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Tabletten mit Funkchip überwachen Patienten

Jeden Abend rufen mich meine Eltern an und erkundigen sich, ob ich meine Medikamente genommen habe", wird die US-amerikanische Schizophrenie-Patientin Lisa Halpern auf der Homepage der kalifornischen Firma Proteus Digital Health zitiert. „Für uns alle wäre dieses neue System eine enorme Erleichterung."

Bei diesem System handelt es sich um eine digitale Pille: Jede einzelne Tablette oder Pille enthält einen zirka einen Millimeter großen Silikonchip mit Spuren von Magnesium und Kupfer. Trifft der Chip auf die Magensäure, entsteht eine geringe Spannung. Über mehrere Zwischenstufen erhalten dann zum Beispiel der behandelnde Arzt und Lisas Mutter jeden Abend die Bestätigung, dass Lisa ihre Medikamente genommen hat. Oder das System löst Alarm aus, wenn in einem bestimmten Zeitraum kein Signal eingegangen ist.

„Es ist so, wie wenn Big  Brother beim Einnehmen des Medikaments zuschaut", sagt Eric Topol vom Scripps Institut in La Jolla, Kalifornien, ein Befürworter: „Die Behandlung chronischer Krankheiten könnte damit maßgeblich unterstützt werden."

Seit Kurzem darf dieses digitale Kontrollsystem in den USA mit Placebos – Medikamenten ohne Wirkstoff –  für Studien eingesetzt werden. Die Herstellerfirma hofft auf eine baldige Zulassung für verschiedene Medikamente, die jahrelang eingenommen werden müssen (z. B. Diabetes).

Nicht für alle
„Nur jeder zweite Patient nimmt die Tabletten, die ihm verordnet werden, auch tatsächlich regelmäßig ein", sagt der Pharmakologe Eckhard Beubler. „Nicht überall, aber in bestimmten Fällen könnte so ein System eine Hilfe sein." Ein Beispiel seien schwere Fälle von psychiatrischen Erkrankungen, bei denen eine Nicht-Einnahme von Medikamenten zu einem aggressiven Verhalten – und damit auch zu einer Gefährdung der Umwelt – führen könne.  Zwar gebe es z. B. für die Behandlung der Schizophrenie Depot-Medikamente, die in das Muskelgewebe injiziert werden und von dort aus mehrere Wochen wirken: „Allerdings ist hier die Auswahl der Wirkstoffe beschränkt." Kritiker werfen ein, dass auch dieses System keine absolute Sicherheit biete, dass der Patient sein Medikament tatsächlich genommen hat: Er könnte es ja auch seinem Hund verfüttern oder in Flüssigkeit versuchen aufzulösen.

Nebenwirkung: Überwachung
„Für mich hat das Ganze den unangenehmen Beigeschmack der Überwachung von Patienten", sagt der Mediziner Otto Pjeta, Medikamentenreferent der Österreichischen Ärztekammer.  In bestimmten Situationen – „und wenn es der Patient ausdrücklich wünscht" – könne ein derartiges System aber sinnvoll sein:  „Etwa bei Transplantationspatienten, die Angst vor einer Abstoßung haben." Grundsätzlich müsse der Weg zu einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme eine Vertrauensbeziehung zwischen Arzt und Patient sein: „Motivation und Aufklärung sind das Wichtigste."

Intelligente Tablettenschachtel
Einen ähnlichen Weg, die Tabletteneinnahme elektronisch zu überprüfen, geht ein von niederländischen Forschern entwickeltes System, das im Juni auf der Forschungskonferenz Euripides

. Anders als bei der nun vorgestellten Pille ist der Sensor aber in der Tablettenschachtel untergebracht. Wird eine Tablette aus der Verpackung gelöst, zeichnet das System den Zeitpunkt auf und kann schließlich von Ärzten, Angehörigen, aber auch von Patienten zur Kontrolle der Einnahme verwendet werden.

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