expertendiskussion zum zukünftigen Leben mit der Maschine, die am Donnerstag bei den Technologiegesprächen in Alpbach stattfand.
Wie sich das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine gestalte, liege an uns, sagte Matthias Scheutz (futurezone-Interview ), der an der Tuft Universy in den USA an intelligenten Maschinen forscht. "Wie sich die Zukunft entwickelt, hängt davon ab, wo wir die Grenzen ziehen."
Stufenweise Entwicklung
Die Technik werde stufenweise kommen, sagte Roland Siegwart, Professor für Autonome Systeme an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich (futurezone-Interview ). "Wir werden es gar nicht merken." Man dürfe auch nicht immer die Frage stellen, ob Roboter intelligenter werden als Menschen, so der Forscher: "Wir sollten fragen, was sie für uns tun können."
Für künstliche Systeme sei es noch immer schwierig, die Welt zu verstehen. Intelligente Maschinen würden in strukturierten Umgebungen funktionieren, sie seien aber noch nicht bereit, in komplexen Situationen, wie etwa Verkehrsstaus, Entscheidungen zu treffen, so Siegwart.
Wenn es darum gehe, große Mengen von Daten zu erfassen, seien Maschinen Menschen bereits überlegen, sagte Ingolf Wittmann, technischer Direktor bei IBM. Menschen könnten aber etwa erkennen ob ein Lächeln echt ist. "Das kann kein Computer, auch nicht auf absehbare Zeit", so der IBM-Manager: "Computer können uns aber in vielen Prozessen unterstützen. Die Verbindung ist das Wichtige."
"Verlagerung von Arbeitsplätzen"
Dass Maschinen, Menschen aus dem Arbeitsmarkt verdrängen werden, müsse nicht notwendigerweise sein, so Wittmann. Menschen, die sich weiterentwickeln und Computer für ihre Zwecke nutzen, würden auch weiterhin einen Job haben. "Die, die stehen bleiben, werden aber runterrutschen."
Auch Peter Post, Leiter der Forschungsabteilung deutschen Industrie-4.0-Spezialisten Festo, glaubt nicht daran, dass Roboter Menschen aus dem Erwerbsleben drängen werden: "Es wird keine Vernichtung, sondern eine Verlagerung von Arbeitsplätzen geben. Durch Optimierungsmethoden wird die Produktivität gesteigert, das heißt aber nicht, dass weniger Leute arbeiten werden."
Der Mensch bleibe wichtiger Bestandteil von Produktionsprozessen. Er müsse aber an neue Anforderungsprofile herangeführt werden, so Post. Festo habe etwa in einer neuen Produktionsstätte in der Firmenzentrale im deutschen Esslingen eine Lernfabrik implementiert, wo einzelne Arbeitsschritte anwendungsnah realisiert werden könnten. "Den Menschen wird es als Teil des Prozesses immer geben."
Konfliktsituationen
Automatisierungsprozesse in der Industrie 4.0 würden die Möglichkeit bieten, die Produktion wieder in die USA oder Europa zu verlagern, sagte Computerwissenschaftler Scheutz. Er sehe aber besonders bei menschenähnlichen Robotern, die etwa in der Altenpflege tätig seien, die Gefahr von Missverständnissen und emotionalen Verletzungen. "Ältere Leute werden mit dem Roboter sprechen wollen, daraus werden sich Konfliktsituationen ergeben." Man müsse daran arbeiten, Roboter sozial intelligenter zu machen, so Scheutz.
Diskussion über gesellschaftliche Folgen
Die Robotik-Experten mahnten eine Diskussion über den gesellschaftlichen Umgang mit den intelligenten Maschinen ein. "Wir dürfen Technikentwicklungen nicht blind vorantreiben, ohne ihre gesellschaftlichen Implikationen zu berücksichtigen", sagte Festo-Forschungschef Post.
Diese Diskussion müsse jetzt geführt werden, forderte Scheutz. Es sei schwierig Technologie zu unterbinden, aber man könne sie regulieren: "Ob uns diese Technologie glücklich macht, liegt an uns."
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