Vernetzte Maschinen in der Industrie 4.0
Vernetzte Maschinen in der Industrie 4.0
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Debatte

US-Autor: Bedingungsloses Grundeinkommen ist unvermeidbar

Maschinen, die miteinander kommunizieren, über Sensoren Werkstoffe analysieren und Bauteile selbst zusammensetzen. In der Fabrik der Zukunft wird der Mensch nicht mehr gebraucht. Selbst anspruchsvollere Tätigkeiten, wie die Qualitätskontrolle, werden von Robotern übernommen. "Intelligente Maschinen ersetzen menschliche Arbeitskräfte", sagt Martin Ford. Der US-Autor ("Aufstieg der Roboter") und Unternehmer weilte auf Einladung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) in Wien. Bei einem Vortrag am Mittwochabend im Ares Tower skizzierte er die gesellschaftlichen Folgen der Digitalisierung.

Nicht nur in der Produktion, auch in höher qualifizierten Berufen würden Roboter Einzug halten, mahnte Ford. Routinehafte Tätigkeiten von Buchhaltern, Anwälten und Ärzten könnten schon bald von Maschinen und Computerprogrammen übernommen werden. Viele Berufe würden verschwinden. Zwar entstehen neue Berufsbilder, als Beispiele nannte Ford etwa Datenanalysten oder Webseiten-Designer, die Arbeitsplatzverluste könnten dadurch aber nicht wettgemacht werden.

"Maschinen konsumieren nicht"

"Selbst Leute mit einem Universitätsabschluss haben keine sichere Zukunft mehr", warnte Ford. Die technische Entwicklung stehe erst am Anfang. Maschinen seien zunehmend in der Lage zu lernen und selbst Entscheidungen zu treffen. Der Durchmarsch der Informationstechnologie beschränke sich auch nicht auf einige wenige Bereiche, sondern betreffe die gesamte Wirtschaft und jedes Land: "Es ist ein globales Phänomen."

90 Prozent der Jobs in den USA habe es auch vor 90 Jahren schon gegeben, führte Ford aus. Man müsse kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass es sie bald nicht mehr geben werde. Die Gesellschaft stehe vor großen Herausforderungen, mahnte Ford: "Maschinen konsumieren nicht."

Trump und Brexit als Gegenreaktion

Im Wahlsieg Donald Trumps und im Brexit-Volksentscheid in Großbritannien sieht Ford eine Gegenreaktion auf die gesellschaftliche Dynamik der Digitalisierung. Davon werde man in Zukunft noch mehr sehen.

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Um die Verteilung des Wohlstands zu gewährleisten, müssten Arbeit und Einkommen voneinander entkoppelt werden. An einem garantierten Grundeinkommen werde langfristig kein Weg vorbeiführen, zeigte sich der Autor überzeugt. In vielen Ländern sei ein solches Modell wirtschaftlich derzeit nicht vertretbar, es sei aber wichtig, die gesellschaftliche Debatte darüber zu führen. "Daraus können praktische Lösungen entstehen, die es uns ermöglichen, dass von den tollen Erfindungen der nächsten 20 Jahre alle etwas haben."

"Investitionen sind im Keller"

In Österreich sehe er derzeit nicht das Problem, dass Technik Arbeitsplätze vernichte. Vielmehr brauche es die Politik, damit technische Errungenschaften in Unternehmen rascher zum Einsatz kämen, damit Firmen wettbewerbsfähiger werden und neue Märkte erschließen könnten, sagte AMS-Chef Herbert Buchinger: "Die Investitionen sind im Keller."

Bei der Digitalisierung werde es Verlierer geben, meinte Buchinger. Wenn man wolle, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt trotzdem aufrecht bleibe, sei der Sozialstaat gefordert: "Man muss Leute mit Einkommen versorgen, die Bedingungen dafür, sind eine andere Frage."

"Unsicherheiten in Menge"

Alles auf die Digitalisierung zu schieben sei zu einfach, warnte Ursula Holtgrewe vom deutschen Zentrum für Soziale Innovation. "Wir haben ökonomische, soziale und politische Unsicherheiten in Menge. Die sozialen Sicherungssysteme müssten flexibler gestaltet werden. Warum sollten nur Studierende und Hochqualifizierte Stipendien bekommen, fragte Holtgrewe, die sich dafür aussprach, "solche Freiräume, Dinge auszuprobieren, auch Menschen mit einfachen Qualifikationen zu öffnen: "Wir müssen mehr soziale Fantasie zulassen."

Der Hotel-Roboter Relay von Savioke beim Zimmerservice
Die Digitalisierung sei ein komplexer Prozess. Mit einfachen Antworten könne man ihr nicht beikommen, meinte auch Andreas Kugi, der an der TU Wien und dem Austrian Institute of Technology (AIT) zu Automatisierungstechnik forscht. Jede Lösung müsse genau überlegt werden, wichtig sei auch die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine etwaige Grundsicherung zum Einsatz komme: "Wenn man Maßnahmen zum falschen Zeitpunkt ergreift, werden sie genau das Gegenteil bewirken."

"Technik ist nicht grauslich"

Kugi warnte auch davor, die Technik zu verteufeln: "Technik ist nicht grauslich", sagte der Wissenschaftler. Er fürchte sich nicht vor der Digitalisierung, sondern davor, dass junge Leute davon abgehalten würden, technische Berufe zu ergreifen. "Wenn wir wollen, das neue Arbeitsplätze entstehen, werden wir Leute brauchen, die gut ausgebildet sind."

Ein Grundeinkommen müsse ideologiefrei diskutiert werden, etwa als "Technik-Dividende für alle", forderte Markus Tomaschitz, Personalchef beim steirischen Technologieunternehmen AVL List. Tomaschitz brachte auch ein viel grundlegenderes Problem zur Sprache. Wenn man Österreicher frage, worauf sie an ihrem Land besonders stolz seien, würden sie nicht etwa die technischen Errungenschaften oder andere Leistungen anführen, sondern die Landschaft, sagte der Manager: "Das ist traurig."

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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