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Plasma-Instabilitäten als Computersimulation

Quark-Gluon-Plasma, ein Materiezustand, bei dem selbst Protonen und Neutronen in ihre Bestandteile aufgeschmolzen werden, ist hunderttausend mal heißer als das Zentrum der Sonne. An der TU Wien wurden in Computersimulationen nun einige der Geheimnisse dieses Materiezustandes untersucht. Die Ergebnisse lassen das Phänomen der sogenannten „Plasma-Instabilitäten“ sichtbar und hörbar werden. In Originalgeschwindigkeit abgespielt würde der Film nur einige Quadrilliionstel Sekunden dauern.

Zähe Flüssigkeit
Der Materiezustand lässt sich im Miniaturformat an großen Teilchenbeschleunigern reproduzieren. Nach wie vor gibt das Quark-Gluon-Plasma der Wissenschaft allerdings große Rätsel auf: So ist bis heute nicht genau geklärt, warum ein Quark-Gluon-Plasma gewissermaßen eine perfekte Flüssigkeit darstellt. Seine Viskosität – ein Maß für die Zähigkeit einer Substanz – ist niedriger als bei allen Flüssigkeiten, die wir kennen. Außerdem ist unklar, wie die Teilchen ihre Geschwindigkeiten und Richtungen in kürzester Zeit ganz ungeordnet untereinander verteilen, auch wenn ihnen anfangs eine bevorzugte Startrichtung vorgegeben wird.

Ein Schlüssel zum Verständnis dieses Materiezustands könnten die „Plasma-Instabilitäten“ sein – spontan auftretende Ströme im Plasma: „Man kann sich das vorstellen wie elektrische Ströme – allerdings gibt es im Quark-Gluon-Plasma gleich acht verschiedene Sorten davon“, erklärt Andreas Ipp vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien, der gemeinsam mit dem Professor Anton Rebhan und dem amerikanischen Physiker Mike Strickland an Quark-Gluon-Plasma forscht.

In Computersimulationen konnten die TU-Forscher nun visualisieren, wie sich diese Plasma-Instabilitäten entwickeln. „Die Computersimulation, die wir hier bei uns am Vienna Scientific Cluster durchführen konnten, nahmen Wochen an Rechenzeit in Anspruch – der simulierte Prozess selbst dauert nur einige Yoctosekunden“, erkärt Andreas Ipp. Eine Yoktosekunde ist ein Millionstel eines Milliardstels einer Milliardstelsekunde.

Nicht hörbar
Die Ergebnisse der Simulation wurden zur Unterstützung der mathematischen Analysen mit Ton aufbereitet: Die Stärke der Gluonen-Felder sind graphisch durch Pfeile, ihre verschiedenen Ladungen durch Farben dargestellt, und die Wellenlängen wurden in hörbaren Ton umgewandelt.

Ließe man das Video in Originalgeschwindigkeit laufen, würde man freilich nichts hören: Frequenzen im Yoctosekunden-Bereich lägen mindestens 71 Oktaven über dem Kammerton a‘ – und wäre daher um viele Größenordnungen höher als alles, was wir wahrnehmen können.

Für CERN-Forschung
Am Anfang des Videos bauen sich die Plasma-Instabilitäten auf – benachbarte Feld-Pfeile zeigen meist in dieselbe Richtung, die langen Wellenlängen der Plasma-Instabilität sind als tiefes Brummen hörbar. Später führen komplizierte Wechselwirkungen der Gluonen dazu, dass sich Turbulenzen ausbilden, die die Regelmäßigkeit auflösen, wodurch die Felder an unterschiedlichen Orten in völlig unterschiedliche Richtungen zeigen und der gleichmäßige Ton zum wirren Rauschen wird.

Von der detaillierten Analyse dieser Turbulenzen erhoffen sich die Physiker Erklärungen für die experimentellen Beobachtungen, die bei Schwerionenkollisionen am CERN gemacht werden.

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