Smart City: "Wien kann von Amsterdam lernen"
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Der Klimastratege Boyd Cohen hat in Kopenhagen, Madrid, Atlanta, Vancouver, Santiago de Chile sowie Buenos Aires gelebt. "Das hat mir die Augen geöffnet hinsichtlich der Tatsache, wie ein Leben in einer Stadt sein kann", so der Experte, der regelmäßig Smart City-Rankings erstellt und dadurch Städte dazu bringt, sich in den Bereichen Nachhaltigkeit und Lebensqualität miteinander zu messen. Dieser Wettbewerb sei gut für die Entwicklung, ist der Stratege überzeugt.
Um die Städte auf einer professionellen Ebene miteinander vergleichen zu können, entwickelte Cohen ein "Smart City Rad", das sich aus den Bereichen Wirtschaft, Umwelt, Staat, Lebensqualität, Mobilität und Menschen zusammensetzt. "Für meine Benchmark-Analysen ziehe ich diese sechs Hauptkategorien und 70 Indikatoren im Detail in Betracht", erklärt Boyd beim Smart City Event in Amsterdam vor rund 500 Smart City-Verantwortlichen aus 27 Ländern der Welt.
Beispiele für schlaue Städte
Als Beispiel für eine besonders smarte Ökonomie nennt Cohen Barcelonas Innovationsviertel "22@Barcelona", wo sich ein Smart City-Campus formiert hat. "Dort gibt es Cluster von Unternehmen, Universitäten, Wissenschaftszentren und Entrepreneure, die sich in den Bereichen Informationstechnologie, Ökologie und Entwicklung zusammentun. Dort kann Pionierarbeit geleistet werden, wenn es um technologische Möglichkeiten für Städte und Menschen geht", schreibt Cohen in einem Blogeintrag.
Kopenhagen und Vancouver
Im Umwelt-Bereich lobt der Klimastratege Kopenhagen, das sich zum Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2025 CO2-neutral sein zu wollen. "Das ist ein ambitioniertes Ziel, das mich beeindruckt hat", so Cohen. Bereits jetzt fahren dort die Hälfte der Menschen mit dem Fahrrad zur Arbeit oder in die Schule. "An Vancouver hat mir beispielsweise besonders gut gefallen, dass es einen Aktionsplan gibt, um die Stadt grüner zu machen. Insgesamt haben sich dabei rund 30.000 Bürger engagiert", so Cohen.
Im Bereich Open Data lobt Cohen Helsinki, im Bereich Lebensqualität erwähnt er Amsterdam. Paris überzeugt den Strategen aufgrund diverser Car-Sharing-Services im Bereich Mobilität. Dank des MITs und Harvard schneidet Boston im Bereich "smarte Menschen" gut ab.
Doch wo bleibt Wien? Während Wien 2011 im weltweiten Ranking von Cohen noch Platz eins belegte, landete die österreichische Bundeshauptstadt im Jahr 2012 auf Platz vier der smartesten Städte Europas - nach Kopenhagen, Stockholm und Amsterdam. Im futurezone-Interview erklärt der Experte, was Wien sich von Amsterdam abschauen sollte.
Wien landete in Ihrem Ranking auf Platz vier hinter Amsterdam. Was kann Wien von Amsterdam lernen?
Wien macht es sehr gut. 2011 habe ich die Stadt auf Platz eins weltweit gewählt. Doch 2012 habe ich die Kriterien für meine Analyse erweitert und daher fiel Wien etwas zurück. Amsterdam ist gerade im Bereich der intelligenten Mobilität hervorragend unterwegs und verfügt über die höchste Rate an nicht-motorisierten Fortbewegungsmitteln der Welt. Daran kann sich jede Stadt ein Beispiel nehmen. Abgesehen davon ist es eine Reise, zu einer intelligenten Stadt zu werden. Jede Stadt sollte daher voneinander lernen.
In einer Umfrage beim Smart City Event unter Experten wurde E-Mobilität keine große Bedeutung zugemessen. Warum denken Sie ist das so? Werden E-Autos jemals ein Erfolg?
Möglicherweise dauert der Wechsel zwischen Brennstoff und Elektro-Mobilität auf der ganzen Welt bereits zu lange. Ich glaube, dass einige Regierungen und Städte nicht genug tun, um diesen Wandel vehement voranzutreiben.
Wenn man Daten miteinander kombiniert, kommen aus der Bevölkerung immer wieder Bedenken wegen der fehlenden Privatsphäre. Wie kann man dieses Problem lösen?
Das stimmt, die Leute fürchten sich am meisten davor, dass ihre Daten an Dritte verkauft werden. Man muss die Daten daher bei der Sammlung entpersonalisieren, sodass keine Zuordnung zu Individuen mehr möglich ist. Für die Unternehmen reichen die aggregierten Daten aus der Nachbarschaft aus für ihre Zwecke. Natürlich gibt es aber auch Unternehmen, die Daten für Marketing-Zwecke personalisiert verwenden wollen. Smarte Städte müssen dies jedoch vermeiden, derartigen Unternehmen die Daten zur Verfügung zu stellen.
Die Rolle der Behörden spielt bei der Konzeption von Smart Cities eine große Rolle. Wie muss ein gutes Verhältnis zwischen Behörden und Privatunternehmen aussehen?
Um Smart City-Projekte voranzutreiben, brauchen wir mehr Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Stellen, die sich sowohl die Risiken als auch die Belohnung fair aufteilen. Wir brauchen mehr kollaborative Arbeit zwischen Konsortien der Städte und Unternehmen.
- Smart City: "Es braucht radikale Konzepte"
- Smart City Wien: Noch ein weiter Weg
- Niederlande: Gesetze als Hürde für Smart Cities
- Smart City-Kongress in Amsterdam
- Smart Grid-Forschungslabor in Wien eröffnet
- Nur wenig Interesse am Stromsparen
Kommentare