FH Technikum Wien

Stoßwellen als vielseitige Therapieform in der Medizin

Bei der Stoßwellentherapie werden akustische Druckwellen genutzt, um in verschiedenen Gewebearten therapeutische Effekte zu erzielen. “Anfangs wurden Stoßwellen eingesetzt, um Nierensteine zu beseitigen. Mit der Zeit wurden dann Ärzte darauf aufmerksam, dass durch die mechanische Stimulation auch positive Effekte in verschiedenen Geweben erzielt werden können”, erklärt Christiane Fuchs von der FH Technikum Wien. Studien haben etwa gezeigt, dass die Stoßwellen positive Auswirkungen auf die Knochendichte, den Aufbau von vaskulären Strukturen oder die Heilung von chronischen Wunden oder Narbengewebe haben.

Anna Weihs, l., und Christiane Fuchs, r.
“Die entscheidenden Faktoren bei den Stoßwellen sind die Energie der Welle und die Pulszahl. Wenn wir die Parameter ändern, bekommen wir unterschiedliche Reaktionen im Gewebe. Das wirdin vitroschon erforscht und gezielt eingesetzt, am Patienten ist man aber noch nicht so weit”, sagt Anna Weihs von der FH Technikum Wien. Grenzen setzt hier die Widerstandsfähigkeit der jeweiligen Zellen. Verbindliche Richtlinien für den Einsatz am Patienten gibt es heute noch nicht, lediglich Empfehlungen. “Das hängt auch stark vom Einsatzgebiet ab, hier ist noch einiges an Arbeit notwendig, um optimale Therapieformen für verschiedene Zwecke zu entwickeln”, sagt Weihs.

Starke Muskeln

Im von der Stadt Wien geförderten Projekt „Signal Tissue“ wird an der FH Technikum Wien unter anderem daran gearbeitet, die molekularen Wirkmechanismen der Stoßwellentherapie zu erforschen. “Wir untersuchen im Labor unterschiedliche tierische und menschliche Zellen, um herauszufinden, was bei der Einwirkung von Stoßwellen passiert”, sagt Fuchs. So konnten die Forscher etwa herausfinden, dass bei aus Fettgewebe gewonnenen Stammzellen ein bestimmter Signalweg durch Stoßwellen angeregt wird. Dieser hat Einfluss auf die Ausdifferenzierung in spezialisierte Zellarten und die Zellteilung. Derzeit arbeiten die Forscher mit Myoblasten, die eine wichtige Rolle bei der Muskelregeneration spielen. So könnten Stoßwellen in Zukunft vielleicht sogar gegen Muskelschwund im Alter eingesetzt werden. Nebenwirkungen beschränken sich beispielsweise auf Rötungen und Schwellungen, der Einsatz von hochenergetischen, fokussierten Stoßwellen in der Nähe von luftgefüllten Organen wie der Lunge ist jedoch problematisch, weil die Druckveränderungen hier Probleme bereiten würden.

Skelettmuskelzellen
Neben der Suche nach neuen therapeutischen Anwendungen arbeiten die FH-Wissenschaftler auch an der Nutzung von Stoßwellen zur Stärkung von künstlich gezüchteten Geweben. Durch mechanischen Stress können etwa im Bioreaktor angelegte Muskelzellkulturen gestärkt werden, was für einen künftigen Einsatz in der Transplantationsmedizin wichtig ist. “Der Traum ist ein fertiger Muskel aus dem Bioreaktor. Wir machen derzeit erste Versuche zur Vaskularisierung dieser Konstrukte. Das Miteinbeziehen von Nervenzellen ist derzeit noch Zukunftsmusik”, sagt Fuchs.

Einsatzbereit

Bereits in der medizinischen Praxis eingesetzt wird die Stoßwellentherapie unter anderem bei der Heilung von chronischen Wunden, komplizierten Knochenbrüchen und Tennisschultern. An der Medizinischen Universität Innsbruck, einem Kooperationspartner aus dem Austrian Cluster for Tissue Regeneration, wird an einem Einsatz für Herzinfarktpatienten gearbeitet, die von einer Stärkung des angegriffenen Herzmuskels profitieren könnten. Bei der Regeneration von Nervenzellen gibt es ebenfalls schon erste Fallstudien, die auf einen positiven Einfluss durch Stoßwellen hinweisen. “Auch Querschnittsgelähmte könnten in Zukunft von den positiven Effekten der Stoßwellentherapie profitieren. Das Potenzial ist in diesem Bereich jedenfalls groß”, sagt Fuchs. Als nicht-invasive Therapieform ist die Stoßwellentherapie für viele Behandlungen interessant. “Die Methode ist inzwischen anerkannt, wird aber großteils nicht von den Krankenkassen übernommen. Unser Ziel ist, dass die Behandlung dort, wo sie sinnvoll ist, auch angeboten werden kann”, sagt Weihs.

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